Schweiz
Tierschutzrelevante Gesetzgebungsprojekte und Rechtsprechung
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2023
Bundesebene
Gesetzgebungsarbeiten
Revision von Verordnungen im Tierschutzbereich, betroffene SR Nummern: 455.109.1, 455.163, 455.110.1, 455.1. Themen: Schwanzkürzen bei Lämmern, Vorgaben zum Umgang mit Equiden sowie Anforderungen an die Zucht und Haltung von Versuchstieren, Anpassung der Regelung zur Homogenisierung von Embryonen beim Hausgeflügel, Einführung der 15-Wochen-Regel für die Einfuhr von Hunden. Zudem sollen die fachspezifischen berufsunabhängigen Ausbildungen (FBA) verbessert sowie diverse Präzisierungen und Klärungen vorgenommen werden. Vernehmlassung 2022.56 (Frist bis 15. März 2023).
Verordnung über tierische Nebenprodukte (VTNP, SR 916.441.22). Änderung der Verordnung und Erlass einer neuen Verordnung des Eidgenössischen Department des Innern (EDI) über die Verwertung von tierischen Nebenprodukten für Futtermittel und als Dünger. Vernehmlassung 2023/32 (Frist bis 15. Dezember 2023)
Verordnungen im Bereich der Ein-, Durch- und Ausfuhr von Tieren und Tierprodukten. Änderungen, betroffene SR Nummer(n): 916.443.106, 916.443.11, 916.443.14, 916.443.10, 916.443.111. Vernehmlassung 2023/31 (Frist bis 21. November 2023)
Tierseuchengesetz (TSG, SR 916.40), Änderung vom 16. Juni 2023 (Ablauf Referendumsfrist 5. Oktober 2023), BBl 2023 1528
Bundesgesetz über die Landwirtschaft (Landwirtschaftsgesetz, LwG, SR 910.1), Änderung vom 16. Juni 2023 (Ablauf Referendumsfrist 5. Oktober 2023), BBl 2023 1527
Eidgenössische Volksinitiative „Für eine sichere Ernährung – durch Stärkung einer nachhaltigen inländischen Produktion, mehr pflanzliche Lebensmittel und sauberes Trinkwasser (Ernährungsinitiative)“. Vorprüfung (Sammelfrist bis 13. Dezember 2023), BBl 2023 1385
Eidgenössische Volksinitiative „Zum Schutz von Mensch, Haus- und Nutztier vor dem Wolf“. Vorprüfung (Sammelfrist bis 2. November 2024), BBl 2023 1105
Eidgenössische Volksinitiative „Ja zur tierversuchsfreien Zukunft“. Vorprüfung (Sammelfrist bis 9. November 2024), BBl 2023 1151
Bundesgesetz über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel vom 20. Juni 1986 (SR 922.0), Änderung vom 16. Dezember 2022 (Ablauf Referendumsfrist 8. April 2023), BBl 2022 3203
Parlamentarische Vorstösse
Herbstsession 2023:
- Motion 23.4304: Behandlung verletzter Wildtiere – Gesetzeslücke schliessen! (Schneider Meret)
- Motion 23.4297: Lancierung neuer nationaler Forschungsschwerpunkte im Bereich Klima, Energie und Biodiversität (Schneider Meret)
- Interpellation 23.4266: Ambitionen und Erfolge zur Abschaffung biodiversitätsschädigender Subventionen: Wo steht die Schweiz im internationalen Vergleich (Gugger Niklaus-Samuel)
- Interpellation 23.4248: Sieht der Bundesrat vor, einen «Absenkpfad biodiversitätsschädigende Wirkung von Subventionen» zu entwickeln? (Trede Aline)
- Interpellation 23.4050: Warum ist der Zustand der Biodiversität, unserer Lebensgrundlage, in 20 Jahren Biodiversitätspolitik vor allem schlechter geworden? (Fluri Kurt)
- Interpellation 23.4265: Arten von roten Listen bringen – Neues Anreizsystem schaffen? (Trede Aline)
- Motion 23.4036:: Sicherung der Insektenbestäubung, insbesondere durch Honig- und Wildbienen (Aebi Andreas)
- Fragestunde. Frage 23.7682:Finanzielle Bewertung des massiven Artenverlustes (Andrey Gerhard)
- Interpellation 23.4173: Landwirtschaft und Ernährung 2050 (Schneider-Schüttel Ursula)
- Fragestunde. Frage 23.7527: Lebensmittelverschwendung bei Fleisch verursacht offenbar die grösste Umweltbelastung pro Person – was unternimmt der Bund dagegen? (Munz Martina)
- Fragestunde. Frage 23.7476: Eine Einführung des Horn-Frankens (Estermann Yvette)
- Interpellation 23.4211: Weiterentwicklung der Anerkennung von Herdenschutzhunden (Müller Leo)
- Interpellation 23.4261: Wie soll der funktionierende Herdenschutz in Zukunft umgesetzt werden? (Wismer-Felder Priska)
- Interpellation 23.4095: Bund verursacht Misere beim Herdenschutz (Dettling Marcel)
- Fragestunde. Frage 23.7683: Pheromon-Halsbänder zum Schutz gegen Wolfsangriffe (Regazzi Fabio)
- Fragestunde. Frage Finanzen 23.7674: Finanzen für Wolfsnotmassnahmen (von Siebenthal Erich)
- Fragestunde Frage 23.7663: Alpbewirtschaftung: Beeinträchtigungen aufgrund der Präsenz des Wolfes in gewissen Regionen. (Feller Olivier)
- Fragestunde. Frage 23.7661: Wolfsschäden. Wer haftet? (Müller Leo)
- Fragestunde. Frage 23.7657: Gerissene Nutztiere traumatisieren (von Siebenthal Erich)
- Fragestunde. Frage 23.7655: Umsetzung Jagdgesetz (von Siebenthal Erich)
- Fragestunde. Frage 23.7650: Vorzeitige Abalpung wegen dem Wolf (Haab Martin)
- Fragestunde. Frage 23.7648: Proaktive Regulierung von Wölfen (Bourgeois François)
- Fragestunde. Frage 23.7608: Warum sollten Wolfsrudel unabhängig vom Risiko von Schäden an Nutztieren abgeschossen werden? (Clivaz Christophe)
- Fragestunde. Frage 23.7485: Warum können verschiedene Stakeholder die Kosten der schwindenden Biodiversität quantifizieren, während dies dem Bundesrat offenbar nicht gelingt? (Munz Martina)
Sommersession 2023:
- Motion 23.3941: Kultiviertes Fleisch: Innovation fördern, statt überregulieren! (Schneider Meret)
- Postulat 23.3940: Alternativen zur CO2-Betäubung - Auftrag des BLV umsetzen! (Schneider Meret)
- Postulat 23.3938: Neuartige Lebensmittel als USP für den Standort Schweiz (Schneider Meret)
- Interpellation 23.3876: Konsumseitige Massnahmen in der nächsten agrarpolitischen Etappe ab 2030 (Baumann Kilian)
- Motion 23.3726: Verbot der Herstellung von Kunstfleisch (Page Pierre-André)
- Postulat 23.3676: Biodiversität auf den bestehenden rechtlichen Grundlagen verbindlich stärken und erhöhen (Z’Graggen Heidi)
- Interpellation 23.3623: Ist die Schweizer Agrarpolitik genügend gut aufgestellt, um künftig Bedingungen an importierte Agrarprodukte stellen zu können? (Munz Martina)
- Interpellation 23.3515: Photovoltaik- oder Windkraftanlagen. Gefahr für die landwirtschaftlichen Nutztiere (Page Pierre-André)
- Motion 19.3200: Deklarationspflicht für Reptilienleder (Munz Martina)
- Motion 20.3021: Importverbot für tierquälerisch erzeugte Stopfleber (Haab Martin)
- Motion 20.4232: Deklaration von Kokosprodukten aus affenquälerischer Produktion (Schneider Meret)
- Geschäft des Bundesrates 22.025: Für die Zukunft unserer Natur und Landschaft (Biodiversitätsinitiative). Volksinitiative und indirekter Gegenvorschlag
- Motion 21.4017: Wolfsmanagement. Den Kantonen die notwendigen Vorrechte gewähren (Nicolet Jacques)
- Motion 21.3896: Transparenz in der Tierverkehrsdatenbank (Dettling Marcel)
- Motion 21.4400: Reduktion des Antibiotikaeinsatzes in der Kälbermast (Munz Martina)
- Motion 22.3216: RAUS-Programm. Weidezeitpunkt an die Winterfütterung und damit der Realität anpassen (von Siebenthal Erich)
- Motion 21.3829: Regelungskompetenz im Tierschutz. Auch bei den Kantonen (Schneider Meret)
- Postulat 21.3836: Keine Werbung für Produkte, die der Ernährungsstrategie der Schweiz widersprechen (Schneider Meret)
Frühlingssession 2023:
- Interpellation 23.3409: Vorausschauende Massnahmen gegen die Vogelgrippe (Schneider Meret)
- Motion 23.3412: Robuste Rassen für eine resiliente Landwirtschaft (Schneider Meret)
- Postulat 23.3411: Eine langfristige Lösung für den Schweinemarkt (Schneider Meret)
- Motion 23.3303: Verbot der tierquälerischen Baujagd (Munz Martina)
- Interpellation 23.3301: Empfehlungen für eine nachhaltige Ernährungszukunft (Munz Martina)
- Interpellation 23.3152: Neues Artenschutzabkommen: Ein bürokratisches Monster (Rechsteiner Thomas)
- Motion 23.3051: Gut sichtbare Kennzeichnung von Lebensmitteln die Insekten und andere Kleintiere beinhalten (Grüter Franz)
Wintersession 2022:
- Motion 22.4557: Bessere Datengrundlage beim Oktopusimport (Schneider Meret)
- Postulat 22.4556: Transparenz und Kostenwahrheit erhöhen (Schneider Meret)
- Motion 22.4552: Stärkung der Direktvermarktung (Schneider Meret)
- Interpellation 22.4461: ATMP für Tiere – Innovation nicht verhindern (Müller Leo)
- Postulat 22.4440: Transparenz und Kostenwahrheit erhöhen (Giacometti Anna)
- Interpellation 22.4492: Die Büffelzucht muss besser anerkannt werden in der Schweiz (De Montmollin Simone)
- Interpellation 22.4333: Auswirkung des neuen Programms „Weidebeitrag“ auf die Kälberhaltung (Wismer Priska)
Rechtsprechung
Bundesverwaltungsgericht, 01.09.2023 – B-1979/2022 (aus dem Französischen)
Katze: Einfuhr aus einem Tollwutrisikoland ohne Bewilligung
Mit Urteil vom 01.09.2023 (B-1979/2022) hiess das Bundesverwaltungsgericht eine Beschwerde gegen den Entscheid des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) betreffend die Einfuhr einer Katze aus einem Tollwutrisikoland teilweise gut. In casu wollte eine Person am 5. April 2022 mit einem Kater, der im Besitz der Beschwerdeführerin war, von der Türkei in die Schweiz einreisen. Der Grenztierärztliche Dienst (GVD) des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) erliess eine Verfügung zur Rückweisung des Tieres und isolierte es vorläufig wegen Nichterfüllens der Einfuhrbestimmungen nach Art. 53 Abs. 1 des Tierseuchengesetzes (TSG, SR 916.40) und der sich darauf stützenden Verordnung über die Ein-, Durch- und Ausfuhr von Heimtieren (EDAV-Ht, SR 916. 443.14). Der Beschwerdeführerin wurde eine Frist von drei Tagen gesetzt, um einen Plan für die Rückführung des Katers vorzulegen und seine Rückführung in die Türkei innerhalb von maximal zehn Tagen anzuordnen. Im Falle der Nichteinhaltung wurden die Beschlagnahme und die Euthanasie des Katers angeordnet.
