Grundlagenforschung, Tierversuche und Tierschutzrecht: Eine Auslegeordnung
Abstract
Keywords
Tierversuche, Grundlagenforschung, Güterabwägung, Unerlässlichkeit, Tierversuchsbewilligungspraxis
Empfohlene Zitierweise:
Kunz, Devon (2025). Grundlagenforschung, Tierversuche und Tierschutzrecht: Eine Auslegeordnung. Journal of Animal Law, Ethics and One Health (LEOH), 1-47. DOI: 10.58590/leoh.2025.004
* BLaw, Universität Zürich, Schweiz; Aufsatz basiert auf einer Masterarbeit, die im Rahmen des Seminars im Tierrecht (Herbstsemester 2024) bei Prof. Dr. iur. Margot Michel verfasst wurde
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Voraussetzungen für Tierversuche nach schweizerischem Recht
- 1. Einteilung nach Schweregraden
- a) Nicht-belastende Tierversuche
- b) Belastende Tierversuche
- c) Fehlende Berücksichtigung nicht-pathozentrischer Gesichtspunkte
- d) Keine Belastung bei der Tötung von Versuchstieren?
- 2. Instrumentale Unerlässlichkeit
- 3. Finale Unerlässlichkeit: Güterabwägung
- 4. Unerlässlichkeit bei Tierversuchen zur Grundlagenforschung
- III. Aktuelle Diskussionen
- IV. Fazit
- V. Literaturverzeichnis
- VI. Materialienverzeichnis
- VII. Abkürzungsverzeichnis
I. Einleitung
1. Hintergrund
Die Verwendung von Tieren für wissenschaftliche Experimente hat eine lange Geschichte, die bis in die Antike zurückreicht,[1] und ging praktisch von Beginn an mit Diskussionen über deren ethische Vertretbarkeit einher.[2] Besonders im Verlauf des 19. Jahrhunderts, als die Anzahl der Tierversuche stark zunahm,[3] gewann auch die Bewegung der Tierversuchsgegner zunehmend an Bedeutung.[4] Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurden in England, Deutschland und Österreich erste tierversuchsrechtliche Bestimmungen eingeführt.[5] In der Schweiz erhielt der Bund durch die Volksabstimmung vom 2. Dezember 1973 in Art. 25bis lit. d der Bundesverfassung von 1974 ausdrücklich die Gesetzgebungsbefugnis für Eingriffe und Versuche am lebenden Tier.[6] Heute hat sich die Forschung mit Tieren zu einer bedeutenden Industrie entwickelt.[7] Im Jahr 2023 wurden in der Schweiz rund 595'000 Tiere für Tierversuche verwendet,[8] wobei mit einem Anteil von etwa 55 Prozent die Grundlagenforschung den mit Abstand grössten Einsatzbereich ausmachte.[9] Von den insgesamt rund 3'300 eingereichten Bewilligungsgesuchen wurden lediglich vier von den zuständigen kantonalen Behörden abgelehnt,[10] obwohl Tierversuche in der Schweiz gemäss dem BLV «sehr streng geregelt» seien.[11]
Ziel dieses Aufsatzes ist es, nach allgemeinen Ausführungen zu den Begriffen des Tierversuchs und der Grundlagenforschung (I. 2.) die Voraussetzungen für Tierversuche nach schweizerischem Recht darzulegen (II.), wobei drei wegweisende Gerichtsurteile – BGE 135 II 384, BGE 135 II 405 und VB.2021.00276[12] – berücksichtigt werden. Ferner wird auf die Besonderheiten im Umgang mit Tierversuchen zur Grundlagenforschung eingegangen (II. 4.), und abschliessend werden aktuelle Diskussionen zur Thematik der Tierversuche beleuchtet (III.).
2. Begriff des Tierversuchs und der Grundlagenforschung
Als Tierversuch gilt gemäss Art. 3 lit. c TSchG jede Massnahme, bei der lebende Tiere verwendet werden mit dem Ziel, eine wissenschaftliche Annahme zu prüfen (Ziff. 1), die Wirkung einer bestimmten Massnahme am Tier festzustellen (Ziff. 2), einen Stoff zu prüfen (Ziff. 3), Zellen, Organe oder Körperflüssigkeiten zu gewinnen oder zu prüfen (Ziff. 4),[13] artfremde Organismen zu erhalten oder zu vermehren (Ziff. 5) oder der Lehre sowie der Aus- und Weiterbildung zu dienen (Ziff. 6). Der Begriff des Tierversuchs ist also weitreichend und bedingt nicht, dass Tiere in irgendeiner Form einen Schaden erleiden.[14] Durchgeführt werden Tierversuche einerseits im Bereich der Produktesicherheit sowie im Rahmen der Lehre an Hochschulen und Spitälern und andererseits in der Forschung und Entwicklung, in Form der angewandten Forschung oder Grundlagenforschung.[15]
Der Begriff der Grundlagenforschung wird auf Bundesebene ausschliesslich[16] in Art. 2 lit. a Ziff. 1 FIFG definiert als Forschung, deren primäres Ziel der Erkenntnisgewinn ist. In der Lehre wird zum Teil vertreten, Grundlagenforschung beschreibe allgemein eine «zweckfreie, nicht auf unmittelbare praktische Anwendung hin betriebene Forschung, die sich mit den Grundlagen einer Wissenschaft oder Ähnlichem» beschäftige.[17] Grundlagenforschung ist jedoch nicht zweckfrei, da auch wissenschaftlicher Erkenntnisgewinn einen Zweck darstellt.[18] Unter Berücksichtigung vorstehender Ausführungen ist Grundlagenforschung als Forschung zu verstehen, die keine unmittelbare praktische Anwendung bezweckt, sondern primär auf grundlegende wissenschaftliche Erkenntnisgewinne abzielt.[19] Sie ist darauf ausgerichtet, allgemeine Phänomene, Zusammenhänge oder wissenschaftliche Gesetzmässigkeiten zu ergründen, welche dann als Grundlage für eine später spezifische Anwendung oder für weitere (anwendungsorientierte) Forschung nützlich sein können.[20] Im Gegensatz dazu ist angewandte Forschung als Forschung zu verstehen, deren primäres Ziel unmittelbare Beiträge für praxisbezogene Problemlösungen sind (vgl. Art. 2 lit. a Ziff. 2 FIFG).[21] Das Bundesgericht weist darauf hin, dass ausserdem zwischen reiner Grundlagenforschung und angewandter bzw. anwendungsorientierter Grundlagenforschung unterschieden werden könne, wobei Letztere darauf abziele, eine wissenschaftliche Grundlage für weiterführende Forschung zu schaffen.[22] Massgebend für die Klassifizierung ist der Primärzweck des konkreten Versuches, wohingegen damit verbundene Fernziele auszublenden sind.[23] Die Forschungszweige lassen sich jedoch nicht immer scharf voneinander abgrenzen.[24]
II. Voraussetzungen für Tierversuche nach schweizerischem Recht
Die Durchführung von Tierversuchen setzt in der Schweiz eine Bewilligung der zuständigen kantonalen Behörde voraus (Art. 18 Abs. 1 TSchG). Vom Geltungsbereich der Bewilligungsvoraussetzungen erfasst sind Tierversuche mit Wirbeltieren, Panzerkrebsen und Kopffüssern, Säugetieren, Vögeln und Kriechtieren im letzten Drittel der Entwicklungszeit vor der Geburt oder dem Schlüpfen sowie mit Larvenstadien von Fischen und Lurchen, die frei Futter aufnehmen (Art. 112 TSchV). Eine Bewilligung ist erforderlich, unabhängig von der Art des Versuchsvorhabens und dem Mass der in Aussicht stehenden Belastungen für die Versuchstiere.[25]
1. Einteilung nach Schweregraden
Die Belastungen von Tieren im Rahmen von Tierversuchen werden in der schweizerischen Bewilligungspraxis seit 1985 in vier Schweregrade eingeteilt.[26] Als Orientierungshilfe dient die Fachinformation des BLV zur Beurteilung des Schweregrades,[27] welche objektivierbare Kriterien erstellt und damit zu einer Vereinheitlichung der Bewilligungspraxis beiträgt.[28] Massgebend für die Ermittlung des Schweregrades ist die schwerwiegendste Belastung innerhalb des Versuchs.[29] Eine erhöhte Belastung kann indes auch entstehen, wenn mehrere minder einschneidende Massnahmen gleichzeitig oder innert kurzer Zeit erfolgen oder über eine lange Zeit andauern.[30] Ferner ist auch die spezifische Leidensfähigkeit bestimmter Tierarten bei der Belastungseinteilung zu berücksichtigen.[31]
a) Nicht-belastende Tierversuche
Vom Schweregrad 0 erfasst sind Tierversuche ohne Belastung für die Versuchstiere (Art. 24 lit. a TVV).[32] Darunter fallen Eingriffe und Massnahmen zu Versuchszwecken, die keine Schmerzen, Leiden oder Schäden bei den Tieren herbeiführen und sie weder in Angst versetzen noch ihr Allgemeinbefinden beeinträchtigen.[33] Als Beispiele werden in der Richtlinie des BLV etwa das ausschliessliche Beobachten der Tiere oder die einmalige Injektion kleiner Stoffmengen genannt.[34]
Die materiellen Bewilligungsvoraussetzungen für nicht belastende Tierversuche ergeben sich aus Art. 140 Abs. 2 i.V.m. Art. 140 Abs. 1 lit. e bis i TSchV. Demgemäss müssen insbesondere die Anforderungen an die Haltung, den Umgang, die Räumlichkeiten, die Herkunft der Tiere, die Institutionen und Laboratorien sowie die personellen Anforderungen erfüllt sein. Eine umfassende Güterabwägung zur Prüfung der ethischen Vertretbarkeit i.S.v. Art. 140 Abs. 1 lit. e TSchV i.V.m. Art. 19 Abs. 4 TSchG ist nicht vorgesehen, jedoch muss das Bewilligungsgesuch gem. Art. 30 lit. n TVV trotzdem eine Güterabwägung enthalten, in welcher die erwartete Belastung für die Versuchstiere und der Nutzen des Versuchsvorhabens gegeneinander abgewogen werden.[35] Diese ist vom Gesuchsteller durchzuführen und wird von der Behörde nur auf ihre Plausibilität überprüft.[36] In der Lehre wird kritisiert, dass es sich bei einer Güterabwägung, welche von der Gesuchstellerin selbst vorgenommen wird, kaum um eine neutrale Bewertung handeln kann.[37] Ausserdem scheint die Voraussetzung einer Güterabwägung m.E. per se widersprüchlich, da Tierversuche mit Schweregrad 0 definitionsgemäss keine Belastung für die Versuchstiere bewirken sollten.[38]
b) Belastende Tierversuche
Tierversuche ab Schweregrad 1 gelten als belastend (Art. 24 lit. b TVV).[39] Der Schweregrad 1 erfasst Tierversuche mit leichter Belastung, also Eingriffe und Massnahmen, die kurzfristig leichte Schmerzen oder Schäden oder eine leichte Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens bewirken (Art. 24 lit. b TVV).[40] Beispiele sind etwa Hautbiopsien oder Tätowierungen.[41] Schweregrad 2 steht für mittlere Belastungen und umfasst Eingriffe oder Massnahmen, welche kurzfristige mittelgradige oder mittel- bis langfristige leichte Schmerzen, Leiden oder Schäden, eine kurzfristige mittelgradige Angst oder eine kurz- bis mittelfristige schwere Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens bewirken (Art. 24 lit. c TVV).[42] Als Beispiele werden etwa Kastrationen oder Isolationshaltung mit sensorischer Deprivation während höchstens 7 Tagen genannt.[43] Schweregrad 3 erfasst schwere Belastungen, also Eingriffe oder Massnahmen, welche mittel- bis langfristige mittelgradige Schmerzen oder schwere Schmerzen, langfristiges mittelgradiges bis schweres Leiden, mittel- bis langfristige mittelgradige Schäden oder schwere Schäden, langfristige schwere Angst oder eine schwere Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens bewirken (Art. 24 lit. d TVV).[44] Beispiele sind etwa Gelenktransplantationen oder Futterentzug während mehr als 48 Stunden bei adulten Ratten.[45]
Belastende Tierversuche sind auf das unerlässliche Mass zu beschränken (Art. 17 TSchG und Art. 140 Abs. 1 lit. a TSchV), müssen verhältnismässig sein (Art. 140 Abs. 1 lit. b TSchV i.V.m. Art. 19 Abs. 4 TSchG), dürfen keinen unzulässigen Versuchszweck anstreben (Art. 140 Abs. 1 lit. c i.V.m. Art. 138 TSchV), müssen geeignete Überwachungs- und Abbruchkriterien sowie belastungsmindernde Massnahmen festgelegt haben (Art. 140 Abs. 1 lit. d TSchV) und die Anforderungen nach Art. 140 Abs. 1 lit. e bis i[46] einhalten.[47]
c) Fehlende Berücksichtigung nicht-pathozentrischer Gesichtspunkte
Bei der Beurteilung von Belastungen für die Versuchstiere wird zwischen pathozentrischen und nicht-pathozentrischen Kriterien unterschieden. Pathozentrisch sind Belastungen, die an der subjektiven Empfindung und Erfahrung der betroffenen Tiere anknüpfen,[48] also Schmerzen, Leiden, Schäden und Angst.[49] Nicht-pathozentrische Belastungen hingegen sind solche, die vom Tier nicht direkt als Belastung empfunden werden, insbesondere übermässige Instrumentalisierung, Erniedrigung und tiefgreifende Eingriffe in dessen Erscheinungsbild oder Fähigkeiten.[50] Für die Einteilung nach Schweregraden werden ausschliesslich pathozentrische Gesichtspunkte berücksichtigt,[51] während die nicht-pathozentrischen Belastungen gemäss Art. 26 TVV erst für die Güterabwägung nach Art. 19 Abs. 4 TSchG herangezogen werden.[52]
d) Keine Belastung bei der Tötung von Versuchstieren?