Mit Entscheid vom 14. April 2022 wurde eine Einsprache gegen diesen Entscheid teilweise gutgeheissen und die Fristen für einen Rückführungsplan und die Rückführung verlängert. Vor Bundesverwaltungsgericht beantragte die Beschwerdeführerin u.a., die Voraussetzungen für die Einfuhr des Katers seien erfüllt, weswegen der Verbleib in der Schweiz gestattet werden müsse, und das Tier sei ihr zurückzugeben (A–C). Der fragliche Kater verfügte zwar über eine tierärztliche Bescheinigung über eine Tollwutimpfung und eine Tollwut-Antikörpertitration in einem zugelassenen Labor, wie von der EDAV-Ht vorgesehen, indessen war die Kennzeichnung mit einem Mikrochip erst nach der Impfung und wie nicht gesetzlich vorgesehen davor vorgenommen worden. Es wurde auch nicht bestritten, dass für die Einfuhr auf dem Luftweg keine Genehmigung der Vorinstanz vorgelegen hatte (E. 4.2–4.3). Das Gericht hielt jedoch fest, dass in einem zweiten Schritt geprüft werden müsse, ob die Einfuhrbedingungen seither eingetreten bzw. erfüllt worden seien, was i.c. bejaht wurde und weswegen der Verbleib des Katers in der Schweiz zu erlauben war (E. 5).
Weiter hatte die Beschwerdeführerin geltend gemacht, dass der Kater während der 120 Tage dauernden Frist bis zur zweiten Titration in ihrem Haus in Isolation hätte gehalten werden können (mit entsprechend wegfallender Kostenfolge für die behördliche Isolation). Diese Massnahme sei bei Flüchtenden aus der Ukraine zugelassen worden, und machte insbesondere eine Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung geltend. Das Bundesverwaltungsgericht befand, dass die Vorinstanz zu Recht darauf hingewiesen habe, dass die Tollwutsituation in der Ukraine günstiger sei als in der Türkei, die gemäss der Weltgesundheitsorganisation das höchste Tollwutrisiko aufweise. Zudem habe die Beschwerdeführerin im Gegensatz zu ukrainischen Flüchtenden, die ihre Tiere auf die Flucht mitnahmen, die Einfuhr des Katers von der Schweiz aus organisiert, und sie hätte daher vollumfänglich dafür sorgen können, dass die Einfuhrbedingungen erfüllt waren. In der angeordneten Isolation des Katers könne daher keine Ungleichbehandlung gesehen werden (E. 6.2–6.2)
Bundesgericht, 22.05.2023 – BGer 6B_1219/2021
Rinder: Begriffsdefinition, Auslauf bei Anbindehaltung
Mit Urteil vom 22.05.23 (6B_1219/2021) wies das Bundesgericht die Beschwerde eines Halters von Milchkühen und Stieren gegen eine Verurteilung wegen Übertretung des Tierschutzgesetzes (Art. 28 Abs. 3 TSchG i.V.m. Art. 40 Abs. 1 Tierschutzverordnung, TSchV) und Art. 8 der Verordnung des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) über die Haltung von Nutztieren und Haustieren vom 27. August 2008 (SR 455.110.1) ab (weitere Beschwerdepunkte betrafen mehrfache Vergehen gegen das Gewässerschutzgesetz [GSchG, SR 814.20] sowie der Widerruf einer bedingten Freiheitsstrafe sowie von zwei bedingten Geldstrafen). Der Verurteilung lag der unbestrittene Sachverhalt zugrunde, dass der Beschwerdeführer zwischen Anfang 2017 und dem 16. Juli 2019 in seinem Stall sechs Milchkühe und zwei Stiere angebunden gehalten hatte, ohne hierfür das vorgeschriebene Auslaufjournal zu führen (E. 3.1.). Der Beschwerdeführer vertrat die Ansicht, dass es sich nach einer streng grammatikalischen Auslegung bei seinen Kühen und Stieren nicht um „Rinder“ im Sinne der Verordnungsbestimmung handele. Die von der Vorinstanz vorgenommene Berufung auf Art. 39 Abs. 1 TSchV sei zudem unzulässig, weil sie weder in der Anklage noch im Dispositiv des vorinstanzlichen Urteils aufgeführt sei (E. 3.3.). Das Bundesgericht erwog: Rinder seien gemäss der Begriffsdefinition in Art. 2 Abs. 3 lit. r TSchV domestizierte Tiere der Rindergattung einschliesslich Yaks und Wasserbüffel. Laut Duden sei unter „Kuh“ ein weibliches Rind und unter „Stier“ ein männliches Rind zu verstehen. Ausserdem seien sowohl Art. 39 TSchV (der den Liegebereich regele und namentlich Kühe und Zuchtstiere erwähne) als auch Art. 40 Abs. 1 TSchV unter dem Titel „Rinder“ eingeordnet. Im Übrigen sei auch in Art. 40 Abs. 2 TSchV von „Zuchtstieren“ die Rede. Daraus folge, dass sowohl Kühe als auch Stiere der Gattung „Rinder“ angehörten und als solche von der Journalpflicht gemäss Art. 40 Abs. 1 TSchV erfasst würden (E. 3.4. auf Urteil 2C_482 vom 12. Dezember 2018 E. 2.2.1 für Erdinger-Kühe). Dass die Anklageschrift im Übrigen Gesetzesbestimmungen, die hilfsweise zur Auslegung der einschlägigen Strafbestimmungen herbeigezogen würden, nennen müssten, sei nicht zwingend erforderlich (E. 3.4.).
Bundesgericht, 16.02.2023 – BGer 2C_764/2022
Pferde: Kosten für die Beschlagnahmung
Mit Urteil vom 16.02.23 (2C_764/2022) wies das Bundesgericht die Beschwerde eines Pferdehalters gegen die Auferlegung der Kosten für die Beschlagnahmung von elf Pferden ab. Die Tiere wurden wegen schlechter Haltungsbedingungen durch den Veterinärdienst des Kantons NE im März 2010 zunächst vorsorglich und sodann mit Entscheid vom 27. September 2011 definitiv beschlagnahmt. Gegen den Eigentümer sprach der Veterinärdienst ein Halteverbot aus. Letzterer Entscheid wurde vom Tribunal Cantonal mit Entscheid vom 15. August 2013 bestätigt. Mit Verfügung vom 4. November 2014 auferlegte der Veterinärdienst dem Beschwerdeführer die Kosten für die Beschlagnahmung seiner Pferde in Höhe von insgesamt CHF 102'944.90. Dieser Betrag wurde vom Departement für Entwicklung und Umwelt des Kantons Neuenburg auf CHF 102‘754.00 reduziert. Diesen Betrag focht der Beschwerdeführer beim Bundesgericht an. Aus den Erwägungen des Bundesgerichts:
Zur Verjährung: Der Beschwerdeführer beruft sich auf Verjährung. Diese Einrede erweise sich als unbegründet, so das BGer. Staatlichen Aufwendungen für behördliche Massnahmen stellen eine öffentlich-rechtliche Forderung des Staates dar; die Verjährung ist im Tierschutzrecht nicht geregelt. Unter Beachtung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zum Gewässerschutzgesetz sowie zum USG (welches auch den Schutz des Wohlergehens von Tieren bezwecke), sei von einer Verjährungsfrist von fünf Jahren auszugehen (E. 6.2).
Zur geltend gemachten Verletzung des Verhältnismässigkeitsprinzips: Gemäss Tierschutzgesetz darf ein beschlagnahmtes Tier nur „wenn nötig“ verkauft oder eingeschläfert werden (vgl. Art. 24 Abs. 1 TSchG, E. 7.2). Daraus folgt, dass der Verkauf (oder Tötung) eines Tieres eine subsidiäre Massnahme zu seiner angemessenen Unterbringung ist (E 7.2 – ebenfalls zur angemessenen Unterbringung). Die Tötung stellt ihrerseits die „ultima ratio“ dar, insbesondere wenn ein Verkauf aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich ist (E. 7.2; vgl. Urteil 2C_576/2021 vom 8. September 2022 E. 7.3.1). Solange ein Tier nur vorsorglich beschlagnahmt worden ist, ist die Behörde nicht berechtigt, das Tier zu verkaufen, weil sonst der Anspruch des Eigentümers vereitelt würde, sein Tier zurückzubekommen (E. 7.2.2). Anders verhalte es sich, wenn Tierhalter selbst den Verkauf beantragt, weil er die Kosten der Unterbringung für zu hoch hält, und die Behörde dem Verkauf zustimmt, weil sie der Ansicht ist, dass damit das Wohlergehen des betreffenden Tieres geschützt werden kann (E. 7.2.2). In casu wurde der Beschwerdeführer mehrfach über die laufenden Kosten orientiert; trotzdem habe er nichts unternommen und keine Anträge gestellt, um eine kostengünstigere Unterbringung der Tiere zu erreichen (E. 7.3). Ebenso wenig hat er den Verkauf der Tiere verlangt (E. 7.4). Der direkte Zusammenhang zwischen den Massnahmen und den Kosten werde zudem auch durch den Beschwerdeführer nicht bestritten (E. 7.5).
Kantonsebene
Rechtsprechung
Genf, Cour de justice, Chambre administrative, 31.10.2023, ATA/1173/2023 (aus dem Französischen)
Hund: Beschlagnahmung, Haltungsverbot
Mit Urteil vom 31.10.2023 (ATA/1173/2023) wies der Cour de justice des Kantons Genf eine Beschwerde gegen die definitive Beschlagnahmung eines Hundes und das Verbot, einen Hund zu halten, ab. In casu war der Beschwerdeführer 2019 vom Service cantonal de la consommation et des affaires vétérinaires (SCAV) nach einem Beissunfall mit Beschluss vom 2. Juli 2019 verpflichtet worden, seinen Hund (Rasse nicht näher spezifiziert) ab dem Verlassen des Hauses an der kurzen Leine zu führen. Zudem wurde eine Wesensbeurteilung des Hundes angeordnet. Sie ergab, dass der Hund, obschon ein kräftiger Hund der Rasse „B“, ein eher ruhiger Hund war, der sich seinem Halter und Drittpersonen gegenüber respektvoll verhielt und dem Halter gehorchte. Insgesamt wurde ihm ein gutes Wesen bescheinigt. Mit Beschluss vom 27. Juli 2019 wurde die Massnahme betreffend Leinenpflicht insoweit erleichtert, als der Hund an „von der Öffentlichkeit frequentierten Orten“ an der Leine zu führen sei. 2020 bis 2022 wurde der Hund von einer Drittperson gehalten, ohne dass der Hund in Aggressionsvorfälle verwickelt gewesen wäre (Bst. A a-l des Urteils). Das SCAV warf dem Beschwerdeführer im weiteren Verlauf zudem vor, den Hund in alkoholisiertem Zustand bei mehreren Gelegenheiten auf Dritte gehetzt oder damit gedroht hatte. Mit Entscheid vom 8. Mai 2023 wurde die definitive Beschlagnahmung des Hundes angeordnet; überdies wurde dem Beschwerdeführer untersagt, für die Dauer von zwei Jahren einen Hund zu halten und nach Ablauf dieser Frist für die Dauer von drei Jahren keinen Hund zu erwerben, der im Erwachsenenalter mehr als 10 Kilogramm wiegt (Bst. A/o). Diese Verfügung war Gegenstand der beim Cour de justice eingelegten Beschwerde. Insbesondere machte der Beschwerdeführer geltend, dass eine weniger einschneidende Massnahme wie das Tragen eines Maulkorbs oder die Verpflichtung, sich einem Monitoring seines Alkoholkonsums zu unterziehen, verhältnismässiger gewesen wäre.
Der Cour de justice erwog: Indem der Beschwerdeführer den Hund auf Dritte gehetzt oder damit gedroht habe, habe er gegen Art. 15 Abs. 1 und Art. 15 Abs. 2 des kantonalen Hundegesetzes verstossen. Laut diesem müsse der Halter seinen Hund erziehen, insbesondere im Hinblick auf ein optimales Sozialverhalten des Hundes, und dafür sorgen, dass er weder die Öffentlichkeit noch Tiere oder die Umwelt schädige, wobei die Abrichtung auf Angriff grundsätzlich verboten sei. Im Rahmen der möglichen Massnahmen bei Verstössen gegen die Bestimmungen des Hundegesetzes verfüge das SCAV über einen grossen Ermessensspielraum; es sei indessen an die Grenzen des Verhältnismässigkeitsprinzips gebunden (E. 2.7-2.9). Zur geltend gemachten Verletzung desselben: Im Hinblick auf die geforderte mildere Massnahme verkenne der Beschwerdeführer, dass das Tragen eines Maulkorbs dazu diene, von Natur aus aggressive oder schwer zu kontrollierende Hunde in Schach zu halten, was beim Hund des Beschwerdeführers nicht der Fall sei. Vielmehr habe das gute Verhältnis zwischen Hund und Halter gerade dazu geführt, dass der Hund auf Befehl seines Halters Dritte angegriffen habe. Auch habe sich der Beschwerdeführer nicht bzw. nicht konsequent an die angeordnete Massnahme gehalten, den Hund an der kurzen Leine zu führen. Auch bei – künftig – reduzierten Alkoholkonsum gebe es keine Hinweise darauf, dass dies ihn davon abhalten würde, seinen Hund erneut zum Angriff aufzufordern und die öffentliche Sicherheit zu gefährden. Insgesamt erwiesen sich die angeordneten Massnahmen als verhältnismässig und rechtskonform, weswegen die Beschwerde abzuweisen sei (E. 2.9).
Aargau, Verwaltungsgericht, 3. Kammer, 24.10.2023, WBE.2023.244
Hund: Zeitl. unbefristetes Verbot, Hunde zu halten, zu betreuen und in Obhut zu haben
Mit Urteil vom 24.10.2023 (WBE.2023.244) wies das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau eine Beschwerde gegen ein zeitlich unbefristetes Verbot, Hunde zu halten, zu betreuen und in Obhut zu haben, ab. Der Beschwerdeführer hatte während mehreren Jahren den Hund „Samy“ seiner Schwägerin betreut. Der Hund verletzte unter der Aufsicht des Beschwerdeführers innert kürzester Zeit sieben Personen leicht bis mittelschwer. Der Veterinärdienst des kantonalen Amts für Verbraucherschutz (Veterinärdienst) verfügte schliesslich am 03.01.2023, es sei dem Beschwerdeführer ab sofort verboten, Hunde zu halten, zu betreuen oder in Obhut zu haben. Die Beschwerde des Beschwerdeführers an das Department Gesundheit und Soziales (DSG) gegen das generelle Verbot mit dem Antrag, es sei bloss eine Leinen- und Maulkorbpflicht anzuordnen, wurde am 06.06.2023 abgewiesen. Vor Verwaltungsgericht beantragte der Beschwerdeführer sinngemäss, anstelle des Verbots seien Auflagen festzulegen (so z.B. einen Kurs für Hundehalter zu absolvieren, das Verbot auf gefährliche Hunderassen zu beschränken). – Einschränkung in der persönlichen Freiheit durch das Hundehalteverbot bejaht; Rechtsprechung bejahe jedenfalls beim Vorliegen einer emotionalen bzw. affektiven Beziehung zu Hunden einen entsprechenden Grundrechtseingriff (Verweis u.a. auf BGE 134 I 293, E. 5.2). Vorliegen einer genügenden gesetzlichen Grundlage mit §18 Abs. 1 Hundegesetz bejaht; die Aufzählung der Verwaltungsmassnahmen sei nicht abschliessend, weswegen die Kombination des Halteverbots mit einem Verbot der Betreuung und der Inobhutnahme zulässig sei (E. 2.2., 2.3).