Die schweizerische Tiergesetzgebung schützt zwar die Würde und das Wohlergehen der Tiere, nicht jedoch deren Leben (Art. 1 TSchG e contrario).[53] Sofern die rechtlichen Rahmenbedingungen, insbesondere des Artenschutzrechts und des Tatbestandes der Tierquälerei (Art. 26 TSchG), eingehalten werden, dürfen Tiere auch ohne vernünftigen Grund getötet werden.[54] Ein Grossteil der Lehre kritisiert dies und argumentiert für einen allgemeinen Lebensschutz und mithin eine Rechtfertigungsbedürftigkeit der Tötung von Tieren.[55] Begründet wird dies damit, dass eine grundlose Auslöschung des tierischen Lebens nicht mit dem Schutz der Tierwürde vereinbar sei.[56] Auch die «zwar nicht rechtsverbindlichen, doch aber allgemein anerkannten»[57] Ethischen Grundsätze und Richtlinien für Tierversuche der Akademien der Wissenschaften Schweiz verpflichten zur «Ehrfurcht vor dem Leben» der Tiere.[58] Gleichwohl wird die Tötung von Versuchstieren unter aktueller Rechtslage nicht als belastend eingestuft (Art. 136 Abs. 1 TSchV e contrario).[59] Dabei ist nur schon fraglich, ob die Tötung selbst belastungsfrei ist, da bereits die Vorbereitungshandlungen in der Regel Angst und Stress bei den Versuchstieren verursachen.[60] In der Praxis stellt die Tötung der Labortiere am Ende des Versuchsvorhabens dennoch den Regelfall dar.[61]
Deutlich zeigt sich der grosse Verbrauch von Tierleben auch im Umgang mit überzähligen Versuchstieren. So wurden von den im Jahr 2023 rund 1.2 Millionen gezüchteten oder importierten Versuchstieren nur rund 595'000 in Tierversuchen eingesetzt.[62] Die verbliebenen rund 615'000 Tiere wurden zum Grossteil «euthanasiert»[63].[64] Diese Praxis beschränkt sich nicht nur auf die Schweiz. In der EU wurden zum Beispiel im Jahr 2017 rund 12,6 Millionen nicht in Verfahren verwendete Versuchstiere getötet.[65]
2. Instrumentale Unerlässlichkeit
a) Systematik der Unerlässlichkeitsprüfung
Es herrscht weitgehend Konsens darüber, dass Tierversuche, wenn möglich, zu vermeiden sind.[66] Die Verwendung von Tieren in Tierversuchen wird jedoch vom Gesetzgeber als notwendiges Übel erachtet, welches durch den gesetzlichen Rahmen zu begrenzen ist.[67] Belastende Tierversuche werden daher nur bewilligt, wenn sie auf das unerlässliche Mass beschränkt sind (Art. 17 TSchG und Art. 140 Abs. 1 lit. a TSchV). Dabei wird zwischen der finalen und der instrumentalen Unerlässlichkeit unterschieden, wobei die finale Unerlässlichkeit die Unentbehrlichkeit des mit dem Versuch verfolgten Zwecks bezeichnet,[68] welche im Rahmen der Güterabwägung zu beurteilen ist.[69] Die instrumentale Unerlässlichkeit hingegen bezeichnet die methodische Notwendigkeit des Versuchs zur Erreichung des konkreten Zwecks.[70] Sie setzt voraus, dass das Vorhaben geeignet und erforderlich ist, das Versuchsziel zu erreichen.[71]
b) Eignung
Art. 137 Abs. 3 TSchV schreibt vor, dass die angewandten Methoden unter Berücksichtigung des neusten Standes der Kenntnisse geeignet sein müssen, das Versuchsziel zu erreichen. Die Eignung hängt also davon ab, wie aussagekräftig, mithin reproduzierbar und verallgemeinerbar, die voraussichtlichen Versuchsergebnisse sein werden und wie umfassend sie die Fragestellung beantworten.[72] Je höher die wissenschaftliche Aussagekraft eines Versuchs, desto eher lassen sich zusätzliche Tierversuche vermeiden.[73] Zu berücksichtigen sind nicht nur der Tierversuch an sich, sondern auch die spezifische Versuchsplanung, die einzelnen Massnahmen, die Art der Messungen und die Methode der Auswertung der Ergebnisse.[74] Bestehen Zweifel an der Eignung des Versuchs, ist dieser nicht automatisch unzulässig.[75] Jedoch muss auf der Ebene der Erforderlichkeit für alternative Massnahmen ebenfalls eine geringere Erfolgschance als ausreichend gelten,[76] und in der Güterabwägung ist der Eingriffsnutzen entsprechend weniger stark zu gewichten.[77]
Generell wird die Übertragbarkeit von Ergebnissen aus Tierversuchen auf den Menschen und damit ihre Eignung als Forschungsmittel heute in der theoretischen Diskussion zunehmend in Frage gestellt.[78] Gegner von Tierversuchen weisen in diesem Zusammenhang etwa auf die physiologischen Unterschiede zwischen Mensch und Tier hin.[79] Gleichwohl existieren auch fundamentale biologische Ähnlichkeiten zwischen Lebewesen verschiedenster Spezies.[80] Es liegt in der Natur der Sache, dass die Übertragbarkeit der Befunde im Einzelfall oft nicht vorhersehbar ist.[81] Dabei ist auch zu beachten, dass die Erhaltung oder der Schutz des Lebens und der Gesundheit des Menschen gemäss Art. 137 Abs. 1 TSchV nur eines von mehreren zulässigen Versuchszielen ist.[82] In der Bewilligungspraxis wird die Übertragbarkeit indes grundsätzlich nicht thematisiert, denn die Tierversuchskommissionen beschränken sich üblicherweise auf die Prüfung der Eignung zur Erreichung des Versuchszwecks.[83]
c) Erforderlichkeit
Art. 20 Abs. 1 TSchG schreibt vor, dass einem Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden nur zugefügt werden dürfen bzw. das Tier nur in Angst versetzt werden darf, soweit dies für den Zweck des Tierversuchs unvermeidlich ist. Die Erforderlichkeit setzt demnach voraus, dass das Versuchsziel nicht mit einer milderen Massnahme erreicht werden kann, die mit geringeren oder gar keinen Belastungen für die Versuchstiere einhergeht.[84] Es geht dabei um die Umsetzung des 3R-Prinzips[85], welches anstrebt, Tierversuche zu ersetzen (replacement), zu reduzieren (reduction) und zu verbessern (refinement).[86]
Replacement setzt voraus, dass das Versuchsziel mit Verfahren ohne Tierversuche, die nach dem Stand der Kenntnisse tauglich sind, nicht erreicht werden kann (Art. 137 Abs. 2 TSchV). Als Alternativen kommen etwa Versuche an Menschen, Computersimulationen oder Zellkulturen in Betracht.[87] Auch die Möglichkeit der Verwendung von – nach heutigem Kenntnisstand – nicht-empfindungsfähigen Tieren[88] oder von Gewebe getöteter Tiere[89] ist zu berücksichtigen.[90] Die Gesuchstellerin muss nachweisen, dass sie in den gängigen Datenpools, Datenbanken und Zeitschriften ausführlich nach Alternativen recherchiert hat.[91] Ferner ist vorausgesetzt, dass der angestrebte Erkenntnisgewinn nach dem aktuellen Wissensstand noch nicht ausreichend bekannt bzw. wissenschaftlich belegt ist.[92] Die Umsetzung der Ersetzung von Tierversuchen erweist sich in der Praxis als problematisch, da die Entwicklung von Alternativmethoden teuer und aufwendig ist.[93]
Reduction setzt voraus, dass die Menge an Versuchstieren auf die kleinstmögliche Anzahl reduziert wird (Art. 137 Abs. 4 lit. a TSchV), mit der das Versuchsvorhaben noch sinnvoll durchgeführt werden kann und aussagekräftige und reproduzierbare Ergebnisse erzielt werden können.[94] Dies beinhaltet die Erstellung einer geeigneten Versuchsplanung sowie die Vermeidung überzähliger Versuchstiere.[95]
Refinement setzt voraus, dass der Versuch und die Versuchsumgebung so arrangiert sind, dass die Belastung der Tiere so gering wie möglich ist (Art. 137 Abs. 4 lit. a TSchV) und ihr Wohlergehen bestmöglich gefördert wird.[96] Dies erfordert, dass die Tiere artgerecht untergebracht und gefüttert werden, an das Personal und die Versuchsabläufe gewöhnt werden, die Eingriffe und Manipulationen an ihnen möglichst schonend erfolgen sowie eine gute tierärztliche Betreuung und entweder eine Weitervermittlung oder schonende Tötung im Anschluss an den Versuch gewährleistet sind.[97] Insbesondere ist eine artenspezifisch geeignete Anästhesie oder Analgesie[98] sicherzustellen, um Schmerzen zu verhindern oder zu minimieren.[99] Die Belastungen müssen nicht nur während, sondern auch vor und nach der Versuchsdurchführung auf ein Minimum reduziert werden.[100] Zur Verbesserung ist weiter vorgeschrieben, dass die zweckmässigsten Verfahren zur Auswertung der Versuchsergebnisse sowie dem aktuellen Wissensstand entsprechende statistische Verfahren angewendet werden müssen (Art. 137 Abs. 4 lit. b TSchV).[101] Ferner müssen die einzelnen Teile des Versuchs zeitlich gezielt gestaffelt werden (Art. 137 Abs. 4 lit. c TSchV), um die Belastung der Tiere auf ein Minimum zu reduzieren.[102]
Im Rahmen des Refinements ist überdies vorausgesetzt, dass geeignete Abbruchkriterien festgelegt sind (Art. 140 Abs. 1 lit. d TSchV).[103] Dabei handelt es sich um vor Versuchsbeginn festgelegte Ereignisse oder Symptome, bei deren Auftreten ein Tier aus dem Versuch genommen und allenfalls (schmerzfrei und so rasch wie möglich)[104] getötet werden muss (Art. 2 Abs. 3 lit. mter Ziff. 2 TSchV). Dadurch soll vermieden werden, dass die Versuchstiere unnötigen, starken oder langandauernden Belastungen ausgesetzt sind.[105] Als Abbruchkriterien gelten etwa massiver Gewichtsverlust, Selbstverstümmelung, blutige, unheilbare Wunden, ulzerierende Krebswunden, schwere Atemstörungen oder schweres Erbrechen, wobei regelmässig mehrere dieser Symptome gleichzeitig auftreten müssen, damit das Tier aus dem Versuch genommen wird.[106] Während ein Teil der Lehre einen späten Abbruch kritisch betrachtet,[107] vertritt ein anderer Teil der Lehre die Ansicht, dass ein zu früher Abbruch in einer ungerechtfertigten Verschwendung von Versuchstieren resultiere, da diesen Schmerz oder Leid zugefügt worden sei, ohne einen Erkenntnisgewinn zu erzielen.[108] Da jedoch das Versuchsziel nur in Ausnahmefällen einen späten Abbruch erfordert,[109] sollte m.E. ein Erkenntnisgewinn im Regelfall bereits erzielt werden können, bevor die Belastungsschwelle der Abbruchkriterien erreicht ist.
Zur Erforderlichkeit gehört auch, evolutiv möglichst niedrigstehende Tierarten für den Versuch zu verwenden.[110] Versuche an evolutiv höherstehenden Tierarten dürfen nur durchgeführt werden, wenn der Zweck nicht mit evolutiv niedriger stehenden Tierarten erreicht werden kann (Art. 20 Abs. 2 TSchG). Dabei ist die Hierarchie auch innerhalb der Klasse der Säugetiere zu beachten.[111] Die Einstufung von Tieren als evolutiv höher oder niedriger ist jedoch aus wissenschaftlicher und tierethischer Perspektive problematisch, da den Tieren regelmässig ohne wissenschaftliche Grundlage ein unterschiedlicher Wert zugeschrieben wird.[112] Die Beurteilung aus menschlicher Perspektive birgt die Tendenz, Haustiere wie Hunde und Katzen als höher einzustufen als etwa Ratten und Schweine, obwohl diese erwiesenermassen zu ausserordentlichen kognitiven Leistungen fähig sind.[113] Einleuchtend ist daher die Empfehlung der KTVE, das Kriterium der niederen evolutiven Stellung als weniger empfindungsfähig bzw. durch den geplanten Versuch weniger belastet auszulegen.[114] Es sollte demnach die Tierart gewählt werden, bei der angenommen wird, dass sie durch die konkreten Massnahmen innerhalb des Versuchs am wenigsten leidet.[115]
Ergibt die Prüfung der Erforderlichkeit, dass geeignete weniger belastende Alternativmethoden zur Verfügung stehen, welche jedoch mit erhöhtem Aufwand oder erhöhten Kosten verbunden sind, stellt sich die Frage, ob diese in jedem Fall dem ursprünglich geplanten Vorhaben vorgezogen werden müssen.[116] Gemäss BLV ist unter diesen Umständen zu prüfen, ob der Mehraufwand der Gesuchstellerin zumutbar ist, wobei dieser umso mehr Aufwand zugemutet werden kann, je höher die Belastung der Tiere in der ursprünglich geplanten Versuchskonstellation ist.[117] In der Lehre wird ausserdem vertreten, dass auch Alternativverfahren in Betracht gezogen werden müssten, die nicht den vollen Erfolg garantieren könnten, solange sie den Versuchszweck wesentlich förderten.[118]
3. Finale Unerlässlichkeit: Güterabwägung
Ergibt die Prüfung der Eignung und Erforderlichkeit, dass der geplante Versuch instrumental unerlässlich ist, muss sodann die Angemessenheit des Forschungsvorhabens im Rahmen der finalen Unerlässlichkeit geprüft werden.[119] Ein Tierversuch wird gemäss Art. 140 Abs. 1 lit. b TSchV bewilligt, wenn sich aus der Güterabwägung nach Art. 19 Abs. 4 TSchG die Zulässigkeit des Versuchs ergibt. Demgemäss ist ein Tierversuch unzulässig, wenn er gemessen am erwarteten Erkenntnisgewinn dem Tier unverhältnismässige Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügt oder es in unverhältnismässige Angst versetzt.[120] Es sind also die betroffenen Interessen und Güter – der Erkenntnisgewinn oder das Ergebnis des Versuchs auf der einen und die Tierschmerzen, -schäden, -leiden auf der anderen Seite – zu ermitteln und gegeneinander abzuwägen,[121] wobei weder das Forschungsinteresse noch der Tierschutz Vorrang haben, sondern beide gleichrangig sind.[122] Je höher die Belastungen der Tiere, desto schwerer müssen allerdings die Interessen am Tierversuch wiegen, um diese zu rechtfertigen.[123] Auf beiden Seiten gilt, dass sich das Gewicht der jeweiligen Interessen aus zwei Dimensionen konstituiert: Aufgrund der Qualität bzw. des Wertes des betroffenen Interesses ergibt sich ein zunächst abstraktes Gewicht, welches sodann durch die Intensität der Einschränkung konkretisiert wird.[124] Im Ergebnis handelt es sich bei der Güterabwägung allerdings um ein normatives Verfahren, das ein moralisches Urteil aufgrund nicht quantifizierbarer Kriterien erfordert und daher dem Urteilenden einen gewissen Ermessensspielraum einräumt.[125]
a) Schwierigkeiten in der Belastungsbeurteilung
Grundlage zur Beurteilung der Schadenseite sind die Belastungskriterien gemäss Würde-Definition nach Art. 3 lit. a Satz 3 TSchG.[126] Dieser zufolge liegt eine Belastung des Tieres vor, wenn diesem insbesondere Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden, es in Angst versetzt oder erniedrigt wird, wenn tiefgreifend in sein Erscheinungsbild oder seine Fähigkeiten eingegriffen oder es übermässig instrumentalisiert wird. Neben den Belastungen während der Versuchsausführung sind auch alle Belastungen in der Vor- und Nachbereitung des Versuchs zu berücksichtigen.[127]
Die pathozentrischen Belastungen des Tierversuchs werden, wie bereits oben erwähnt, anhand von Art. 24 und 25 TVV und mithilfe der Fachinformation des BLV in vier Schweregrade unterteilt.[128] In der Güterabwägung ist gemäss BLV in Anlehnung an die Schweregradeinteilung eine dreistufige Belastungsgewichtung in leicht/gering, mittel/erheblich oder schwer vorzunehmen.[129] Die Einteilung nach Schweregraden bzw. die Belastungsgewichtung bergen das Problem, dass innerhalb der rigiden Kategorisierung keine feinere Abstufung möglich ist und die Stufen daher eine grosse Belastungsspannweite aufweisen.[130] Die verschiedenen Belastungsarten, wie etwa Schmerzen, Angst und Stress, lassen sich aus menschlicher Perspektive nur schwer objektivieren, da äusserlich wahrnehmbare Reaktionen von Tieren von verschiedenen Faktoren ausgelöst werden können.[131] Ausserdem hängt die Einschätzung der Intensität stark von der Beobachtungsgabe und dem subjektiven Ermessen des Beobachters sowie vom Verhalten der Tiere selbst ab.[132] So zeigen etwa die Maus als typisches Beutetier und ebenso der Vogel Anzeichen von Schwäche, Schmerz, Krankheit oder körperlicher Einschränkungen nur subtil oder verzögert, um vor potenziellen Feinden zu verbergen, dass sie einfach zu fangende Beute sind.[133] Dies führt dazu, dass gesundheitliche Beeinträchtigungen von Labormäusen bei einer Kontrolle durch den Examinator oft nicht erkannt werden.[134] Generell mangelt es an differenzierten Untersuchungen über die Auswirkungen von Versuchshandlungen auf das Wohlbefinden der Tiere, was bedeutet, dass die Einschätzung der Belastungen in den meisten Fällen in Analogie zum Menschen durchgeführt wird.[135] Zudem besteht grundsätzlich die Gefahr, dass in der Praxis aufgrund der Einbettung der tierischen Würde in eine auf den Menschen gerichtete Rechtsordnung die menschlichen Interessen von vornherein höher gewichtet werden als die tierischen.[136]
Liegen mehrere Belastungen vor, könnten diese gemäss den Erläuterungen des BLV nicht zu einer Gesamtsumme addiert werden, sondern es sei für die Gesamtgewichtung nur die jeweils grösste Einzelbelastung massgeblich.[137] In der Literatur und der kantonalen Rechtsprechung wird dies m.E. zu Recht kritisiert mit der Begründung, dass die Lebensqualität des Versuchstieres massgeblich von der Anzahl der Belastungen abhängt und das beschriebene Vorgehen eine Mehrzahl von Belastungen daher nicht adäquat erfasst.[138] So ist etwa ein Tier, das unter erheblichen Schmerzen einen bleibenden Schaden erleidet, stärker belastet als ein Tier, welches den gleichen Schaden unter Anästhesie oder Analgesie erfährt.[139]
Eine Obergrenze für die erwartete Belastung der Versuchstiere ist in den Bestimmungen der schweizerischen Tierschutzgesetzgebung nicht vorgesehen.[140] Jedoch ergibt sich eine solche aus Art. 15 Abs. 2 der auch für die Schweiz geltenden[141] EU-Tierversuchsrichtlinie.[142] Dieser besagt, dass die Mitgliedstaaten gewährleisten müssen, dass ein Verfahren nicht durchgeführt wird, wenn es dem Tier starke Schmerzen, schwere Leiden oder schwere Ängste verursacht, die voraussichtlich lang anhalten und nicht gelindert werden können. Art. 55 Abs. 3 i.V.m. Art. 15 Abs. 2 RL 2010/63/EU erlaubt allerdings «in Ausnahmefällen aus wissenschaftlich berechtigten Gründen» die Zulassung solcher Tierversuche durch die Mitgliedstaaten.[143]
Schwierigkeiten bietet ausserdem der Umstand, dass die Belastungseinschätzung vor der Versuchsdurchführung vorgenommen wird, während also die genauen Umstände noch ungewiss sind.[144] Dabei ist zu beachten, dass die Einstufung unter der Annahme erfolgt, dass der Versuch und sämtliche Massnahmen an den Tieren lege artis erfolgen.[145] Ist die Massnahme schwer einwandfrei durchzuführen, oder ist die Forschergruppe in einer bestimmten Technik nicht geübt, ist die dadurch zu erwartende höhere Belastung zu berücksichtigen.[146]
b) Belastungskriterien
Neben den pathozentrischen Belastungen in Form von Schmerzen, Leiden, Schäden, Versetzen in Angst und erheblicher Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens (Art. 24 und 25 TVV) sind für die Güterabwägung auch die nicht-pathozentrischen Belastungen der Tiere in Form von Erniedrigung, tiefgreifenden Eingriffen in ihr Erscheinungsbild oder ihre Fähigkeiten sowie übermässiger Instrumentalisierung zu berücksichtigen (Art. 26 TVV).[147] Im Gegensatz zu den pathozentrischen stellen die nicht-pathozentrischen Belastungen nicht auf das Empfinden des Tieres ab und können daher nach einem objektiven Massstab von aussen bewertet werden.[148] Die einzelnen Belastungen sind im Einzelfall schwer zu differenzieren. So lösen etwa Schmerz, Angst, Furcht und Stress fast identische Reaktionen aus.[149] Da jedoch die einzelnen Belastungskriterien alle gleichwertig sind[150] und es in der Versuchssituation meistens ohnehin zu einem Zusammenwirken von verschiedenen Belastungsarten kommt, ist gemäss Lehre und kantonaler Rechtsprechung für die Güterabwägung entgegen den Erläuterungen des BLV auf die Gesamtbelastung abzustellen.[151]
aa) Schmerz
Unter Schmerz ist eine unangenehme sensorische und emotionale Erfahrung zu verstehen, die mit einer tatsächlichen oder potentiellen Gewebeschädigung zusammenhängt[152] und physiologische Veränderungen und/oder Verhaltensänderungen auslöst, welche dazu dienen, die negative Empfindung zu beenden oder zu vermeiden.[153] Da Verhaltensreaktionen insbesondere bei Beutetieren wie Mäusen und Ratten oder Kaninchen, wie oben bereits erwähnt, oft nur schwer oder zeitlich verzögert erkennbar sind, darf bei vermeintlichem Fehlen solcher nicht auf die Abwesenheit von Schmerzen geschlossen werden.[154] Die in Tierversuchsbewilligungen regelmässig zur Erkennung von Schmerzen verwendeten Merkmale, wie Inaktivität, gekrümmte Körperhaltung, Abmagerung, schwere Atmung oder reduzierte Fellpflege, sind in der Regel bereits Anzeichen für starke Schmerzen oder andere schwere Belastungen.[155]
Schmerzwahrnehmung setzt voraus, dass das Tier bei Bewusstsein ist.[156] Die Fähigkeit, Schmerzen zu empfinden, gilt zumindest bei Säugetieren, Vögeln, Reptilien und Amphibien als erwiesen;[157] bei Fischen ist sie teilweise (noch) umstritten.[158] Schmerzen können akut oder chronisch auftreten, wobei Letzteres auch unter die Definition der Leiden fallen kann.[159] Das Schmerzempfinden wird von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst, wie Geschlecht, Art, Alter, Gesundheitszustand und soziale Kommunikation des Tieres.[160]
Der Schmerzbegriff erfasst indes lediglich körperliche Schmerzen, während hingegen psychische Belastungen unter die Begriffe des Leidens oder der Angst fallen können.[161] Seelisches Leiden kann jedoch auch die Wahrnehmung physischer Schmerzen beeinflussen, wobei diese Thematik bei Tieren bislang allerdings noch wenig erforscht ist.[162] Erfahren die Versuchstiere mehr als nur geringfügige Schmerzen, darf die belastende Massnahme, soweit es die Zielsetzung des Versuchs zulässt, nur unter lokaler oder allgemeiner Schmerzausschaltung und mit anschliessender ausreichender Schmerzbekämpfung vorgenommen werden (Art. 135 Abs. 5 TSchV).
bb) Leiden
Leiden bezeichnet einen über einen gewissen Zeitraum anhaltenden, als belastend empfundenen Zustand, der durch bestimmte Verhaltensweisen zum Ausdruck kommt.[163] Es kann aus physischen Schmerzen resultieren, wenn diese genügend intensiv oder langanhaltend sind.[164] In Abgrenzung zum Schmerz ist Leiden jedoch nicht spezifisch auf einen Teil des Körpers begrenzt, sondern betrifft das ganze Wesen und ist damit ein überwältigendes Unwohlsein, welches die üblichen Gedankenvorgänge verdrängt.[165]
Leiden können allerdings auch psychischer Art sein.[166] So können sie etwa verursacht werden bei sozialer Isolation eines einzelnen Tieres, das üblicherweise in einer Kolonie oder Herde lebt.[167] Weitere mögliche Ursachen sind beispielsweise ein Mangel an artgemässer Bewegung, Lichtentzug, reizarme Haltungsbedingungen oder das Vorenthalten von Wasser oder Futter.[168] Psychisches Leiden wird neben dem Empfindungsvermögen auch beeinflusst durch kognitive Fähigkeiten, wie Rationalität, Geselligkeit oder Bindungsfähigkeit, sowie Emotionen, wie Angst oder Trauer.[169] Daraus ergeben sich grosse Unterschiede in der Art und Weise, wie verschiedene Tierarten Leiden wahrnehmen, weshalb eine genaue Beobachtung erforderlich ist, um solches zu erkennen.[170] Eindeutige Anzeichen für das Vorliegen von Leiden sind Verhaltens- und Funktionsstörungen,[171] wobei es sich auch in subtilen Verhaltensänderungen äussern kann.[172] Erwähnenswert ist, dass bei vielen Tierarten die Fähigkeit zur Empathie wissenschaftlich belegt ist, sie also in der Lage sind, Leiden zu empfinden, wenn sie Schmerzen oder Leiden bei anderen beobachten.[173] Es ist somit möglich, dass Tiere in gemeinsamer Haltung mit belasteten Versuchstieren indirekt Leiden erfahren, indem sie deren Belastung beobachten.[174] Es ist ausserdem nicht ausgeschlossen, dass gewisse Tiere aufgrund ihrer speziellen Fähigkeiten zur Empfindung noch unbekannter Arten von Leiden fähig sind.[175]
Leidensfähig sind unbestrittenermassen die Wirbeltiere,[176] wobei auch Fische erwiesenermassen – im Gegensatz zur umstrittenen Schmerzfähigkeit[177] – die Fähigkeit besitzen, Leiden zu empfinden.[178] Es ist davon auszugehen, dass auch gewisse wirbellose Tiere leiden können, jedoch sind diese mit Ausnahme von Panzerkrebsen und Kopffüssern vom Anwendungsbereich des Tierschutzrechts gegenwärtig ausgeschlossen.[179]
cc) Schaden
Der Schaden definiert sich als Beeinträchtigung der physischen oder psychischen Unversehrtheit und liegt vor, wenn der physische oder psychische Zustand eines Tieres durch menschliches Handeln zum Schlechteren verändert wird.[180] Er knüpft im Unterschied zum Schmerz und zum Leiden nicht an den subjektiven Erfahrungen des Lebewesens an,[181] obwohl er für das betroffene Tier meistens mit Schmerzen oder Leiden einhergeht.[182] Folglich können auch Tiere, die nach heutigem Forschungsstand keine Schmerz- oder Leidensfähigkeit besitzen, einen Schaden erleiden.[183] Grundlage für den Schadensbegriff ist demnach ein biozentrischer Ansatz.[184] Unter den Schadensbegriff fallen Krankheiten oder andere gesundheitliche Beeinträchtigungen, Amputationen, Verstümmelungen, Unfruchtbarkeit, Nervenschäden, Verhaltensstörungen oder andere Beeinträchtigungen artspezifischer Eigenschaften oder Fähigkeiten.[185] Jedoch sind bereits routinemässige Eingriffe, wie etwa Ohrlochungen, mit Schäden verbunden.[186] Für die Gewichtung in der Güterabwägung ist zu berücksichtigen, ob es sich um einen reversiblen oder irreversiblen Schaden handelt,[187] wobei letzterer offenkundig schwerer wiegt. Auch gentechnische Veränderungen des Erbgutes der Versuchstiere können als Schaden gewertet werden.[188]
dd) Angst
Angst gilt als Empfindung einer vermeintlichen oder tatsächlichen Bedrohung, welche mit einer negativen emotionalen Reaktion einhergeht und sich in einer artspezifischen und individuellen Verhaltensweise äussert.[189] Es kann argumentiert werden, dass Tiere Angstgefühle intensiver erleben als erwachsene Menschen, da diese in der Regel intellektuell fähig sind, Strategien zur Rationalisierung und Sinnfindung zu entwickeln.[190] Überdies ist nicht nur die Belastung durch die Angst per se massgebend, sondern es muss auch berücksichtigt werden, dass sie andere Belastungen verstärkt.[191] Angst kann sich langsam entwickeln oder plötzlich auftreten und kann lange anhalten.[192] Langanhaltende Angstzustände können überdies auch zu physischen Schäden führen, wie etwa Magengeschwüren, Neurosen oder gar dem Tod.[193]
Auch Furcht, Schrecken, Panik und Existenzangst fallen unter den Begriff der Angst.[194] Furcht bezeichnet die Reaktion auf eine konkrete, fassbare Bedrohung, Schrecken eine plötzliche emotionale Regung, Panik die Reaktion auf eine konkrete Lebensgefahr und Existenzangst die Angst vor dem Tod im abstrakten Sinn.[195]
Anzeichen für Angstzustände sind etwa erweiterte Pupillen, Zittern, weit aufgerissene Augen, Sträuben von Fell oder Federn, geduckte Körperhaltung, panische Bewegungen, gehemmte Bewegungen, unübliche Lautäusserungen oder erhöhte Pulsfrequenz.[196] Tierversuche müssen so durchgeführt werden, dass Angstzustände der Tiere bestmöglich vermieden werden.[197] Zu diesem Zweck sind die Tiere sorgfältig an die Versuchsbedingungen zu gewöhnen (Art. 135 Abs. 2 Satz 1 TSchV). Ausserdem ist das Allgemeinbefinden der Tiere regelmässig zu überprüfen (Art. 135 Abs. 4 Satz 1 TSchV) und falls ein Tier durch den Versuch verängstigt wird, sind geeignete Massnahmen zu treffen, um die Angst zu reduzieren (Art. 135 Abs. 2 Satz 2 TSchV).