Zum gerügten Fehlen der Erforderlichkeit: Ein Hundehalteverbot setze voraus, dass einer Person die Fähigkeit zu einem verantwortungsbewussten Umgang mit Hunden rundweg abzusprechen sei (E. 3.1.). Der Beschwerdeführer war nach Beissvorfällen mehrfach behördlicherseits dazu aufgefordert worden, den Hund „Samy“ konsequent an der Leine zu halten; obendrein war vom Veterinärdienst am 22.09.2022 eine Maulkorbpflicht verfügt worden, nachdem „Samy“ eine Postzustellerin gebissen hatte. Am 06.12.2022 kam es unter der Aufsicht des Beschwerdeführers zu einem neuerlichen Beissvorfall, wobei „Samy“ weder angeleint noch einen Maulkorb tragend einen Velofahrer biss (E.3.2.1.). Die von dem Beschwerdeführer vorgebrachten Rechtfertigungen (etwa, er habe dem Hund für kurze Zeit die „alte Freiheit“, d.h. Freilauf ohne Maulkorb gewähren wollen) illustrierten laut Verwaltungsgericht, dass der Beschwerdeführer entweder keine Einsicht habe in die Gefährdung, die von einem Hund ausgehen könne, oder nicht in der Lage bzw. nicht gewillt sei, einsichtsgemäss zu handeln. Die wiederholten und bewussten Verstösse gegen behördliche Anordnungen zeigten zudem eine erhebliche Verantwortungslosigkeit des Beschwerdeführers, so das Verwaltungsgericht (E. 3.2.2.). Das Unvermögens des Beschwerdeführers, mit einem Hund adäquat umzugehen, sei offenbar, weswegen andere Massnahmen (wie sie vom Beschwerdeführer vorgeschlagen) nicht mehr zielführend seien; weil er sich zudem wiederholt pflichtwidrig verhalten habe, komme auch eine zeitliche Befristung der getroffenen Massnahmen nicht mehr in Frage (E. 3.2.2.).
Genf, Cour de justice, Chambre administrative, 19.09.2023, ATA/1023/2023 (aus dem Französischen)
Katzen: Definitive Beschlagnahmung von Katzen, Haltungsverbot
Mit Urteil vom 19.09.2023 (ATA/1023/2023) wies der Cour de justice des Kantons Genf eine Beschwerde gegen die definitive Beschlagnahmung und ein Haltungsverbot von Katzen ab. Mit Verfügung vom 16. Juni 2023 hatte der Service cantonal de la consommation et des affaires vétérinaires (SCAV) die definitive Beschlagnahmung von zwei Katzen sowie zwei Kätzchen verfügt und der Beschuldigten mit Ausnahme zweier Katzen die Katzenhaltung für zwei Jahre (bis 15. Juni 2023) verboten, da vierzehn Kätzchen unter unhygienischen Verhältnissen auf einer Fläche von nur 15m2 anstatt 24 m2 gehalten worden waren. Am 31. Januar 2023 erhielt die SCAV eine Anzeige über unangemessene Haltungsbedingungen und das Zurücklassen in der Wohnung von acht Katzen, deren vorläufige Beschlagnahmung es in der Folge anordnete. Mit Entscheid vom 15. Mai 2023 ordnete das SCAV schliesslich die definitive Beschlagnahmung der Tiere an und sprach ein Tierhalteverbot für fünf Jahre aus (im Detail Bst. A-C des Urteils). Die Beschwerdeführerin erhob dagegen Beschwerde beim Cour de justice. Dieser kam nach Erwägungen zu den gesetzlichen Haltungsvorschriften von Tieren sowie den Sanktionsmassnahmen beim Verstoss gegen diese (E. 2) zum Schluss (E. 4): Es sei aus den Akten ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin die gesetzlichen Vorschriften bezüglich Hygiene, Bewegungsfreiheit, Wohlbefinden und Achtung der Würde der Tiere nicht beachtet habe. Das SCAV hatte zudem aufgrund ähnlicher Vorfälle einschneidende Massnahmen ergriffen und der Beschwerdeführerin empfohlen, die beiden Katzen zu kastrieren, zu deren Haltung sie ab dem 16. Juni 2021 noch befugt gewesen war. Die Beschwerdeführerin sei nicht nur den Anordnungen der Verfügung vom 16. Juni 2021 nicht nachgekommen, sondern obendrein rückfällig geworden. Die Behörde habe somit davon ausgehen können, dass die Beschwerdeführerin nicht in der Lage sei, Tiere in einer mit der Tierschutzgesetzgebung vereinbaren Weise zu halten. Dies rechtfertige die Anordnung von Massnahmen zum Schutz der Tiere, d.h. die definitive Beschlagnahmung der acht Katzen und ein generelles Verbot der Haltung jeglicher Tiere während fünf Jahren. Diese Massnahmen entsprächen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da sie geeignet und erforderlich seien, um das im öffentlichen Interesse liegende Ziel der Wahrung der Würde und des Wohlergehens der Tiere zu erreichen. Dieses Interesse überwiegt das private Interesse der Beschwerdeführerin, weiterhin Tiere zu halten, auch wenn sie über die Trennung einen tiefen Schmerz („un veritable déchirement“) empfunden habe. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung anerkenne die Tierhaltung nur unter sehr restriktiven Bedingungen als elementare Ausprägung der menschlichen Persönlichkeit, die durch die persönliche Freiheit im Sinne von Art. 10 BV geschützt sei (Verweis auf das Urteil des Bundesgerichts 2C_81/2008 vom 21. November 2008 E. 4.2). Als Beispiele für eine solche Beeinträchtigung nenne es den Fall eines Hundehalters, der sich von seinem Tier, zu dem er eine enge emotionale Beziehung hatte, trennen musste (Verweis auf BGE 134 I 293 E. 5.2; 133 I 249 E. 2), oder den Fall eines Hundeliebhabers, dem die Haltung eines solchen Tieres generell untersagt werde (Verweis auf BGE 133 I 249 E. 2).
Solothurn, Verwaltungsgericht, 18.09.2023, VWKLA.2023.7
Katzen: Behandlungskosten für eine Findelkatze
Mit Urteil vom 18.09.2023 (VWKLA.2023.7) wies das Verwaltungsgericht Solothurn die Forderung einer Tierklinik auf Ersatz der Behandlungskosten für eine Findelkatze ab. Die Katze war der Klägerin am 20. August 2022 von der Polizei zur medizinischen Versorgung gebracht worden, nachdem sie verletzt neben einer Bushaltestelle gefunden worden war. In der Folge war es nicht möglich, die Katze einem Halter zuzuordnen. Die Klägerin machte geltend, bei der Forderung handele es sich um eine Forderung öffentlich-rechtlicher Natur, im Wesentlichen im Zusammenhang mit dem Tierschutzgesetz, für dessen Vollzug die beklagte Gemeinde zuständig sei. Bei der Katze handele es sich um ein Fundtier. Gemäss Art. 721 Schweizerisches Zivilgesetzbuch (ZGB, SR 210) müsse das gefundene Tier entsprechend unterhalten, gepflegt und aufbewahrt werden und wenn kein Halter ausfindig gemacht werden könne, müsse das Gemeinwesen zumindest zwischenzeitlich zum Schutz des Tieres in Vorleistung gehen und diese Funktion mit den damit zusammenhängenden Rechten und Pflichten übernehmen, so insbesondere auch für die Behandlungskosten aufkommen (E. 2). Die Klägerin brachte vor, dass die rechtliche Frage, wer – zumindest während der gesetzlichen Wartefrist von zwei Monaten bis zum Eigentumserwerb nach Art. 722 Abs. 1bis ZGB – für das Tier verantwortlich sei, wenn sich kein Tierhalter auffinden lasse, nicht restlos geklärt scheine. Insbesondere sei zu klären, wer allfällige, während dieser zwei Monaten angefallene Kosten für das Tier zu tragen habe, wobei das Gemeinwesen quasi als Finder beziehungsweise temporärer Halter des Tiers als verantwortlich angesehen werden müsse, um zu vermeiden, dass das Tier schutzlos werde (E. 2).
Das Verwaltungsgericht erwog: Die eidgenössische und kantonale Tierschutzgesetzgebung enthalte keine Verpflichtung der Gemeinden, für Kosten der medizinischen Versorgung, Unterbringung und Pflege von auf ihrem Gemeindegebiet aufgefundenen Tieren (i.c. der Katze) aufzukommen. Die Klägerin könne sich daher für die eingeklagte Forderung nicht auf Verpflichtungen der Gemeinden im Rahmen des Vollzugs des Tierschutzes berufen (E. 2.2). Die Argumentation der Klägerin, die Beklagte müsse allein wegen ihrer Funktion als «öffentliches Fundbüro» für die Behandlungskosten der Katze aufkommen, sei gesucht. Aufgrund der Rechtslage ergebe sich keine solche Verpflichtung. Die Katze sei der Beklagten nicht zur Aufbewahrung i.S. der Gesetzgebung zu den Fundsachen übergeben worden, und die Beklagte habe der Klägerin keinen Auftrag erteilt, die Katze medizinisch zu versorgen (E. 3.1-3.2). Insgesamt sei die Klage unbegründet und müsse abgewiesen werden (E. 4).
Aargau, Verwaltungsgericht, 3. Kammer, 16.08.2023, WBE.2023.52
Rinder: Klauengesundheit, Haltung (Spaltenboden)
Kaninchen: Tierhalter/Betreuer
Mit Beschluss vom 16.08.2023 (WBE 2023.52) wies das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau eine Beschwerde gegen einen Entscheid des Veterinärdiensts des kantonalen Amts für Verbraucherschutz (Veterinärdienst) ab. Darin hatte der Veterinärdienst den Beschwerdeführer verpflichtet, sein Klauensanierungskonzept vom 5. September 2020 umgehend umzusetzen und weitere vom Veterinärdienst festgestellte Mängel innert Frist zu beheben. Hintergrund waren die anlässlich einer unangemeldeten Kontrolle des Veterinärdienstes festgestellten Probleme mit der Klauengesundheit von Rindern und die Nichteinhaltung eines Klauensanierungskonzeptes durch den Beschwerdeführer bei fortdauernden Klauenproblemen bei den Tieren bzw. Erkrankung an Mortellaro. Das Verwaltungsgericht befand, dass die angeordneten Massnahmen sich im Wesentlichen am anwendbaren Recht orientierten und im Übrigen geeignet, erforderlich und zumutbar seien. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Beschwerdeführer zunächst die Möglichkeit gehabt habe, sein Behandlungskonzept selbständig zu erarbeiten und umzusetzen (E. 2.3.). Weiter wurde im Zusammenhang mit der verfügten Beseitigung unzulässiger Spalten im Milchviehstall eine falsche Feststellung des Sachverhalts geltend gemacht (abgewiesen, s. E. 3. des Entscheids). Sodann machte der Beschwerdeführer geltend, er sei nicht für das in der Tierschutzgesetzgebung (Art. 2 Abs. 1 lit. a TSchV, Art. 34 Abs. 1 TSchV, Art. 64 TSchV) vorgesehene Angebot von Nageobjekten und die Trockenhaltung der Liegefläche in einem Kaninchenstall verantwortlich, weil er weder der Halter noch der Eigentümer der Tiere sei. – Gemäss Art. 6 Abs. 1 TSchG haben sowohl der Halter als auch der Betreuer von Tieren für angemessene Nahrung, Pflege, die für das Wohlergehen notwendige Beschäftigung sowie Bewegungsfreiheit zu sorgen und soweit nötig Unterkunft zu gewähren. Wer als Tierhalter oder Betreuer zu gelten habe, richte sich nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung, weil das Tierschutzgesetz die Begriffe nicht konkretisiere. Als Betreuer würden beispielsweise Finder, Verwahrer, Angestellte oder Familienangehörige des Halters gelten (E. 4.2. mit Verweis auf Urteil des Bundesgerichts 6B_660/2010 vom 8. Februar 2011, E. 1.2.2). Der Beschwerdeführer habe, so das Verwaltungsgericht, unbestrittenermassen als Betreuer zu gelten, zumal sich die Kaninchen auf seinem Hof befunden hätten und er diese als Verwahrer zumindest vorübergehend zu betreuen hatte (E. 4.3.). Die Beschwerde wurde, soweit auf sie eingetreten wurde, vollumfänglich abgewiesen.
Genf, Cour de justice, 09.08.2023, ATA/828/2023 (aus dem Französischen)
Hund: Definitive Beschlagnahmung
Mit Beschluss vom 09.08.2023 (ATA/828/2023) wies der Cour de justice Genf eine Beschwerde gegen die definitive Beschlagnahme eines Hundes der Rasse American Bully ab. Darüber hinaus wurde der Beschwerdeführerin für zwei Jahre verboten, andere Hunde als die ebenfalls in ihrem Haushalt wohnende Bulldogge zu halten, und danach für weitere drei Jahren keinen Hund zu erwerben, der als Erwachsener mehr als 10 Kilogramm wiegt.
Der Hund hatte im Juni und August 2020 während eines Spaziergangs mit seiner Halterin Personen verletzt. Bei einer nachfolgenden Kontrolle durch den service de la consommation et des affaires vétérinaires (SCAV) zeigte sich, dass der Grundgehorsam des Hundes nur notdürftig war und es seiner Halterin an kynologischen Kenntnissen mangelte. Mit Entscheid vom 24. August 2020 wurde der Halterin sowie allen Personen, die den Hund ausführen könnten, auferlegt, den Hund an öffentlich frequentierten Orten an einer kurzen Leine zu führen und ihm ab dem Verlassen des Hauses einen Maulkorb anzulegen. Ferner wurde die Halterin verpflichtet, Hundeerziehungskurse zu besuchen, und zwar so lange, wie der Hund nicht vollständig unter Kontrolle sei. Spätestens am 31. Januar 2021 würde sie zudem zur Ablegung des für die Haltung von grossen Hunden obligatorischen test de maîtrise et de comportement (TMC) aufgefordert werden. Der Test wurde in der Folge nicht bestanden. – Am 15. Februar 2023 verletzte der American Bully einen Hund der Rasse Yorkshire Terrier tödlich. Er war zur Zeit des Vorfalls nicht an der Leine geführt worden und hatte auch keinen Maulkorb getragen. Eine weitere Beurteilung des Hundes durch eine Spezialistin des SCAV ergab, dass sich der Gehorsam des Hundes im Vergleich zur ersten Beurteilung noch verschlechtert hatte. Die Beschwerdeführerin hatte seit einem Jahr keine Erziehungskurse mehr besucht und zeigte sich uneinsichtig. Im März 2023 erfolgte die vorsorgliche und im April 2023 die definitive Beschlagnahme des Hundes. Weiters wurde der Beschwerdeführerin untersagt, während zwei Jahren in ihrem Haushalt andere Hunde als ihre Bulldogge zu halten und danach während drei Jahren keinen Hund zu erwerben, der als Erwachsener mehr als 10 Kilogramm wog (Beschluss, A.–B.).
Mit der Beschwerde rügte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, einen Ermessensfehler sowie die Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit. Zur Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör führte der Cour de justice aus, dass keine Verletzung desselben aus dem Umstand abgeleitet werden könne, dass der angefochtene Entscheid nach der eigenen Einschätzung der Beschwerdeführerin nicht ausreichend auf ihre verschiedenen Argumente eingegangen sei (E. 3.4). In der Sache erwog der Cour de justice: Gemäss Art. 73 Abs. 1 der Tierschutzverordnung vom 23. April 2008 (TSchV) müssten Zucht, Erziehung und Umgang mit Hunden deren Sozialisierung, d.h. die Entwicklung von Beziehungen zu Artgenossen und zum Menschen, sowie die Anpassung an die Umwelt gewährleisten. Das kantonale Hundegesetz vom 18. März 2011 (loi sur chiens, LChiens - M 3 45) habe seinerseits zum Ziel, in Anwendung des nationalen TSchG die Bedingungen für die Zucht, Ausbildung und Haltung von Hunden zu regeln, insbesondere im Hinblick auf die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit, Gesundheit und Ruhe (Art. 1 lit. b HHG). Aus den Vorarbeiten, die zu seiner Verabschiedung führten, gehe hervor, dass das Hundegesetz kein Gesetz über Hunde, sondern über deren Halter sei und den Schwerpunkt besonders auf die Prävention lege (E. 4.1–4.2, m.w.H.). Gemäss des Art. 27 LChien wird der American Bully als potenziell gefährlich eingestuft, weil er eine Widerristhöhe von über 56 cm und ein Gewicht von über 22 kg (in casu 33-34 kg) habe, für die ein TMC vorgesehen sei (Art. 22 LChien). Der Test wurde nicht bestanden; auch besuchte die Beschwerdeführerin zwischen dem 7. Januar 2021 und dem 3. März 2023 (Datum der Beschlagnahmung) keine weiteren Hundeerziehungskurse. Die Beschwerdeführerin habe am 15. Februar 2023 zudem nicht die notwendigen Vorsichtsmassnahmen (kurze Leine, Maulkorb) ergriffen, um zu verhindern, dass ihr der Hund entkomme und einen Artgenossen verletze (E. 4.6–5.). Die Grundlage für den Ermessenspielraum und die angeordneten Massnahmen finde sich in Art. 39 LChiens, wobei die Behörde über einen grossen Ermessensspielraum bei der Wahl der angeordneten Massnahme verfüge (E. 4.8–4.9).
Die Beschwerdegegnerin habe zu Recht eine Gefährdung Dritter durch die Haltung des American Bully angenommen, da die Beschwerdeführerin den TMC bis dato nicht bestanden habe, der Hund über drei Jahre alt sei und gemäss dem Bericht der Spezialistin vom 1. März 2023, noch bevor er zwei Tage später präventiv beschlagnahmt und die strittige definitive Beschlagnahmung ausgesprochen wurde, a priori keinen Grundgehorsam besessen habe, auf Zuruf nicht oder erst nach mehreren Befehlen zurückkehrte und sich in der Gegenwart eines Artgenossen und einer Frau als sehr reaktiv erwiesen habe. Die endgültige Beschlagnahmung des Hundes sei zwar streng, stelle aber eine verhältnismässige Massnahme dar und sei allein geeignet, das vom Gesetz angestrebte Ziel der öffentlichen Sicherheit zu gewährleisten. Hingegen reichte eine Verpflichtung der Beschwerdeführerin, ihren Hund künftig an der Leine zu führen und ihm einen Maulkorb anzulegen, nicht aus, um diese Feststellung umzukehren. Aus den letzten von der Beschwerdegegnerin vorgelegten Elementen gehe zudem hervor, dass der Hund nicht eingeschläfert werden sollte, sondern einer Person anvertraut werden könnte, die sich auf Hundeerziehung spezialisiert habe (E. 5.). Insgesamt sei die Klage in allen Punkten unbegründet und müsse abgewiesen werden.