ee) Erhebliche Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens
Das Belastungskriterium des Allgemeinbefindens findet in der Tiergesetzgebung praktisch ausschliesslich im Bereich der Tierversuche Erwähnung.[198] Der Botschaft zum TSchG ist keine Erläuterung des Begriffes zu entnehmen,[199] und auch die Richtlinien des BLV äussern sich nicht dazu.[200] In den entsprechenden parlamentarischen Beratungen wurden ungestörte Gesundheit und normales Verhalten als Anzeichen für ein ungestörtes Wohlbefinden genannt, wohingegen abnormales Verhalten, vermehrte Aggressionen und fehlender Appetit auf ein gestörtes Wohlbefinden hindeuten würden.[201] Die Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens muss gemäss Art. 17 TSchG von gewisser Erheblichkeit sein, damit sie als signifikante Missachtung der Würde analog zu Schmerzen oder Leiden gilt.[202] Die Abgrenzung zu den anderen Belastungskriterien kann im Einzelfall schwerfallen, und es kann wiederum zu Überschneidungen kommen.[203] Das Allgemeinbefinden der Tiere ist von verschiedenen Faktoren abhängig, wie etwa den Haltungsbedingungen oder dem Auftreten von Stress.[204]
Stress bezeichnet einen Zustand, in welchem beim Tier eine mit Anstrengungen oder Ressourcenaufwand in Verbindung stehende Verhaltensreaktion ausgelöst wird, um einer potentiellen oder tatsächlichen Stresssituation (Stressor) zu entgehen.[205] Eine solche liegt vor, wenn das Tier die Situation als gefährlich, beängstigend oder gar lebensbedrohend empfindet.[206] Durch Ausschüttung verschiedener Hormone, wie etwa Adrenalin,[207] wird bei akutem Stress beim Tier eine Intensivierung der Körperfunktionen herbeigeführt, was zu einer verbesserten Reaktionsfähigkeit zwecks Flucht oder Kampf führt.[208] Dies kann sich etwa in erhöhter Atem- und Herzfrequenz oder Steigerung des Blutdruckes äussern.[209] Wie stark Stress empfunden wird, hängt ab von der Grösse und Dauer des Stressors sowie der Fähigkeit des Tieres, die Situation vorauszusehen und zu bewältigen.[210] Im Versuchssetting kann Stress durch Massnahmen am Tier, durch den allgemeinen Umgang des Personals mit ihm sowie durch das Versuchsumfeld ausgelöst (oder verstärkt) werden.[211]
Bezüglich Haltungsbedingungen ist zu beachten, dass selbst bei Einhaltung der rechtlichen Vorgaben Belastungen für die Tiere entstehen können, denn die Normen der Tierschutzgesetzgebung stellen lediglich einen Mindeststandard dar und entsprechen regelmässig nicht den optimalen Bedingungen für die Tiere.[212] Eine Verbesserung des Allgemeinbefindens der Tiere kann zum Beispiel durch «Environmental Enrichment» (tiergerechte Anreicherung der Umwelt)[213] erreicht werden.[214] Dies kann sich überdies auch auf die Forschung positiv auswirken, indem durch eine systematische und kontrollierte Variation der artgerechten Umweltbedingungen aussagekräftigere und besser reproduzierbare Ergebnisse erzielt werden können.[215]
ff) Übermässige Instrumentalisierung
Der Begriff der Instrumentalisierung bezeichnet ein Verhalten, durch welches andere Lebewesen als Mittel zum Zweck behandelt werden.[216] Da mit jeder Nutzung von Tieren, so auch in der Verwendung für Tierversuche,[217] eine gewisse Instrumentalisierung einhergeht, stellt sich die Frage, wann eine solche «übermässig» ist und damit die Würde des Tieres tangiert.[218] Gemäss Erläuterungen des BLV liegt eine übermässige Instrumentalisierung vor, wenn das eigene Gut des Tieres in keiner Weise berücksichtigt wird.[219] Gemäss der herrschenden Lehre liegt eine übermässige Instrumentalisierung hingegen vor, wenn ein Verhalten den Eigenwert und Selbstzweck des als Mittel zum Zweck verwendeten Tieres nicht achtet, das Tier also vorwiegend als Instrument für menschliche Zwecke genutzt wird.[220] In der Literatur wird m.E. zu Recht darauf hingewiesen, dass die Definition des BLV zu eng gefasst ist und vielmehr eine vollständige Instrumentalisierung beschreibt.[221] Diese ist zu verstehen als vollständige Negierung des Eigenwertes und Selbstzweckes des Tieres und stellt gemäss der herrschenden Lehre eine nicht zu rechtfertigende Belastung für die Tiere dar.[222] Darunter fallen etwa das Klonen von Versuchstieren oder die vollständige Mechanisierung von Tieren, sodass diese einen kompletten Kontrollverlust erleiden.[223] Eine übermässige Instrumentalisierung kann hingegen durch gewichtige gesellschaftliche Interessen gerechtfertigt werden.[224] Das Mass der Instrumentalisierung durch das Versuchsvorhaben hängt von zusätzlichen Belastungen im Rahmen des Versuchs ab, wie etwa Entzug von Nahrung oder Wasser zur Kooperationserzwingung oder Ausnützen des Vertrauens eines Tieres.[225] Wie bei den anderen biozentrischen Belastungskriterien kommt es nicht darauf an, ob das Tier die übermässige Instrumentalisierung als Belastung wahrnimmt oder nicht.[226]
gg) Erniedrigung
Als Erniedrigung wird allgemein ein herabwürdigendes oder moralisch herabsetzendes Verhalten bezeichnet.[227] Die Erläuterungen des BLV gehen noch weiter und definieren den Begriff als eine Situation, in welcher das Tier in einer Art und Weise wahrgenommen und behandelt wird, die seinen moralischen Status als Wesen, das um seiner selbst willen zu achten ist, vollkommen negiert.[228] Gerritsen kritisiert m.E. zu Recht, dass die Definition des BLV wiederum zu eng gefasst ist und vielmehr eine vollständige Instrumentalisierung[229] beschreibt, welche keiner Rechtfertigung zugänglich ist.[230] Allgemein sind Erniedrigung und Instrumentalisierung nur schwer voneinander abzugrenzen.[231] Dennoch weist das Kriterium der Erniedrigung auch einen eigenen Gehalt auf,[232] denn erniedrigen bedeutet, dass Tiere nicht als das gesehen werden, was sie sind,[233] was jedoch nicht zwingend mit einem Verlust des Eigenwertes und Selbstzwecks des Tieres einhergeht.[234] Typische Beispiele der Erniedrigung sind das Lächerlich machen des Tieres (etwa durch Kostümierung, Einfärbung, Tätowierung, Betrunkenmachen oder Vermenschlichen),[235] die Mechanisierung des Tieres (sodass es ausschliesslich als Maschine wahrgenommen oder verwendet wird),[236] die Verdinglichung des Tieres (durch Darstellung des Tieres als leblose Sache)[237] oder demonstrative Machtdemonstrationen oder Unterwerfungen des Tieres[238].[239]
hh) Tiefgreifende Eingriffe in Erscheinungsbild oder Fähigkeiten
Unter tiefgreifenden Eingriffen in die Fähigkeiten von Tieren fallen Massnahmen, welche zu einer Veränderung des Tieres führen, die nicht in dessen Interesse ist.[240] Dies umfasst etwa Beeinträchtigungen der Reproduktionsfähigkeit, Bewegungsfähigkeit, Orientierungsfähigkeit, kognitiven Fähigkeiten oder sozialen Verhaltensweisen.[241] Da sich die genannte Definition weitgehend mit dem Begriff des Schadens überschneidet,[242] erachtet das BLV die Eingriffe in Fähigkeiten der Tiere als vollumfänglich vom Schaden-Kriterium erfasst.[243] In der Literatur wird dies m.E. zu Recht kritisiert, da Eingriffe in die Fähigkeiten neben der physischen Schädigung eine zusätzliche ethische Dimension der Nichtbeachtung des Eigenwertes beinhalten.[244] Demnach sind Massnahmen, die nicht zwingend mit einer negativen Veränderung für das Tier einhergehen, aber durch eine Veränderung ihrer Fähigkeiten ihre naturgegebene Eigenart in würderelevanter Weise missachten, ebenfalls als tiefgreifende Eingriffe in deren Fähigkeiten zu verstehen.[245] Darunter können etwa Eingriffe zwecks «Animal Enhancement»[246] fallen.[247]
Ein tiefgreifender Eingriff in das Erscheinungsbild liegt gemäss den Erläuterungen des BLV vor, wenn die Veränderung zu einem dauerhaften oder gar irreversiblen Funktionsverlust führt.[248] Diese Definition wird in der Literatur und kantonalen Rechtsprechung wiederum als zu eng gefasst kritisiert.[249] Zum einen sei nicht ersichtlich, weshalb ein Eingriff in das Erscheinungsbild mit einem Funktionsverlust einhergehen müsse.[250] Ein solcher sei vielmehr als mögliche Form eines tiefgreifenden Eingriffs in die Fähigkeiten des Tieres einzuordnen.[251] Zum anderen sei nicht einsehbar, weshalb die Veränderung erst belastungsrelevant sein solle, wenn sie dauerhaft oder irreversibel sei.[252] Dem ist nach hier vertretener Ansicht zuzustimmen, da die Intensität schliesslich in der Gewichtung der Schwere der Belastungen berücksichtigt wird.[253] Vielmehr liegt ein würderelevanter Eingriff in das Erscheinungsbild bereits vor, wenn eine über einen gewissen Zeitraum andauernde, genügend schwerwiegende Veränderung des Äusseren herbeigeführt wird.[254] Dies kann etwa bei äusseren Veränderungen der Fall sein, die das Tier erniedrigen oder seine ästhetische Wahrnehmung beeinträchtigen.[255] Als Beispiele seien die Injektion von Farbstoffen in Fische[256] oder andere Tiere oder das Implantieren von Halterungen am Körper von Versuchstieren genannt.[257] Nicht darunter fallen hingegen Veränderungen, die nicht am Tier selbst, sondern an einer visuellen Darstellung eines Tieres vorgenommen werden.[258]
ii) Weitere Belastungsfaktoren
Die Anzahl der im Versuch verwendeten Tiere wird bereits im Rahmen der Erforderlichkeit berücksichtigt, indem die Reduktion auf das unerlässliche Mass vorgeschrieben wird (Art. 137 Abs. 4 lit. a TSchV).[259] Aber auch im Rahmen der Güterabwägung stellt die Zahl der Versuchstiere nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung einen massgebenden Faktor zur Gewichtung der Belastungen dar.[260] Je mehr Tiere durch die Belastungen betroffen sind, desto höher sind diese demnach zu gewichten.[261]
Ebenfalls bereits im Rahmen der Erforderlichkeit berücksichtigt wird die Evolutionsstufe der Versuchstiere (vgl. Art. 20 Abs. 2 TSchG);[262] sie ist jedoch auch für die Güterabwägung heranzuziehen. So kommt gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung der Belastung der Tiere mehr Gewicht zu, je höher diese in der Hierarchiestufe stehen, sprich je näher sie mit dem Menschen genetisch oder sinnesphysiologisch verwandt sind.[263] Insbesondere die Verwendung nicht-menschlicher Primaten fällt demnach besonders schwer ins Gewicht für die Belastungsbeurteilung.[264] Demgegenüber kann die physiologische Nähe des Affen zum Menschen auch zu einer erhöhten erwarteten klinischen Anwendbarkeit des Versuchsvorhabens führen, was auf der Nutzenseite ins Gewicht fällt.[265]
c) Nutzenseite
Für die Feststellung und Gewichtung der Interessen am Tierversuch im Rahmen der Güterabwägung ist zunächst zu prüfen, ob der Versuch einen zulässigen Zweck anstrebt (Art. 140 Abs. 1 lit. c TSchV).[266] Gemäss Art. 137 Abs. 1 TSchV muss das Versuchsziel in Zusammenhang mit der Erhaltung oder dem Schutz des Lebens und der Gesundheit von Mensch und Tier stehen (lit. a), neue Kenntnisse über grundlegende Lebensvorgänge erwarten lassen (lit. b), dem Schutz der natürlichen Umwelt dienen (lit. c) oder der Forschung zu Gunsten der 3R-Kriterien, sprich dem Ersatz von Tierversuchen, der Reduktion der Anzahl von Versuchstieren oder der Belastungsminderung in Tierversuchen, dienen (lit. d).[267] Es muss sich beim Versuchsziel demnach um ein schutzwürdiges Interesse der Gesellschaft handeln, während private Einzelinteressen allein nicht ausreichend sind.[268] Entgegen den Erläuterungen des BLV[269] kommt auch den Grundrechten Privater, insbesondere der Wissenschaftsfreiheit, im Rahmen der Güterabwägung keine eigenständige Bedeutung zu, da sie bereits in der vom Gesetzgeber vorweggenommenen Abwägung zwischen den Verfassungsinteressen berücksichtigt wurden.[270] Kategorisch unzulässig sind die in Art. 138 TSchV aufgezählten Versuchszwecke,[271] wobei umstritten ist, ob es sich dabei um eine abschliessende Aufzählung handelt oder nicht.[272]
Verfolgt das Versuchsvorhaben einen zulässigen Zweck, müssen die Bedeutsamkeit des erwarteten Erkenntnisgewinns, die Wahrscheinlichkeit der Anwendbarkeit und Verwertbarkeit der Ergebnisse sowie der Zeitraum bis zum Eintritt des Nutzens ermittelt und bewertet werden.[273] Die Berücksichtigung der Wahrscheinlichkeit, mit der der Anwendungsnutzen realisiert werden kann,[274] wird in der Wissenschaft und Praxis zum Teil kritisiert,[275] ist aber für die Gewährleistung des verfassungsrechtlichen Tierschutzes von grosser Bedeutung.[276] Der Tierversuch muss eine plausible wissenschaftliche Hypothese untersuchen.[277] Der erwartete Erkenntnisgewinn muss anhand des Forschungsziels und der gewählten Methoden in einem fachspezifischen wissenschaftlichen Kontext beurteilt werden, wobei massgebend ist, wie er sich in den bestehenden Kenntnisstand einfügt und diesen erweitert.[278] Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass eine prognostische Beurteilung des Forschungsnutzens vor der eigentlichen Versuchsdurchführung mit Schwierigkeiten verbunden ist, da sie auf Erwartungen und Annahmen gestützt ist.[279] Es sind gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung nur die Erkenntnisse zu berücksichtigen, die mit dem konkreten Tierversuch angestrebt werden, und nicht der Endnutzen einer Kette von Tierversuchen.[280] Ansonsten würde der Nutzen vieler Tierversuche den Belastungen eines einzelnen Tierversuchs gegenübergestellt werden.[281]
Für die Gewichtung der Interessen ist auch deren gesellschaftlicher Stellenwert zu berücksichtigen.[282] Die Haltung der Gesellschaft und damit die Wertung, welche Interessen als ethisch hochwertig gelten, kann sich jedoch auf Dauer verändern.[283] Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung gibt es keine absolute Rangordnung der schutzwürdigen Interessen, jedoch haben gewisse Interessen mehr Gewicht als andere.[284] So hat etwa die Gesundheit des Menschen in der Regel eine höhere Bedeutung als die blosse Wissensvermehrung.[285] Jedoch ist auch innerhalb der Interessenskategorien im Einzelfall eine Abstufung vorzunehmen.[286] So hat etwa die Erforschung von Heilmethoden für eine tödliche Krankheit eine höhere Geltung als eine solche für nicht lebensbedrohliche Beschwerden.[287] Dies führt indes zu Schwierigkeiten bei der Gewichtung gesundheitsbezogener Nutzen sowie bei der Bestimmung, was überhaupt unter den Gesundheitsbegriff fällt.[288] Unklar ist etwa, wie die Forschung in den Bereichen der Leistungssteigerung, des Anti-Aging, der Reproduktionsfähigkeit sowie der Reduktion natürlicher Altersbeschwerden beurteilt werden soll.[289]
Da die Anzahl der belasteten Versuchstiere zur Gewichtung der Belastungen berücksichtigt wird,[290] könnte man davon ausgehen, dass auf der Nutzenseite konsequenterweise die Anzahl der profitierenden Personen ebenfalls berücksichtigt werden müsste.[291] Dies ist nach hier vertretener Ansicht abzulehnen, denn falls auf die Anzahl Personen abgestellt würde, die aktuell von dem Erkenntnisgewinn profitieren könnten, würde dies zu einschneidenden Nachteilen für Menschen mit einer seltenen Krankheit führen.[292] Würde hingegen auf alle Personen abgestellt, die potenziell in Zukunft profitieren könnten, würde dies eine unbestimmbar hohe Zahl von Personen erfassen, was zu einer unverhältnismässig hohen Gewichtung der Nutzenseite führen würde.[293]
4. Unerlässlichkeit bei Tierversuchen zur Grundlagenforschung
Da Grundlagenforschung nicht auf eine unmittelbare praktische Anwendung abzielt[294] und Forschung aus reiner Neugierde nicht mit der Unerlässlichkeit nach Art. 17 TSchG verträglich ist, müssen Tierversuche zur Grundlagenforschung für einen konkreten gesellschaftlichen Nutzen unerlässlich sein.[295]
a) Finale Unerlässlichkeit: Güterabwägung
In der Praxis hat die biomedizinische Grundlagenforschung den grössten Anwendungsbereich für Tierversuche.[296] Bei dieser steht die Verbesserung des Verständnisses der Entwicklung und Funktion von Tieren auf Verhaltens-, physiologischer, zellulärer und molekularer Ebene im Vordergrund, wobei die gewonnenen Erkenntnisse später zu medizinischen Fortschritten und Durchbrüchen beitragen können.[297] Aber zum Beispiel auch der Tierschutz ist auf Tierversuche angewiesen, die grundlegend untersuchen, welche Eingriffe, Massnahmen oder Haltungsbedingungen für die Tiere mit einer wie starken Belastung einhergehen.[298] Die Grundlagenforschung kann somit ein grosses Nutzenpotential aufweisen, welches sich erst im Verlauf der Zeit abzeichnet.[299] Denn die Erkenntnisgewinne und deren Verwertbarkeit und Tragweite lassen sich in der Grundlagenforschung nur schwer vorhersehen.[300] Es stellt sich daher die Frage, ob im Rahmen der Güterabwägung auch bei Grundlagenforschung ein späterer Anwendungsnutzen des Versuchs zu berücksichtigen ist.[301]
Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist es zulässig, einen späteren klinischen Nutzen des Versuchs in die Gewichtung des Forschungsinteresses miteinzubeziehen.[302] Das heisst, der Beitrag der aus dem Versuch gewonnenen Erkenntnisse an ein angestrebtes Fernziel ist in der Güterabwägung zu berücksichtigen.[303] Vorausgesetzt ist, dass sich die Erwartungen wissenschaftlich abstützen lassen.[304] Es ist also für Tierversuche in der Grundlagenforschung von Vorteil, wenn der erwartete Erkenntnisgewinn mit einem klinischen Nutzen einhergeht.[305] Wenn der klinische Nutzen und die spätere Anwendbarkeit der erwarteten Versuchsergebnisse unsicher sind, wirkt sich dies negativ auf die Gewichtung des Interesses am Versuchsvorhaben aus.[306] Ebenfalls zu berücksichtigen ist, in welchem Zeitrahmen mit Forschungsergebnissen und deren Anwendbarkeit gerechnet werden kann.[307] Dabei ist wiederum zu beachten, dass nur die Erkenntnisse aus dem konkreten Versuchsvorhaben massgebend sind.[308] Wenn das Fernziel eines klinischen Nutzens nur mit unzähligen weiteren Tierversuchen erreicht werden kann, fehlt demnach die notwendige Verbindung zum konkreten Tierversuch.[309] Das bedeutet jedoch nicht, dass Tierversuche zur reinen Grundlagenforschung ohne voraussehbare spätere Anwendbarkeit generell nicht mehr durchgeführt werden dürfen.[310]
Da sich ein späterer Anwendungsnutzen der gewonnenen Erkenntnisse aus reiner Grundlagenforschung nicht zuverlässig vorhersagen lässt,[311] wird in der Lehre zum Teil vorgebracht, dass dieser in der Güterabwägung entsprechend gering zu gewichten sei.[312] Demgegenüber behindere es gemäss einem Teil der Lehre die Forschung und wissenschaftliche Innovation, wenn der Wert der Grundlagenforschung ausschliesslich anhand des potenziellen Anwendungsnutzens gemessen werde.[313] Sie habe stets das Fundament für die grossen wissenschaftlichen Durchbrüche gelegt,[314] weshalb ihr gesellschaftlicher Nutzen nicht von der Hand zu weisen sei, auch wenn sich dieser erst später abzeichne.[315] Je grundlegender und breiter die Grundlagenforschung sei, desto höher sei der Nutzen für potenzielle Anschlussforschung und desto stärker sei damit auch ihr Erkenntnisgewinn in der Güterabwägung zu gewichten.[316]
In der Praxis drängt der Fokus auf praktische Anwendbarkeit der Forschungsergebnisse die Gesuchsteller, einen erwarteten Nutzen ihrer Forschung zu identifizieren, um die Bewilligungschancen zu verbessern.[317] Dies führt dazu, dass Tierversuchsgesuche oft unrealistische Prognosen möglicher klinischer Anwendungen enthalten, und es zu einer unzulässigen Verknüpfung des konkreten Versuches mit langfristig angestrebten Ergebnissen kommt.[318]
b) Instrumentale Unerlässlichkeit
Da das Fernziel von Tierversuchen im Bereich der Grundlagenforschung in der Güterabwägung miteinbezogen wird, muss dieses konsequenterweise auch bei der Prüfung der instrumentalen Unerlässlichkeit berücksichtigt werden.[319] Das konkrete Versuchsvorhaben muss demnach geeignet erscheinen, einen Beitrag zum Endnutzen zu leisten (Eignung) und das mildeste mögliche Mittel darstellen, um diesen Zweck zu erreichen (Erforderlichkeit).[320]
III. Aktuelle Diskussionen
1. Teilrevision der Tierschutzverordnung
Am 20. Dezember 2024 verabschiedete der Bundesrat eine Teilrevision der Tierschutzverordnung, welche am 1. Februar 2025 in Kraft getreten ist.[321] Unter anderem wurde die Definition der Abbruchkriterien von Art. 135 Abs. 1 aTSchV nach Art. 2 Abs. 3 lit. mter TSchV verschoben und auf den Bereich der Versuchstierhaltungen erweitert. Dies wurde in den Stellungnahmen überwiegend begrüsst.[322] Es wurde jedoch teilweise vorgeschlagen, dass die Definition um den Begriff der «Reaktionen» hätte ergänzt werden sollen, da der Begriff der Symptome nur Krankheitsanzeichen beschreibe, während Reaktionen ein Indikator sein könnten für Leiden, die nicht zwangsläufig auf eine Krankheit zurückzuführen seien.[323]
Ferner wurde Forschung zu Gunsten der 3R-Kriterien, sprich der Ersatz von Tierversuchen, die Reduktion der Anzahl von Versuchstieren und die Belastungsminderung in Tierversuchen,[324] als zulässiges Versuchsziel belastender Tierversuche in Art. 137 Abs. 1 lit. d TSchV aufgenommen. Auch diese Anpassung wurde in den Stellungnahmen im Allgemeinen stark befürwortet.[325] Sie ist im Einklang mit Art. 22 Abs. 2 TSchG, der den Bund verpflichtet, die Entwicklung, Anerkennung und Anwendung von Alternativmethoden zu Tierversuchen gemäss den 3R-Kriterien zu fördern.[326]
Überdies ist gemäss Art. 140 Abs. 1 lit. d TSchV für die Bewilligung von Tierversuchen neu explizit vorausgesetzt, dass nicht nur geeignete Abbruchkriterien, sondern auch geeignete Überwachungsmassnahmen und belastungsmindernde Massnahmen festgelegt sind. Auch diese Änderung wurde in den Stellungnahmen generell begrüsst,[327] wobei zum Teil zusätzlich eine Verschärfung der Voraussetzungen für nicht belastende Tierversuche gefordert wurde.[328]
2. Öffentliche Meinung und politische Bestrebungen
Umfragen zeigen, dass die Schweizer Bevölkerung eine eher negative Haltung gegenüber Tierversuchen hat. In einer vom Schweizer Tierschutz STS in Auftrag gegebenen Umfrage aus dem Jahr 2017 wurde gefragt, ob je nach Tierart der Einsatz in belastenden Tierversuchen verantwortet bzw. gerechtfertigt werden könne.[329] Am deutlichsten waren die Antworten zur Verwendung von Hunden für belastende Tierversuche, wo sich 64 Prozent der Befragten mit Nein bzw. 18 Prozent mit eher Nein dagegen aussprachen.[330] Bei den Primaten sprachen sich 50 Prozent mit Ja bzw. 18 Prozent mit eher Ja dafür aus, dass diese nicht in belastenden Tierversuchen eingesetzt werden sollen.[331] In einer Meinungsumfrage im Auftrag der Eurogroup for Animals aus dem Jahr 2022 gaben 66 Prozent der Befragten in der Schweiz an, sie seien sehr besorgt über den Einsatz von Tieren in der wissenschaftlichen Forschung, Experimenten und Bildung.[332] 71 Prozent sagten aus, es müsse mehr getan werden, um den vollständigen Ersatz von Tierversuchen in diesen drei Bereichen zu beschleunigen, wobei 68 Prozent der Meinung waren, die Schweizer Regierung sollte sich verpflichten, zu wissenschaftlicher Forschung, Experimenten und Bildung ohne Einsatz von Tieren überzugehen.[333]
Nichtsdestotrotz hatten Volksabstimmungen zur Verbesserung der Situation von Versuchstieren bisher wenig Erfolg.[334] So wurde etwa die Volksinitiative vom 18. März 2019 «Ja zum Tier- und Menschenversuchsverbot – Ja zu Forschungswegen mit Impulsen für Sicherheit und Fortschritt» mit rund 79 Prozent Neinstimmen und von allen Ständen abgelehnt.[335] Auch in fernerer Vergangenheit wurden sämtliche Vorlagen zur Abschaffung oder erheblichen Einschränkung von Tierversuchen vom Schweizer Stimmvolk abgelehnt:[336] Die Volksinitiative «für die Abschaffung der Vivisektion» vom 17. September 1981 mit rund 71 Prozent der Stimmen,[337] die Volksinitiative «zur drastischen und schrittweisen Einschränkung der Tierversuche (Weg vom Tierversuch!)» vom 30. Oktober 1986 mit rund 56 Prozent der Stimmen[338] und die Volksinitiative «zur Abschaffung der Tierversuche» vom 26. Oktober 1990 mit rund 72 Prozent der Stimmen.[339] Auch vergleichbare kantonale Volksinitiativen scheiterten an der Urne: Zum Beispiel wurde 2022 in Basel-Stadt die Initiative «Grundrechte für Primaten» mit rund 75 Prozent[340] und 2019 in Genf die Initiative «Für eine bessere Kontrolle der Tierversuche» mit rund 64 Prozent Neinstimmen[341] abgelehnt. Bescheidene Erfolge konnten hingegen zwei Europäische Bürgerinitiativen Stop Vivisection[342] und Save Cruelty Free Cosmetics[343] erzielen.