Zürich: Verwaltungsgericht, 3. Kammer, 21.06.2023 (VB2023.00055)
Meerschweinchen: Definitive Beschlagnahme, Tierhalteverbot
Mit Entscheid vom 21.06.2023 (VB2023.00055) wies das Verwaltungsgericht Zürich die Beschwerde gegen die definitive Beschlagnahme von acht Meerschweinchen und eines umfassenden Tierhaltungsverbots ab. Laut Sachverhaltserstellung setzte die Beschwerdeführerin am 9. März 2020 zwei ihrer damals insgesamt sechs Meerschweinchen in einem Jutesack an einem Spazierweg und ein weiteres Meerschweinchen auf einer Wiese vor ihrem Wohnhaus aus, wobei eines der Tiere in der Folge verstarb. Die Beschwerdeführerin wurde gleichentags aufgrund ihres auffälligen Verhaltens fürsorgerisch in der Psychiatrischen Universitätsklinik (PUK) untergebracht. In der Folge wurde (nach der Kastration der männlichen Tiere) die mit zahlreichen Auflagen verknüpfte Rückgabe der Meerschweinchen angeordnet. Am 10. November 2021 erhielt das Veterinäramt eine Meldung der SBB-Transportpolizei, wonach die Beschwerdeführerin auf Hinweis einer Drittperson hin am 9. November 2021 am Bahnhof N kontrolliert worden, wobei sie neun Meerschweinchen in einer Einkaufstasche mit sich führte, die sich alle in ungepflegtem Zustand befunden und zum Teil Verletzungen aufgewiesen hätten. Die Tiere wurden letztlich mit Verfügung des Veterinäramts vom 16. November 2021 vorsorglich beschlagnahmt und die Beschwerdeführerin erneut in der PUK fürsorgerisch untergebracht. Eines der Tiere starb in der Folge. Am 1. Februar 2022 verfügte das Veterinäramt die definitive Beschlagnahme der verbleibenden acht Tiere sowie deren Weiterplatzierung, eventualiter deren Euthanasie. A wurde zudem unter Androhung der Ungehorsamsstrafe im Widerhandlungsfall ein umfassendes, unbefristetes Tierhalteverbot mit sofortiger Wirkung für das Gebiet der gesamten Schweiz auferlegt; weiter wurde verfügt, dass allfällige von der Beschwerdeführerin in Widerhandlung gegen dieses Verbot gehaltene oder betreute Tiere definitiv beschlagnahmt und anschliessend weiterplatziert oder euthanasiert würden; ein Antrag, die Tiere in die Obhut einer ihr bekannten Drittperson „C“ zu geben, wurde abgelehnt.
Abweisung der Beschwerde gegen die angeordnete definitive Beschlagnahme der von der Beschwerdeführerin gehaltenen Tiere (E. 2.4-2.6). Die Vorinstanzliche Einschätzung, wonach die Beschwerdeführerin die grundsätzlichen Verhaltensgebote und -verbote der Tierschutzgesetzgebung nicht konstant zu befolgen vermöge, weswegen ihr die objektive Fähigkeit zur anhaltend rechtskonformen Tierhaltung abzusprechen sei, sei nicht zu beanstanden (E. 3.6 - 3.9). Auch die Anordnung des umfassenden Tierhalteverbots erweise sich als rechtmässig, da es der Beschwerdeführerin trotz zahlreicher Auflagen, Ermahnungen und behördlicher Interventionen in der Vergangenheit nicht gelungen sei, eine durchgehend rechtskonforme Tierhaltung zu gewährleisten. Die Wahrung des Tierwohls sei höher zu gewichten als das Interesse der Beschwerdeführerin, im Rahmen ihrer Freizeit Tiere zu halten, auch wenn die Haltung der Meerschweinchen für sie einen hohen Stellenwert und spürbare Auswirkungen auf ihr geistiges Wohlbefinden habe. (E. 3.10). Zur Tragweite des Tierhalteverbots nach Art. 23 Abs. 1 TSchG sowie der Abgrenzung der Tierhaltung von der blossen Betreuung, Pflege und Verwendung von Tieren, die von Dritten gehalten werden; das Beaufsichtigen, die Pflege und das Füttern von Tieren von Drittpersonen könne nur insoweit untersagt werden, als dabei infolge Zeitdauer oder Einräumung entsprechender Entscheidungsgewalt eine Halterstellung erlangen könnte (E. 3.11). Die Weiterplatzierung der Tiere liege des Weiteren im Ermessen der Beschwerdegegnerin; indessen sei eine Lösung, wie sie sich gegebenenfalls mit C verwirklichen lassen könnte, zumindest angemessen in Betracht zieht bzw. nicht vorschnell zu verwerfen. In casu scheine es mit der Wahrung des Tierwohls zumindest nicht von vornherein unvereinbar, der Beschwerdeführerin, die zu den Meerschweinchen offenkundig eine enge emotionale Bindung empfinde und die sich auch nicht uneinsichtig gezeigt habe, was die festgestellten Mängel anbelange, unter geeigneten Bedingungen und Voraussetzungen den Kontakt zu den von ihr ehemals gehaltenen Tieren weiterhin zu ermöglichen (E. 4.5).
St. Gallen, Verwaltungsgericht, 05.06.2023, B 2023/45
Katzen und Hunde: Tierhalteverbot
Mit Entscheid vom 05.06.2023 (B 2023/45) wies das Verwaltungsgericht St. Gallen eine Beschwerde gegen ein unbefristetes Tierhalteverbot ab. In casu waren bei dem Beschwerdeführer von den Behörden fünf Hauskatzen und zwei Hunde zu deren Schutz in Gewahrsam genommen worden, mit nachfolgender definitiver Beschlagnahmung und Einziehung sowie Erlass eines Tierhalteverbots (mit Ausnahme der Haltung einer Katze; eine sechste Katze musste zudem euthanasiert werden). Der Beschwerdeführer war zudem mit Strafbefehl vom 13. Mai 2020 der mehrfachen fahrlässigen Tierquälerei (Art. 26 Abs. 1 und 2 TSchG) sowie der mehrfachen Übertretung des Tierschutzgesetzes (Art. 28 Abs. 1 lit. a TSchG i.V.m. Art. 3 und Art. 5 sowie Art. 71 Abs. 1 TSchG und Art. 10 i.V.m. Anhang 1 Tabelle 1 TSchG) schuldig gesprochen worden. Der Beschwerdeführer bestritt die Rechtmässigkeit des von der Vorinstanz angeordneten unbefristeten Tierhalteverbots; namentlich hatte er vor der Vorinstanz beantragt, es sei ihm neben der Katze auch einer der Hunde herauszugeben.
Das Verwaltungsgericht erwog: Bei der Beurteilung der Frage, ob (und falls ja, in welchem inhaltlichen und zeitlichen Umfang) ein Tierhalteverbot auszusprechen sei, komme der urteilenden Behörde ein erheblicher Ermessenspielraum zu (Verweis auf BGer 2C_575_2021 vom 08.09.2022, E. 9.1), unter Beobachtung des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes. Der Beschwerdeführer habe über einen längeren Zeitraum hinweg seine Tiere in seiner Wohnung klar unzureichenden hygienischen Verhältnissen ausgesetzt. Die Tierpflege sei von ihm teilweise gravierend vernachlässigt und einzelne Tiere seien in einem schlechten Pflege- bzw. Gesundheitszustand angetroffen worden. Er habe weder Einsicht gezeigt noch sich zu einer Verhaltensänderung bewegen lassen, selbst nach Erlass des Strafbefehls (E. 2.4.1). Im Licht dieser Umstände betrachtet, sei nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz prognostisch davon ausgegangen sei, der Beschwerdeführer werde auch künftig keine mit der Tierschutzgesetzgebung konforme Tierhaltung (mit Ausnahme einer Katze) gewährleisten. Sie habe auch zu Recht die Frage bejaht, dass zum im überwiegenden öffentlichen Interesse liegenden Schutz der Würde und des Wohlergehens der Tiere kein milderes Mittel als ein Tierhalteverbot mehr offen gestanden habe (E. 2.4.1). Zur Verhältnismässigkeit: Zum einen gelte das Tierhalteverbot inhaltlich nicht absolut (Ausnahme der Haltung einer Hauskatze) und zum anderen sei es in zeitlicher Hinsicht zwar unbefristet, was aber seine zukünftige Anpassung nicht ausschliesse (E. 2.4.2 m.w.H.). Auch der Verweis des Beschwerdeführers auf die Bedeutung einer Hundehaltung für sein psychisches Wohlbefinden ändere in casu nichts an der Verhältnismässigkeit des angefochtenen Tierhalteverbots oder am überwiegenden öffentlichen Interesse daran (E. 2.4.3). Es überwiege das Interesse an der in der Tierschutzgesetzgebung verankerten Achtung der Würde und des Wohlergehens der Tiere das Interesse des Beschwerdeführers, nebst der Katze auch noch einen Hund zu halten (E. 2.4.3). Insgesamt erweise sich das unbefristete Tierhalteverbot als rechtmässig (E. 2.5).
Zürich, Verwaltungsgericht, 3. Kammer, 01.06.2023, VB.2022.00535
Hunde: Verbot der Haltung eines Hundes der Rassetypenliste II im Kanton Zürich
Mit Urteil vom 01.06.2023 (VB.2022.00535) wies das Verwaltungsgericht Zürich eine Beschwerde gegen das Verbot der Haltung eines Hundes der Rasse "American Staffordshire Terrier x Unbestimmt" ab. Der Beschwerdeführer hatte seinen Hund im Alter von rund zwei Monaten von einer Züchterin in Deutschland erworben. In der zentralen Hundedatenbank AMICUS war der Hund als "Bulldog x Alpenländische Dachsbracke" erfasst.
Am 18. September 2020 ging beim Veterinäramt des Kantons Zürich ein Rapport der Stadtpolizei Zürich vom 10. September 2020 betreffend "Verdachtsabklärung Rassetypenliste II Hund" ein. Der Beschwerdeführer sei mit seinem Hund am 30. Mai 2020 "aufgefallen", da aufgrund der äusseren Erscheinung des Hundes dessen Zugehörigkeit zur Rassetypenliste II in der Verordnung zum Hundegesetz des Kantons Zürich nicht ausgeschlossen werden konnte. Das Veterinäramt forderte den Beschwerdeführer auf, seinen Hund durch einen amtlichen Tierarzt beurteilen zu lassen. Die Phänotypisierung erfolgte am 12. Oktober 2020 und ergab, dass es sich bei dem Hund um einen Hund des Rassetyps "Bullartige Terrier" der Rasse "American Staffordshire Terrier x Unbestimmt" handle. In der Folge ordnete das Veterinäramt nach Gewährung des rechtlichen Gehörs die definitive Beschlagnahmung des Hundes an, ausser der Beschwerdeführer platziere den Hund ausserkantonal oder ziehe in einen anderen Kanton um.
Das Verwaltungsgericht zog in Erwägung: Gemäss § 8 Abs. 1 Hundegesetz des Kantons Zürich (HuG, LS 554.5) seien der Erwerb, die Zucht sowie der Zuzug von Hunden mit erhöhtem Gefährdungspotenzial verboten. Der Regierungsrat sei zuständig, die Rassetypen mit erhöhtem Gefährdungspotenzial zu bezeichnen (§ 8 Abs. 2 HuG). Gestützt darauf sehe § 5 Abs. 1 der Hundeverordnung vom 25. November 2009 (HuV; LS 554.51) vor, dass zur Rassetypenliste II im Sinn von § 8 Abs. 2 HuG Hunde zählen, die mindestens 10 % Blutanteil von Hunden bestimmter, im Gesetz aufgezählter Rassen hätten, so auch der Rasse American Staffordshire Terrier (E. 2.2). In casu war die Abstammung väterlicherseits umstritten, weshalb das Veterinäramt gestützt auf § 5 Abs. 3 HuV über die Zuordnung zu einem Rassetyp mittels amtstierärztlicher Beurteilung zu entscheiden hatte. Gemäss dieser sei der Hund der Rasse "American Staffordshire Terrier x Unbestimmt" und damit einem im Kanton Zürich verbotenen Rassetyp zuzuordnen (E. 3.2). Der Beschwerdeführer vermochte die Überzeugungskraft des Gutachtens nicht zu erschüttern (zum Ganzen E. 4.).
Zur Rüge der Verletzung der Persönlichen Freiheit hielt das Verwaltungsgericht fest: Das Bundesgericht habe in BGE 133 I 249 entschieden, dass das Halten von Hunden einer bestimmten Rasse grundsätzlich nicht in den Schutzbereich der persönlichen Freiheit falle. Hingegen habe es in BGE 134 I 293 (E. 5.2.1) dafürgehalten, dass die Wegnahme und allfällige (definitive) Fremdplatzierung eines Hundes (als administrative Sanktion für die Nichtbezahlung einer relativ niedrigen Geldforderung des Staates) unter dem Gesichtswinkel der persönlichen Freiheit nicht unproblematisch sei (mit Verweis auf BGer, 10. Februar 2014, 2C_856/2013, E. 5.2). Im zu beurteilenden Fall lasse sich die Beziehung des Beschwerdeführers zu seinem Hund, mit dem er seit drei Jahren zusammenlebe, unter die persönliche Freiheit gemäss Art. 10 Abs. 2 BV subsumieren. Die vom Veterinäramt angeordnete definitive Beschlagnahmung des Hundes bzw. dessen Umplatzierung halte indessen vor Art. 36 BV (Voraussetzungen für die Einschränkung von Grundrechten) stand (E. 5.3). Die Beschwerde sei abzuweisen.
Aargau, Verwaltungsgericht, 3. Kammer, 24.05.2023, WBE.2022.414
Schafe: Witterungsschutz
Mit Urteil vom 24.05.2023 (WBE.2022.414), Beschwerdeverfahren betreffend Tierschutz, erkannte das Verwaltungsgericht Aargau Nichteintreten auf die Beschwerde eines Schafhalters gegen das Nichtgewähren des gesetzlich vorgeschriebenen Witterungsschutzes für Auen und Lämmer gemäss Art. 36 Abs. 1 Tierschutzverordnung (TSchV) und Art. 6 Abs. 1 der Verordnung des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) über die Haltung von Nutztieren und Haustieren vom 27. August 2008. Das Verwaltungsgericht begründete dies mitunter, dass dem Beschwerdeführer in der massgebenden Dispositiv-Ziffer 1.1 des angefochtenen Entscheids keine neuen, über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehenden Pflichten auferlegt worden seien, weswegen offenkundig kein schutzwürdiges Interesse an der Beschwerdeführung vorliege (E. 5.3). Auch bezüglich seiner Beanstandung, die Feststellung der Witterungsverhältnisse in der fraglichen Nacht – es habe keine extreme Witterung im Sinne von Art. 36 Abs. 1 TSchV vorgelegen – sei inkorrekt, und seine Schafherde sei zu Unrecht nicht als Wanderschafherde betrachtet worden, wurde ein schutzwürdiges Interesse an der Beschwerdeführung verneint, weil sich diese Rüge der unrichtigen Sachverhaltsfeststellung und Rechtsverletzungen lediglich auf die Begründung des angefochtenen Entscheids beziehe und nicht auf das massgebende Entscheiddispositiv (E. 5.3).
Bern, Obergericht, 24.05.2023, BK 2022 467
Begriffe Tierhalter, Betreuer
Mit Beschluss vom 24.05.2023 (BK 2022 467) hiess das Obergericht Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen, eine Beschwerde gegen eine Nichtanhandnahmeverfügung der Regionalen Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland wegen Widerhandlungen gegen das Tierschutzgesetz (Art. 3 Bst. b, 4 Abs. 1 und 2, 6 Abs. 1 und 2, 26 Abs. 1 Bst. a, 28 Abs. 1 Bst a, 28 Abs. 3) gut. Dem Beschuldigten war vorgeworfen worden, zusammen mit seiner Lebenspartnerin im Zuge der Haltung von mindestens 48 Katzen im gemeinsamen Haushalt gegen das Tierschutzgesetz (TSchG) verstossen zu haben. Gegen die Lebenspartnerin war am 16. September 2022 ein Strafbefehl wegen des betreffenden Deliktes ergangen (mehrfache Begehung), der in Rechtskraft erwuchs. Die Staatsanwaltschaft hatte sich auf den Standpunkt gestellt, dass es sich bei dem Beschuldigten lediglich um eine Hilfsperson gehandelt habe, während die Lebenspartnerin die Hauptverantwortliche in der Tierhaltung gewesen sei (E. 3.). Das Obergericht äussert sich zu den Begriffen Tierhalter und -betreuer. Beide treffe die in der Tierschutzverordnung konkretisierten Pflichten, die insbesondere hinsichtlich der (Kranken-)pflege in den Grundzügen bereits in Art. 6 Abs. 1 TSchG enthalten seien. Nicht entscheidend sei, dass Art. 5 Abs. 2 der Tierschutzverordnung (TSchV) als Verantwortlichen für die Krankenpflege bloss den Halter nenne. Unter Berücksichtigung von Art. 6 Abs. 1 TSchG sei der Kreis derjenigen, welche für das Wohlergehen eines Tieres zu sorgen haben, auszulegen und erstreckt sich auch auf den Betreuer (E. 5.1 mit Hinweis auf die Urteile des Bundesgerichts 6B_660/2010 vom 8. Februar 2011 E. 1.2.2 f. und 6B_482/2015 vom 20. August 2015 E. 2.2). Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung bestünden konkrete Anhaltspunkte, dass der Beschuldigte Hinweise, dass er über die tatsächliche, auf Dauer angelegte Herrschaftsmacht hinsichtlich sämtlicher Tiere im gemeinsamen Haushalt verfügt hatte und sich ebenfalls der angezeigten Widerhandlungen gegen das Tierschutzgesetz strafbar gemacht habe. Es genüge, dass sich die Tiere in seiner Obhut befunden hätten und er als Betreuer für deren Wohlergehen hätte sorgen müssen. Der Umstand, dass die Lebenspartnerin angegeben hat, sie trage die alleinige Verantwortung, ändert daran nichts (E. 5.2).
Glarus, Verwaltungsgericht, 23.02.2023, VG.2022.00063 (VG.2023.1221)
Hundehaltung: Leinen- und Maulkorbpflicht
Mit Urteil vom 23.02.2023 (VG.2022.00063) bestätigte das Verwaltungsgericht Glarus die verfügte generelle Leinen- und Maulkorbpflicht des Amtes für Lebensmittelsicherheit und Tiergesundheit Graubünden (ALT). Wer einen Hund halte oder ausbilde, habe Vorkehrungen zu treffen, damit er Menschen und andere Tiere nicht gefährdet (E II/3.1). In casu hatte der Hund der Beschwerdeführerin mehrmals Menschen oder andere Hunde gebissen (E. II/5.1). Zur Gewährleistung einer stets kontrollierten sowie vorausschauenden Aufsicht und Führung des Hundes sei eine Leinenpflicht angezeigt. Dies unter anderem auch, weil sich die Beschwerdeführerin und ihr Partner gegenüber den angeordneten Massnahmen uneinsichtig zeigten (E. II/5.2). Da trotz Leinenpflicht nicht ausgeschlossen sei, dass der Hund bei unvorhersehbarem Verhalten von Drittpersonen zuschnappe oder beisse, sei zusätzlich eine Maulkorbpflicht im öffentlichen Raum notwendig (E. II/5.3). Eine Mitverantwortung von Personen im Kontakt mit (fremden) Hunden ohne Erlaubnis der Hundehalterin oder des Hundehalters ändere daran nichts (E. II/5.4).