In der Schweiz wurden in den vergangenen Jahren auch zahlreiche parlamentarische Vorstösse zwecks Verbesserung des Tierschutzes im Bereich der Tierversuche eingereicht.[344] Hervorzuheben ist etwa die parlamentarische Initiative «Verbot von schwerbelastenden Tierversuchen. Ergänzung des Tierschutzgesetzes», die ein Verbot von Tierversuchen mit Schweregrad 3 vorsah.[345] Der Initiative wurde jedoch auf Empfehlung der zuständigen Kommission vom Nationalrat mit 114 zu 60 Stimmen keine Folge gegeben.[346]
IV. Fazit
Die Tierversuchsregulierung nach Schweizer Recht zeichnet sich durch eine hohe Regelungsdichte aus. Alle Versuchsvorhaben, die den Einsatz von Tieren vorsehen, welche vom Anwendungsbereich der Tierversuchsgesetzgebung erfasst werden, unterliegen einer Bewilligungspflicht. Experimente, die mit einer Belastung für die Tiere einhergehen, sind auf das unerlässliche Mass zu beschränken. Das heisst, sie müssen methodisch so ausgestaltet sein, dass sie das Versuchsziel mit einer möglichst geringen Belastung für die Versuchstiere erreichen können (instrumentale Unerlässlichkeit) und müssen unentbehrlich sein, um den verfolgten Zweck zu erreichen (finale Unerlässlichkeit). Zentral für die Beurteilung der finalen Unerlässlichkeit ist dabei die Durchführung einer Interessen- bzw. Güterabwägung zwischen den Belastungen der Versuchstiere und dem erwarteten Nutzen des Vorhabens. Schwierigkeiten bietet dabei insbesondere die Gewichtung des Nutzens von Grundlagenforschung, da bei dieser im Voraus nur schwer absehbar ist, ob und wann der geplante Erkenntnisgewinn für eine praktische Anwendung verwertbar gemacht werden kann. Genau dies muss jedoch gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung in der Güterabwägung abgeschätzt und entsprechend gewichtet werden.
Die Güterabwägung ist Ausdruck der kompromisssuchenden Absicht des Gesetzgebers, den Tieren einen besseren Schutz zu verschaffen, ohne die Forschung übermässig zu behindern.[347] In der Bewilligungspraxis wird dieser Ansatz jedoch sehr einseitig umgesetzt und der Zweck der Tierschutzgesetzgebung weitgehend verfehlt.[348] Obwohl Art. 34 Abs. 1 TSchG vorschreibt, dass Tierschutzorganisationen in den Kommissionen angemessen vertreten sein müssen, sind Vertreter der Forschungsgemeinschaft in der Praxis häufig stark überrepräsentiert, was in einer unausgewogenen Zusammensetzung der Tierversuchskommissionen resultiert.[349] Forschungsvorhaben werden daher meist problemlos bewilligt, während die Interessen der Tiere unverhältnismässig gering berücksichtigt werden.[350]
Auch wenn Volksinitiativen zur Verbesserung der Situation der Versuchstiere bisher keinen Erfolg hatten, zeigen Befragungen der Schweizer Bevölkerung und die zahlreichen parlamentarischen Vorstösse der letzten Jahre ein wachsendes Bewusstsein für die Problematik der ethischen Vertretbarkeit von Tierversuchen. Vor diesem Hintergrund wäre für einen wirksamen Schutz der Versuchstiere wünschenswert, dass die geltenden Regelungen in der Praxis konsequenter umgesetzt werden, um eine sorgfältige und ausgewogene Prüfung der instrumentalen und finalen Unerlässlichkeit der Versuchsvorhaben sicherzustellen.[351]
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Interpellation Munz (21.3364) «Impfstoffentwicklung mit neuen Methoden ohne Tierversuche» vom 18. März 2021.
Interpellation Schneider (22.3808) «Aussagekräftige und transparente Tierversuchsstatistik» vom 17. Juni 2022 (zit. Interpellation Schneider, Tierversuchsstatistik).
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Motion Munz (21.3363) «Gemeinsame Bewilligungsbehörde für eine einheitliche Beurteilung von Tierversuchen mit Schweregrad 3» vom 18. März 2021 (zit. Motion Munz, Gemeinsame Bewilligungsbehörde).
Motion Schneider (22.3301) «Ausstieg aus belastenden Primatenversuchen» vom 17. März 2022 (zit. Motion Schneider, Primatenversuche).
Motion Schneider (22.3300) «3R-Kompetenz der kantonalen Tierversuchskommissionen stärken» vom 17. März 2022.
Motion Schneider (21.3405) «Tierschutzkonforme Haltungsbedingungen für Labor- und Versuchstiere» vom 19. März 2021.
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Parlamentarische Initiative Christ (21.426) «Mehr Ressourcen und Anreize für die 3R-Forschung, um Alternativen zu den Tierversuchen rascher voranzutreiben» vom 18. März 2021.
Parlamentarische Initiative Graf (24.436) «Zukunftsfähige Forschung mit einem Plan für den Ausstieg aus belastenden Tierversuchen fördern» vom 14. Juni 2024.
Parlamentarische Initiative Graf (18.491) «Verbot von schwerbelastenden Tierversuchen. Ergänzung des Tierschutzgesetzes» vom 14. Dezember 2018 (zit. Pa. Iv. Graf, Verbot schwerbelastender Tierversuche).
Postulat Graf (22.3612) «Wie kann das mit grossem Tierleid behaftete Züchten und Töten hunderttausender Labortiere reduziert werden?» vom 14. Juni 2022 (zit. Postulat Graf, Tierleid Labortiere).
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Stiftung für das Tier im Recht, Stellungnahme zur Vernehmlassung zur Tierschutzverordnung und weiteren Verordnungen im Tierschutzbereich vom 15. März 2024 (zit. TIR, Stellungnahme zu Art. ...
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Swissuniversities, Avis sur la procédure de consultation de la révision de l’ordonnance sur la protection des animaux et d’autres ordonnances dans le domaine de la protection des animaux vom 29. Februar 2024 (zit. Swissuniversities, Stellungnahme zu Art. ... VE-TSchV).
VII. Abkürzungsverzeichnis
3RCC | Swiss 3R Competence Centre |
a.A. | anderer Ansicht |
AB | Amtliches Bulletin der Bundesversammlung |
AEU | Association Suisse des Enseignant-e-s d’Université |
AJP | Aktuelle Juristische Praxis (Zürich) |
ALTEX | Alternatives to Animal Experimentation (Heidelberg) |
Art. | Artikel |
aTschV | Tierschutzverordnung vom 23. April 2008 (SR 455.1) in der Fassung vom 6. Dezember 2024 |
Aufl. | Auflage |
BBl | Bundesblatt der Schweizerischen Eidgenossenschaft |
Bd. | Band |
BGE | Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts, Amtliche Sammlung |
BLV | Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen |
BV | Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (SR 101) |
BVET | Bundesamt für Veterinärwesen, seit 1. Januar 2014: BLV |
bzw. | beziehungsweise |
Diss. | Dissertation |
E. | Erwägung |
e.V. | eingetragener Verein |
EBI | Europäische Bürgerinitiative |
EDI | Eidgenössisches Departement des Innern |
EKAH | Eidgenössische Ethikkommission für die Biotechnologie im Ausserhumanbereich |
EKTV | Eidgenössische Kommission für Tierversuche |
EMBO | European Molecular Biology Organization |
et al. | et alii (= und weitere) |
ETH | Eidgenössische Technische Hochschule |
EU | Europäische Union |
EURL ECVAM | European Union Reference Laboratory for alternatives to animal testing |
EVD | Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement |
f., ff. | (und) folgende |
Fn. | Fussnote |
Hrsg. | Herausgeber |
i.S.v. | im Sinne von |
i.V.m. | in Verbindung mit |
KTVE | Kommission für Tierversuchsethik |
LASC UZH | Laboratory Animal Services Center der Universität Zürich |
LEOH | Journal of Animal Law, Ethics and One Health (Zürich) |
m.E. | meines Erachtens |
mRNA | messenger ribonucleic acid (= Boten-Ribonukleinsäure) |
N | Nationalrat |
Nr. | Nummer |
NuR | Natur und Recht (Berlin/Heidelberg) |
NZZ | Neue Zürcher Zeitung |
Pa. Iv. | Parlamentarische Initiative |
PLoS | Public Library of Science (San Francisco) |
PNAS | Proceedings of the National Academy of Sciences (Washington) |
RL | Richtlinie |
Rz. | Randziffer |
S. | Seite |
SAMW | Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften |
SCNAT | Akademie der Naturwissenschaften Schweiz |
SR | Systematische Sammlung des Bundesrechts |
STS | Schweizer Tierschutz |
TIR | Stiftung für das Tier im Recht |
TSchG | Tierschutzgesetz vom 16. Dezember 2005 (SR 455) |
TSchV | Tierschutzverordnung vom 23. April 2008 (SR 455.1) |
TVV | Verordnung des BLV über die Haltung von Versuchstieren und die Erzeugung gen-technisch veränderter Tiere sowie über die Verfahren bei Tierversuchen (Tierversuchsverordnung) vom 12. April 2010 (SR 455.163) |
v. Chr. | vor Christus |
VE | Vorentwurf (= Vernehmlassungsvorlage) |
vgl. | vergleiche |
VSH | Vereinigung der Schweizerischen Hochschuldozierenden |
WBK-NR | Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates |
ZEBET | Zentralstelle zur Erfassung und Bewertung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden für Tierversuche |
zit. | zitiert als |
[1] Maehle Andreas-Holger, Tierexperimente, in: Gerabek Werner E. et al. (Hrsg.), Enzyklopädie Medizingeschichte, Berlin/New York 2007, 1398 f., S. 1398 mit dem Hinweis, dass sich erste Hinweise auf Eingriffe an lebenden Tieren in Schriften aus circa 300 v. Chr. finden.
[2] Grimm Herwig/Bremhorst Annika/Ach Johann S., Tierversuche, in: Ach Johann S./Borchers Dagmar (Hrsg.), Handbuch Tierethik, Grundlagen – Kontexte – Perspektiven, Stuttgart 2018, 273 ff., S. 273. Der bekannteste Befürworter von Tierversuchen, René Descartes, beschrieb Tiere als Automaten ohne moralische Geltung, wohingegen die bekannten Philosophen John Locke und Immanuel Kant bereits früh die Empfindungsfähigkeit von Tieren anerkannten (Ferrari Arianna/Knight Andrew, Tierversuch, in: Ferrari Arianna/Petrus Klaus [Hrsg.], Lexikon der Mensch-Tier-Beziehungen, Bielefeld 2015, 382 ff., S. 382).
[3] Maehle (Fn. 1), S. 1399.
[4] Gärditz Klaus Ferdinand, Grundlagenforschung im Tierversuchsrecht, in: Wissenschaftsrecht 2023, 147 ff., S. 148 f.
[5] Grimm/Bremhorst/Ach (Fn. 2), S. 273.
[6] Bundesrat, Botschaft an die Bundesversammlung über die Ersetzung des Schächtartikels der Bundesverfassung durch einen Tierschutzartikel (Art. 25bis BV) vom 15. November 1972, BBl 1972 II 1478 ff., S. 1483; Gerritsen Vanessa, Güterabwägung im Tierversuchsbewilligungsverfahren, Diss. Zürich 2022, S. 43.
[7] Ferrari/Knight (Fn. 2), S. 383.
[8] Eidgenössisches Departement des Innern/Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen, Bericht Tierversuchsstatistik 2023 (Bern 2024), S. 3 mit dem Hinweis, dass die Anzahl jährlich eingesetzter Versuchstiere in den letzten 20 Jahren jeweils zwischen etwa 560'000 und 760'000 lag.
[9] EDI/BLV, Bericht Tierversuchsstatistik 2023 (Fn. 8), S. 13.
[10] Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen, Bewilligungen 2023, abrufbar unter <https://www.tv-statistik.ch/de/bewilligung/> (besucht am 27. Januar 2025).
[11] Eidgenössisches Departement des Innern/Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen, Tierversuchsstatistik 2018, Hintergrundinformationen, Bern 2019, S. 1. Zutreffender wäre es, von einer «hohen Regelungsdichte» zu sprechen (vgl. Gerritsen, Güterabwägung [Fn. 6], S. 551; Hehemann Lena, Die Genehmigung von Tierversuchen im Spannungsfeld von Tierschutz und Forschungsfreiheit, Ein Rechtsvergleich zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz, Diss. Zürich 2019, S. 286).
[12] Urteil VB.2021.00276 des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 24. November 2022.
[13] Ausgenommen davon sind Massnahmen, die im Rahmen der landwirtschaftlichen Produktion, der diagnostischen oder kurativen Tätigkeit am Tier oder für den Nachweis des Gesundheitsstatus von Tierpopulationen erfolgen (Art. 3 lit. c Ziff. 4 TSchG).
[14] Odermatt Aline, Die Güterabwägung für belastende Tierversuche nach Art. 19 Abs. 4 TSchG, in: Hasani Ylber/Hug Stefanie/Zalka Jascha (Hrsg.), Recht und Umwelt, Junge Rechtswissenschaft Luzern, Zürich 2021, 59 ff., S. 62; Schlüter Klaus-Dieter, Tierversuche: Übertragbarkeit auf den Menschen und ihre Durchführbarkeit, in: Zeitschrift für Herz-, Thorax- und Gefässchirurgie 2019, 67 ff., S. 68.
[15] Sprecher Franziska, Tierversuche: Wie viel Nutzen muss Forschung erbringen? Sicherheitsrechtliche Implikationen der bundesgerichtlichen Bestätigung des Verbots von zwei Tierversuchen mit Rhesusaffen, in: Sicherheit & Recht 2/2010, 110 ff., S. 113; vgl. Ferrari/Knight (Fn. 2), S. 383.
[16] Thurnherr Daniela, Biosecurity und Publikationsfreiheit, Die Veröffentlichung heikler Forschungsdaten im Spannungsfeld von Freiheit und Sicherheit – eine grundrechtliche Analyse, Bern 2014, S. 91.
[17] Dudenredaktion, «Grundlagenforschung» auf Duden online, abrufbar unter <https://www.duden.de/
rechtschreibung/Grundlagenforschung> (besucht am 27. Januar 2025); siehe Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 495; vgl. Wirth Peter E., Gesetzgebung und Vollzug im Bereiche der Tierversuche, Bern/Stuttgart 1991, S. 6. Ähnlich ist die Definition nach deutscher Rechtsprechung, welche Grundlagenforschung als «zweckfreie Forschung, die auf reinen Erkenntnisgewinn zielt» bezeichnet (Urteil 3 Bf 183/18 des Oberverwaltungsgerichts des Bundeslandes Hamburg vom 25. November 2020 E. II.2.a.bb.1 Rz. 62).
[18] Gärditz (Fn. 4), S. 155. So wird die Erforschung grundlegender Lebensvorgänge als Teilgebiet der Grundlagenforschung in Art. 137 Abs. 1 lit. b TSchV ausdrücklich als legitimes Ziel von Tierversuchen genannt (Gerritsen, Güterabwägung [Fn. 6], S. 495).
[19] Ausführlicher, aber ähnlich ausgerichtet ist die von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Definition, welche Grundlagenforschung als «fundamentale Untersuchungen (…), Untersuchungen zur weiteren Erforschung normaler und abnormaler Strukturen, der Funktionsweise und des Verhaltens lebender Organismen und der Umwelt (…) sowie Untersuchungen und Analysen, die eher auf ein besseres oder genaueres Verständnis eines Themas, Phänomens oder grundlegenden Naturgesetzes als auf die spezifische praktische Anwendung der Ergebnisse ausgerichtet sind» bezeichnet (Europäische Kommission, Durchführungsbeschluss 2012/707/EU der Kommission zur Festlegung eines gemeinsamen Formats für die Vorlage der Informationen gemäss der Richtlinie 2010/63/EU des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere vom 14. November 2012 Anhang II Teil B Ziff. 9 lit. i Satz 1). Siehe Thurnherr (Fn. 16), S. 86 ff. für eine vertiefte Auseinandersetzung mit verschiedenen möglichen Definitionen der Grundlagenforschung.
[20] Ferrari et al., Animal Enhancement, Neue technische Möglichkeiten und ethische Fragen, Bern 2010, S. 35; Gerber-Grote Andreas, Grundlagenforschung und Angewandte Forschung: Ist diese Trennung hilfreich?, in: Bulletin VSH-AEU 2/2017, 20 ff., S. 20; Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 496.
[21] Vgl. Gerber-Grote (Fn. 20), S. 20; Wirth (Fn. 17), S. 8. Ähnlich ist die Definition nach deutscher Rechtsprechung, der zufolge die angewandte Forschung auf einen bestimmten Zweck abzielt und versucht, ein bestimmtes Problem zu lösen (Urteil 3 Bf 183/18 des Oberverwaltungsgerichts des Bundeslandes Hamburg vom 25. November 2020 E. II.2.a.bb.1 Rz. 62).
[22] BGE 135 II 405 E. 4.3.1 S. 410 f.; BGE 135 II 384 E. 4.3 S. 398 f.; König Beat Kunihiko, Grundlagen der staatlichen Forschungsförderung, Diss. Zürich 2007, S. 33.
[23] Gärditz (Fn. 4), S. 157.
[24] BGE 135 II 405 E. 4.3.1 S. 410 f.; BGE 135 II 384 E. 4.3 S. 398 f.; Wirth (Fn. 17), S. 5 f.
[25] Hehemann (Fn. 11), S. 244.
[26] Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen, Fachinformation Tierversuche, Schweregrade 1.04, Bern 2018, S. 5; Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 141 f.
[27] BLV, Schweregrade (Fn. 26), S. 3.
[28] Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 348; Stellungnahme des Bundesrates vom 12. Mai 2021 zur Motion Munz (21.3363) «Gemeinsame Bewilligungsbehörde für eine einheitliche Beurteilung von Tierversuchen mit Schweregrad 3» vom 18. März 2021. Verwaltungsverordnungen und Verlautbarungen des BLV, wie etwa die Anleitung Güterabwägung, die dazugehörigen Erläuterungen oder die obgenannte Fachinformation, dienen als Auslegungshilfen für die Gerichte (Urteil VB.2016.00048 des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 5. April 2017 E. 4.3).
[29] BLV, Schweregrade (Fn. 26), S. 4; Kommission für Tierversuchsethik, Weighing of interests for proposed animal experiments, Guidance for applicants, 2. Aufl., Bern 2022, S. 35; Odermatt (Fn. 14), S. 69.
[30] BLV, Schweregrade (Fn. 26), S. 4; KTVE, Wegleitung (Fn. 29), S. 35; Würbel Hanno, Beurteilung von Leiden bei Tieren, in: Sigg Hans/Folkers Gerd (Hrsg.), Güterabwägung bei der Bewilligung von Tierversuchen, Die Güterabwägung interdisziplinär kritisch beleuchtet, Zürich 2011, 95 ff., S. 99. Kritisch dazu Binder Regina, Beiträge zu aktuellen Fragen des Tierschutz- und Tierversuchsrechts, Baden-Baden 2010, S. 243, die argumentiert, dass Tiere im «Hier und Jetzt» präsent seien und daher nicht in der Lage seien, die zeitliche Dimension einer Belastung einzuschätzen. Die Auswirkung kurzfristiger Belastungen auf das Allgemeinbefinden der Versuchstiere sei daher nicht zu unterschätzen.
[31] Urteil VB.2007.00156 des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 27. März 2008 E. 9.4.1.
[32] Zum Vergleich: Die Schweregradeinteilung im EU-Recht orientiert sich am vom BLV erarbeiteten Belastungskatalog (Binder Regina, Die neue Tierversuchs-Richtlinie – Anspruch, Realität und Perspektiven, in: ALTEXethik 2010, 11 ff., S. 16), kennt aber im Gegensatz zu diesem keinen Schweregrad mit keiner Belastung der Tiere. Der Schweregrad 0 erfasst dagegen Terminal- bzw. Finalversuche, also Versuche, die gänzlich unter Vollnarkose durchgeführt werden, aus der das Tier nicht mehr erwacht (Art. 15 Abs. 1 i.V.m. Anhang VIII Richtlinie 2010/63/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2010 zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere; Pröbstl Katja, Das Recht der Tierversuche unter Berücksichtigung unionsrechtlicher Vorgaben, Berlin/Heidelberg 2017, S. 164). Hingegen werden nicht invasive Tierversuche, die beim Tier keine Schmerzen, Leiden, Ängste oder Schäden verursachen können, im Gegensatz zum Schweizer Recht gar nicht erst von der gesetzlichen Definition erfasst (siehe Art. 3 Ziff. 1 RL 2010/63/EU [Fn. 32]; vgl. Pröbstl [Fn. 32], S. 84 f.).
[33] Die gleichen Kriterien gelten für Belastungen durch genetisch bedingte Veränderungen (siehe Art. 25 lit. a TVV).
[34] BLV, Schweregrade (Fn. 26), S. 17 und 42. Kritisch dazu Roth Bea, Versuchstiere – ein Leben hinter Labormauern, in: Zürcher Tierschutzmagazin 2020, 6 ff., S. 7, die argumentiert, dass für viele Tiere bereits die Haltung im Labor belastend sei. Siehe S. 18 ff. für eine vertiefte Erläuterung der Belastungskriterien.
[35] Hehemann (Fn. 11), S. 259 f. Siehe unten S. 15 ff. zur Güterabwägung.
[36] Hehemann (Fn. 11), S. 260.
[37] Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 309; Hehemann (Fn. 11), S. 260 f. mit dem Hinweis, dass sich die Güterabwägung daher weitgehend als verfahrensrechtliche Formalie erweise.
[38] Das Erfordernis der Güterabwägung kann hingegen auch als Zugeständnis verstanden werden, dass selbst Tierversuche mit Schweregrad 0 entgegen ihrer Definition mit Belastungen für die Tiere einhergehen können (vgl. Stiftung für das Tier im Recht, Stellungnahme zur Vernehmlassung zur Tierschutzverordnung und weiteren Verordnungen im Tierschutzbereich vom 15. März 2024, Art. 140 VE-TSchV).
[39] Gemäss Art. 3 lit. a Satz 2 TSchG liegt eine Belastung vor, wenn dem Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden, es in Angst versetzt oder erniedrigt wird, wenn tiefgreifend in sein Erscheinungsbild oder seine Fähigkeiten eingegriffen oder es übermässig instrumentalisiert wird. Art. 136 Abs. 1 TSchV definiert belastende Tierversuche als solche, in deren Rahmen das Wohlergehen der Tiere beeinträchtigt wird (lit. a); an den Tieren chirurgische Eingriffe vorgenommen werden (lit. b); erhebliche physikalische Einwirkungen auf die Tiere erfolgen (lit. c); Stoffe und Stoffgemische den Tieren verabreicht oder auf ihnen aufgetragen werden, bei denen die Wirkung auf die Tiere nicht bekannt ist oder Schädigungen nicht ausgeschlossen werden können (lit. d); pathologische Effekte an den Tieren erzeugt werden (lit. e); Tiere immunisiert oder mit Mikroorganismen oder Parasiten infiziert werden oder ihnen Zellmaterial verabreicht wird (lit. f); Tiere einer Allgemeinanästhesie unterzogen werden (lit. g); Tiere wiederholt oder langandauernd in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt oder isoliert gehalten werden (lit. h); Tiere abweichend von den Haltungs- und Umgangsvorschriften gehalten werden (lit. i); mit Tieren von belasteten Linien oder Stämmen gearbeitet wird (lit. j); Tiere von Linien oder Stämmen eingesetzt werden, bei deren Zucht ein Anteil von über 80 Prozent der Individuen ohne die gewünschten Eigenschaften ist oder bei denen die Zucht nur mittels In-vitro-Fertilisation möglich ist (lit. k).
[40] Bei Belastungen durch genetische Veränderungen werden vom Schweregrad 1 alle leichten Beeinträchtigungen der genannten Art erfasst, nicht nur die kurzfristigen (siehe Art. 25 lit. b TVV).
[41] BLV, Schweregrade (Fn. 26), S. 10 und 34.
[42] Bei Belastungen durch genetische Veränderungen erfasst der Schweregrad 2 mittelgradige Beeinträchtigungen der genannten Art, egal ob kurz-, mittel- oder langfristig (siehe Art. 25 lit. c TVV).
[43] BLV, Schweregrade (Fn. 26), S. 8 und 10.
[44] Bei Belastungen durch genetische Veränderungen erfasst Schweregrad 3 Versuche, die schwere Schmerzen, langfristige Leiden, schwere Schäden, schwere Angst oder eine schwere Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens bewirken (Art. 25 lit. d TVV).
[45] BLV, Schweregrade (Fn. 26), S. 9 und 35.
[46] Siehe oben S. 6 für eine beispielhafte Aufzählung der Anforderungen.
[47] Siehe unten S. 10 ff. zu den einzelnen Voraussetzungen.
[48] Binder, Aktuelle Fragen (Fn. 30), S. 235.
[49] KTVE, Wegleitung (Fn. 29), S. 35; vgl. Art. 3 lit. a Satz 2 TSchG sowie Art. 24 und 25 TVV.
[50] KTVE, Wegleitung (Fn. 29), S. 35; vgl. Art. 3 lit. a Satz 2 TSchG sowie Art. 26 TVV. Siehe zu den Begrifflichkeiten der einzelnen Belastungskriterien unten S. 18 ff.
[51] Urteil VB.2021.00276 des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 24. November 2022 E. 9.2; KTVE, Wegleitung (Fn. 29), S. 35.
[52] Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen, Güterabwägung bei Tierversuchen, Bern 2020, S. 3 f. Kritisch dazu Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 144. In Art. 20 E-TVV (Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement, Entwurf Verordnung des BVET über die Versuchstierhaltungen und die Erzeugung gentechnisch veränderter Tiere sowie über die Verfahren bei Tierversuchen [Tierversuchsverordnung], Bern 2008) war vorgesehen, die nicht-pathozentrischen Belastungen bereits zur Schweregradeinteilung heranzuziehen. In der Vernehmlassung wurde dies jedoch überwiegend kritisiert, mit der Begründung, die Belastungserfassung habe nach objektiven Kriterien zu erfolgen (siehe Bericht über die Ergebnisse des Anhörungsverfahrens zum Entwurf der Verordnung des BVET über die Versuchstierhaltungen und die Erzeugung gentechnisch veränderter Tiere sowie über die Verfahren bei Tierversuchen [Tierversuchsverordnung] vom August 2009, S. 15 f. und 23). Siehe unten S. 15 ff. zur Güterabwägung.
[53] Urteil 2C_147/2019 des Bundesgerichts vom 20. August 2019 E. 5.6.1; Bundesrat, Botschaft zur Revision des Tierschutzgesetzes vom 9. Dezember 2002, BBl 2003 657 ff., S. 674; Gehrig Tanja Katharina, Struktur und Instrumente des Tierschutzrechts, Zürich 1999, S. 107; siehe aber BGE 115 IV 248 E. 5.a S. 254, wonach den heutigen ethischen Vorstellungen «nur ein umfassender Lebensschutz auch des tierischen Lebens gerecht zu werden» vermag.