Freiburg, Kantonsgericht, 21.02.2023, 601 2022 79 (aus dem Französischen)
Tierhaltung: Beschlagnahme und Verkauf von Tieren nach Nichteinhaltung des Haltungsverbots
Mit Urteil vom 21.02.2023 (601 2022 79) wies das Kantonsgericht Freiburg die Beschwerde gegen die Beschlagnahme und den Verkauf von Rindern nach Nichteinhaltung eines für fünf Jahre ausgesprochenen Haltungsverbots ab. Die Beschwerdeführerin machte geltend, die beschlagnahmten und verkauften Rinder seien aus rechtlicher Sicht Eigentum einer Firma und nicht direkt von ihr selbst. Dieses Argument, das von der Beschwerdeführerin und ihrem einzigen geschäftsführenden Gesellschafter in den verschiedenen Korrespondenzen immer wieder wiederholt wird, sei nicht relevant, so das Kantonsgericht, abgesehen davon, dass es daran erinnere, dass die Beschwerdeführerin, obwohl sie unter einem Berufsverbot stand, bewusst eine Gesellschaft gegründet habe, die ihr den Betrieb eines landwirtschaftlichen Unternehmens ermöglichte. Zwar wurde die Gesellschaft ursprünglich mit ihrer Tochter gegründet, diese zog sich jedoch im Januar 2020 zurück. Zum Zeitpunkt des massgeblichen Sachverhalts müsse daher festgestellt werden, dass die Gesellschaft nur die Beschwerdeführerin als (einzigen) Gesellschafter und Geschäftsführer hatte. Sie waren somit in Wirklichkeit ein und dieselbe Person. Das Gericht komme nicht umhin, hier einen offensichtlichen Rechtsmissbrauch seitens der Beschwerdeführerin zu sehen (E. 2.1.1). Fraglich sei, ob die Beschwerdeführerin sich – trotz des Tierhalteverbots – um Tiere gekümmert habe. Da für die mindestens 35 Rinder nur eine Hilfsperson eingestellt war, die sich während vier Stunden pro Tag um die Tiere kümmerte, sei davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin ebenfalls Tiere betreute (E. 2.1.2, 2.1.3).
Solothurn, Obergericht Beschwerdekammer, 15.02.2023, BKBES.2022.144
Verfahren gegen Tierklinik: Strafantrag einer Tierhalterin wegen Tierquälerei und Sachbeschädigung
Mit Beschluss vom 15.02.2023 (BKBES.2022.144) wies das Obergericht Solothurn, Beschwerdekammer, die Beschwerde einer Hundehalterin gegen die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Freiburg wegen Tierquälerei und Sachbeschädigung ab. Die Beschwerdeführerin hatte am 12. September 2022 Strafantrag gegen die Tierklinik – namentlich gegen zwei Ärzte – wegen Tierquälerei und Sachbeschädigung eingereicht. Sie warf den Ärzten vor, ihre Hündin nicht korrekt behandelt respektive nicht die nötigen Schritte eingeleitet zu haben, als sich ihr Gesundheitszustand nach einer Zahnoperation verschlechtert hatte. Die Hündin verstarb am 16. Februar 2022. Das Obergericht Solothurn befand, dass die Einstellung des Strafverfahrens durch die Staatsanwaltschaft nicht zu beanstanden sei. Die Beschwerdeführerin werfe den Beschuldigten ausdrücklich kein vorsätzliches Handeln vor, und fahrlässige Sachbeschädigung sei straflos (E. 3). Zum anderen wäre im Hauptverfahren aufgrund der Sachlage mit grösster Wahrscheinlichkeit ein Freispruch zu erwarten, weswegen sich die Weiterführung einer Strafuntersuchung gegen die Beschuldigten respektive gegen die behandelnden Ärzte der Tierklinik wegen fahrlässig begangener Tierquälerei nicht rechtfertige. Weitere Ermittlungsansätze seien ebenfalls nicht ersichtlich. (E. 4.1, 4.1, 5). Es handelt sich vorliegend in erster Linie um eine zivilrechtliche Angelegenheit.
Graubünden, Verwaltungsgericht 3. Kammer, 09.02.2023, U 2023 4
Hundehaltung: Hundehaltungsverbot
Mit Urteil vom 9. Februar 2023 (U 2023 4) bestätigte das Verwaltungsgericht Graubünden ein vom Amt für Lebensmittelsicherheit und Tiergesundheit Graubünden (ALT) verfügtes teilweises Hundehaltungsverbot gestützt auf gestützt auf Art. 23 Abs. 1 lit. b TSchG und Art. 66 Abs. 1 VetG, nachdem die Wahrung der elementaren Halterpflichten mit den zuvor angeordneten, milderen Massnahmen als dem unbefristeten Halteverbot für einen Border Collie-Mischling nicht hinreichend sichergestellt werden konnten. So führten weder die (teilweise) absolvierten Hundekurse noch die Leinen- und Maulkorbpflicht dazu, dass weitere (Beiss-)Vorfälle zum Schaden von Drittpersonen hätten vermieden werden können (E. II/6.2). Das teilweise Hundehalteverbot – der körperlich eingeschränkten Beschwerdeführerin wurde im Sinne des Verhältnismässigkeitsprinzips weiterhin die Haltung eines adulten Hundes mit einem Körpergewicht von maximal 10 kg und einem Stockmass von nicht mehr als 40 cm weiterhin gestattet – erscheine sowohl als geeignet als auch als erforderlich, um die öffentliche Sicherheit und die Einhaltung der Tierschutzgesetzgebung zur Sicherung des Tierwohls zu gewährleisten, so das Verwaltungsgericht (E. II/6.2).
Zürich, Verwaltungsgericht, 15.12.2022, VB.2022.00586
Hundehaltung: Definitive Beschlagnahmung eines Hundes
Mit Urteil vom 15.12.2022 (VB.2022.00586) bestätigte das kantonale Verwaltungsgericht Zürich die definitive Beschlagnahmung eines Hundes. Für den heute verhaltensauffälligen und ängstlichen Hund sei es völlig irrelevant, aus welchen Beweggründen der Beschwerdeführer Fehler in der Erziehung gemacht habe. Allfällige Überforderung sei kein Entschuldigungsgrund für eine tierschutzwidrige Hundehaltung; gerade als Ersthundehalter hätte dies eher zur Erkenntnis führen müssen, der anspruchsvollen Aufgabe der Haltung und Erziehung eines jungen Molossers nicht gewachsen zu sein, und diesen im Sinne des Tierwohls allenfalls auch unaufgefordert in bessere Hände zu übergeben (E. 3.3). Die dem Beschwerdeführer vorgeworfene übermässige Härte in der Erziehung seines Hundes im Sinn von Art. 73 Abs. 2 lit. c TSchV wie auch die Verletzung der Pflicht, den Hund so zu halten und auszubilden, dass er Menschen und Tiere nicht gefährdet (Art. 77 TSchV), seien zweifellos erstellt. Es bestehe ein grosses öffentliches Interesse daran, dass der Hund dem Beschwerdeführer zur Verhinderung einer Gefahr für Menschen und Tiere entzogen bleibe (E. 3.5). Auch die Verhältnismässigkeit der definitiven Beschlagnahmung sei zu bejahen, weil nur mit der definitiven Beschlagnahmung des Hundes verhindert werden könne, dass der Hund erneut in eine tierschutzrelevante Situation gerate, in seiner Anpassungsfähigkeit überfordert werde und es allenfalls auch zu einem Beissvorfall mit einem der Kinder des Beschwerdeführers kommen könnte (E. 4.3).
Zürich, Verwaltungsgericht, 24.11.2022, VB.2021.00276
Tierversuch: Verbot eines Tierversuchs mit Schweregrad 3
Mit Urteil vom 24.11.2022 (VB.2021.00276) hiess das kantonale Verwaltungsgericht Zürich eine Beschwerde von vier Mitgliedern der kantonalen Tierversuchskommission gut und untersagte einen Tierversuch des Schweregrades 3 (höchstbelastende Versuche) mit Zebrafinken zur Erforschung neuronaler Vorgänge des Vogelgesangs. Die Vorinstanz hatte – wie zuvor schon die kantonale Tierversuchskommission und das Veterinäramt – den Forschungsnutzen gestützt auf den Erkenntnisgewinn eines Gesamtprojektes beurteilt. Dadurch werde der wissenschaftliche Nutzen, der aus einer Kette von Tierversuchen resultiere, in unzulässiger Weise dem Tierleid gegenübergestellt, das allein mit dem streitbetroffenen Versuch verbunden sei, so das Verwaltungsgericht. M.a.W. hätte die Belastung der Tiere lediglich zum Erkenntnisgewinn aus den konkreten Versuchen, nicht dem Gesamtprojekt ins Verhältnis gesetzt werden dürfen (E. 11.5.3). Es fehlen konkrete Erwartungen an eine spätere klinische Verwertbarkeit der Erkenntnisse, so das Verwaltungsgericht weiter (E. 11.5.4). Den zulässigen Tierversuchszielen komme unterschiedliches Gewicht zu (E. 11.1). Für Versuche mit sehr schwerer Belastung der Versuchstiere im Bereich der Grundlagenforschung sei die Schwelle sehr hoch anzusetzen (E. 11.5.1). Das Verwaltungsgericht kam zum Schluss, dass der wissenschaftliche Nutzen der Tierversuche zu hoch gewichtet wurde (E. 11.6), womit das Tierschutzinteresse überwiege (E. 12). Daher erweise sich der geplante Tierversuch i.S.v. Art. 19 Abs. 4 TSchG als unzulässig. Offengelassen wurde, ob die Vorinstanz zu Recht einen tiefgreifenden Eingriff ins Erscheinungsbild der Tiere verneinte (E. 10.3).