[54] Schärmeli Liliane/Griffel Alain, Kommentierung von Art. 80 BV, in: Waldmann Bernhard/Belser Eva Maria/Epiney Astrid (Hrsg.), Bundesverfassung, Basler Kommentar, Basel 2015, Rz. 35; Stucki Saskia, Grundrechte für Tiere, Eine Kritik des geltenden Tierschutzrechts und rechtstheoretische Grundlegung von Tierrechten im Rahmen einer Neupositionierung des Tieres als Rechtssubjekt, Diss. Baden-Baden 2016, S. 103. Dies im Gegensatz zum deutschen und österreichischen Recht, welche für die Tötung eines Tieres das Vorliegen eines vernünftigen Grundes verlangen (ausführlich dazu Gärditz [Fn. 4], S. 192 ff.; Rippe Klaus Peter, Ein Lebensschutz für Tiere?, in: Michel Margot/Kühne Daniela/Hänni Julia [Hrsg.], Animal Law – Tier und Recht, Developments and Perspectives in the 21st Century – Entwicklungen und Perspektiven im 21. Jahrhundert, Zürich/St. Gallen 2012, 87 ff., S. 96 ff.; Wagenknecht Tobias et al., Die Tötung überzähliger Versuchstiere – das Erfordernis des «vernünftigen Grundes» und die Übertragung aktueller Rechtsprechung auf den Versuchstierbereich, in: NuR 2023, 22 ff., S. 24 ff.). Im liechtensteinischen Tierschutzrecht wird ebenfalls ein vernünftiger Grund vorausgesetzt und auch das luxemburgische Recht verlangt nach einer Notwendigkeit zur Tötung eines Tieres (Gerritsen, Güterabwägung [Fn. 6], S. 398).
[55] Stiftung für das Tier im Recht, Stellungnahme zur «Anleitung Güterabwägung» und zu den entsprechenden Erläuterungen des BLV, Zürich 2017, S. 5; Bolliger Gieri et al., Schweizer Tierschutzstrafrecht in Theorie und Praxis, 2. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2019, S. 68; Errass Christoph, Kommentierung von Art. 80 BV, in: Ehrenzeller Bernhard et al. (Hrsg.), Die Schweizerische Bundesverfassung, St. Galler Kommentar, 4. Aufl., Zürich 2023, Rz. 49; Gehrig (Fn. 53), S. 107 f.; Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 403 ff. und 553 f.; Gerritsen Vanessa/Rüttimann Andreas, Neue Wege im Tierversuchsrecht, in: Michel Margot/Kühne Daniela/Hänni Julia (Hrsg.), Animal Law – Tier und Recht, Developments and Perspectives in the 21st Century – Entwicklungen und Perspektiven im 21. Jahrhundert, Zürich/St. Gallen 2012, 239 ff., S. 263; Hehemann (Fn. 11), S. 224; Michel Margot, Tierschutzgesetzgebung im Rechtsvergleich: Konzepte und Entwicklungstendenzen, in: Michel Margot/Kühne Daniela/Hänni Julia (Hrsg.), Animal Law – Tier und Recht, Developments and Perspectives in the 21st Century – Entwicklungen und Perspektiven im 21. Jahrhundert, Zürich/St. Gallen 2012, 593 ff., S. 619; Rippe (Fn. 54), S. 93; Schärmeli/Griffel (Fn. 54), Rz. 43.
[56] Bolliger et al., Tierschutzstrafrecht (Fn. 55), S. 69; Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 403 ff.; Schärmeli/Griffel (Fn. 54), Rz. 43; ausführlich Rippe (Fn. 54), S. 93 ff., welcher darlegt, dass das schweizerische Rechtskonzept der Tierwürde eine non-sentientische Ausrichtung verfolge. Demnach könne eine Schädigung des Tieres auch dann vorliegen, wenn dieses die Beeinträchtigung nicht empfinde. Es könne daher nicht vertreten werden, dass die Tötung die Würde des Tieres nicht verletze, nur weil dieses den Tod nicht bewusst erfahre.
[57] Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 405; vgl. Sprecher (Fn. 15), S. 116.
[58] SAMW/SCNAT: Ethische Grundsätze und Richtlinien für Tierversuche, 3. Aufl., Bern 2005, S. 1.
[59] Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 406; siehe auch BLV, Schweregrade (Fn. 26), S. 7, 12, 17 und 51, welche in verschiedenen Beispielen die Euthanasie von Versuchstieren dem Schweregrad 0 zuordnet. Im Entwurf zur totalrevidierten Tierschutzverordnung von 2006 war noch vorgesehen, die Tötung von Versuchstieren als belastend zu qualifizieren und der Unerlässlichkeitsprüfung nach Art. 17 TSchG zu unterstellen (Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement, Erläuterungen zur Totalrevision der Tierschutzverordnung, Bern 2006, S. 57).
[60] Binder, Aktuelle Fragen (Fn. 30), S. 239; vgl. Michel, Rechtsvergleich (Fn. 55), S. 619; Postulat Graf (22.3612) «Wie kann das mit grossem Tierleid behaftete Züchten und Töten hunderttausender Labortiere reduziert werden?» vom 14. Juni 2022, wonach derzeit eine für die Tiere qualvolle CO2-Vergasung die gängigste Tötungsmethode sei. Siehe dazu hingegen auch die Stellungnahme des Bundesrates vom 24. August 2022 zum Postulat Graf, Tierleid Labortiere (Fn. 60), worin dieser hervorhebt, dass im Rahmen des Forschungsauftrags «Das Leben von Tieren humaner beenden» seit 2021 an der Universität Zürich weniger leidverursachende Tötungsmethoden erforscht würden. Zudem seien weitere Erkenntnisse im Rahmen des 2021 lancierten Nationalen Forschungsprogramms 79 «Advancing 3R – Tiere, Forschung und Gesellschaft» zu erwarten (siehe etwa das Projekt «Linking animal and human welfare – refining rodent euthanasia» der Universität Zürich, abrufbar unter <https://data.snf.ch/grants/grant/206396> [besucht am 27. Januar 2025]).
[61] Paganini Claudia, Dem Blick verborgen. Die wissenschaftliche Nutzung von Tieren, in: TIERethik 2/2021, 39 ff., S. 51; Roth (Fn. 34), S. 8; Schilling Jo, Die Tötung von Versuchstieren und von Tieren aus Versuchstierzuchten, Hintergrundpapier des Forum Tierversuche in der Forschung, Osnabrück 2014, S. 13; Thiele Felix, Tierethik zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit, in: Sigg Hans/Folkers Gerd (Hrsg.), Güterabwägung bei der Bewilligung von Tierversuchen, Die Güterabwägung interdisziplinär kritisch beleuchtet, Zürich 2011, 59 ff., S. 59.
[62] Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen, Versuchstierhaltungen 2023, abrufbar unter <https://www.tv-statistik.ch/de/versuchstierhaltungen/> (besucht am 27. Januar 2025).
[63] Der Begriff der «Euthanasie» ist in diesem Zusammenhang im Grunde unzutreffend, da mit dem Fachbegriff die Erleichterung des Sterbens durch menschliches Eingreifen gemeint ist, die überzähligen Versuchstiere hingegen ohne Not getötet werden (Gerritsen, Güterabwägung [Fn. 6], S. 411 f.; Hawkins Penny et al., A Good Death? Report of the Second Newcastle Meeting on Laboratory Animal Euthanasia, in: Animals 9/2016, Art. Nr. 50, S. 24). Zutreffender wäre die Bezeichnung der «humanen Tötung» (Hawkins et al. [Fn. 63], S. 24).
[64] BLV, Versuchstierhaltungen 2023 (Fn. 62); Gärditz (Fn. 4), S. 197. Das genaue Schicksal der überzähligen Versuchstiere wird jedoch bislang nicht statistisch erhoben (Stellungnahme des Bundesrats vom 24. August 2022 zur Interpellation Schneider [22.3808] «Aussagekräftige und transparente Tierversuchsstatistik» vom 17. Juni 2022). Siehe auch Stellungnahme des Bundesrates vom 24. August 2022 zum Postulat Graf, Tierleid Labortiere (Fn. 60), in welcher darauf hingewiesen wird, dass konkrete Bestrebungen im Gang seien, um die Anzahl solcher Tiere zu reduzieren. So etwa das Projekt «AniMatch», welches die Vermittlung von Organen und Gewebe getöteter Versuchstiere (vorwiegend aus Vorhaben des Schweregrades 0) an andere Forschende bezwecke.
[65] Europäische Kommission, Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über die Durchführung der Richtlinie 2010/63/EU zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union vom 5. Februar 2020, Ziff. 3.6.
[66] BGE 135 II 384 E. 3.2.3 S. 394; Gerritsen/Rüttimann (Fn. 55), S. 241; Schlüter (Fn. 14), S. 67.
[67] Bundesrat, Botschaft über die Volksinitiative «zur Abschaffung der Tierversuche» vom 16. März 1992, BBl 1992 II 1631 ff., S. 1644; Gerritsen/Rüttimann (Fn. 55), S. 241.
[68] BGE 135 II 384 E. 3.2.2 S. 393.
[69] Hehemann (Fn. 11), S. 251; KTVE, Wegleitung (Fn. 29), S. 29. Siehe unten S. 15 ff. zur Güterabwägung.
[70] BGE 135 II 384 E. 3.2.2 S. 393.
[71] Vgl. Urteil VB.2021.00276 des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 24. November 2022 E. 4.3.2; KTVE, Wegleitung (Fn. 29), S. 29. In der Literatur werden die Begriffe der Unerlässlichkeit, Verhältnismässigkeit und Güterabwägung in der Systematik der Bewilligungsvoraussetzungen oft uneinheitlich eingeordnet oder aus dem Gesamtkontext herausgelöst behandelt (Gerritsen, Güterabwägung [Fn. 6], S. 235 f.). Nach hier vertretener Ansicht entspricht das «Unerlässlichkeitskonzept» am ehesten dem Gesetzeswortlaut und der Gesamtsystematik des schweizerischen Rechtssystems. Dieses besagt, dass die Ermittlung des unerlässlichen Masses aufgeteilt ist in eine instrumentale Unerlässlichkeit, welche die Voraussetzungen der Eignung und Erforderlichkeit enthält, und eine finale Unerlässlichkeit, welche eine Güter- bzw. Interessenabwägung zum Gegenstand hat (Gerritsen, Güterabwägung [Fn. 6], S. 237). Die Unerlässlichkeit entspricht demnach einer Verhältnismässigkeitsprüfung analog zu Art. 5 Abs. 2 BV (vgl. Kley Andreas/Sigrist Martin, Güterabwägung bei Tierversuchen – Intentionen des Gesetzgebers und erste Anwendungen, in: Sigg Hans/Folkers Gerd [Hrsg.], Güterabwägung bei der Bewilligung von Tierversuchen, Die Güterabwägung interdisziplinär kritisch beleuchtet, Zürich 2011, 35 ff., S. 35 ff.), indem sie eine Prüfung der Eignung, Erforderlichkeit (beide im Rahmen der instrumentalen Unerlässlichkeit) und Zumutbarkeit (Verhältnismässigkeit i.e.S. bzw. Güter-/Interessenabwägung im Rahmen der finalen Unerlässlichkeit) enthält (vgl. statt vieler Schindler Benjamin, Kommentierung von Art. 5 Abs. 2 BV, in: Ehrenzeller Bernhard et al. [Hrsg.], Die Schweizerische Bundesverfassung, St. Galler Kommentar, 4. Aufl., Zürich 2023, S. 235). Art. 4 Abs. 2 TSchG stellt notabene die Geltung eines allgemeinen Verhältnismässigkeitsgrundsatzes für die Tierschutzgesetzgebung auf (Bolliger et al., Tierschutzstrafrecht [Fn. 55], S. 94 ff.).
[72] KTVE, Wegleitung (Fn. 29), S. 30.
[73] Gärditz (Fn. 4), S. 189 f.
[74] KTVE, Wegleitung (Fn. 29), S. 30; Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 250 f.
[75] Vgl. Bolliger et al., Tierschutzstrafrecht (Fn. 55), S. 98.
[76] Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 296.
[77] Bolliger et al., Tierschutzstrafrecht (Fn. 55), S. 98.
[78] Odermatt (Fn. 14), S. 64; vgl. Nuffield Council on Bioethics, The ethics of research involving animals, London 2005, S. 177 f.; TIR, Güterabwägung (Fn. 55), S. 3.
[79] Siehe etwa Ärzte gegen Tierversuche e.V., Wissenschaftliche Argumente gegen Tierversuche, Köln 2023, S. 4 f. Während zum Beispiel die DNA von Menschen und Schimpansen zu 96 Prozent übereinstimmt (Varki Ajit/Nelson David L., Genomic Comparisons of Humans and Chimpanzees, in: Annual Review of Anthropology 2007, 191 ff., S. 194), ist im Vergleich zu Mäusen nur noch eine Übereinstimmung von 85 Prozent festgestellt worden (Church Deanna M. et al., Lineage-Specific Biology Revealed by a Finished Genome Assembly of the Mouse, in: PLoS 5/2009, 1 ff., S. 6 und 8). Die Unterschiede äussern sich etwa darin, dass Menschen bei systemischen Entzündungen eine Erholungszeit von bis zu 6 Monaten haben, während sich Mäuse innerhalb von höchstens 4 Tagen erholen (Seok Junhee et al., Genomic responses in mouse models poorly mimic human inflammatory diseases, in: PNAS 9/2013, 3507 ff., S. 3509). Auch beträgt zum Beispiel die Ruheherzfrequenz des Menschen circa 70 Schläge pro Minute, während es bei Ratten circa 400 und bei Mäusen circa 600 Schläge pro Minute sind (Schlüter [Fn. 14], S. 68).
[80] Animal Procedures Committee, Review of Cost-Benefit Assessment in the use of Animals in Research, London 2003, S. 25. So haben etwa Menschen, Ratten und Mäuse denselben Blutdruck und generell wirken Blutdruckmedikamente bei zahlreichen Tierarten gleich (Schlüter [Fn. 14], S. 68 f.).
[81] Schlüter (Fn. 14), S. 69.
[82] Vgl. auch Schlüter (Fn. 14), S. 68. Siehe zu den zulässigen Versuchszielen unten S. 28.
[83] Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 252, welche nachvollziehbar argumentiert, dass bei auf die Anwendung beim Menschen bezogenen Versuchszielen die Limitationen der Übertragbarkeit im Rahmen der Unerlässlichkeitsprüfung zu berücksichtigen seien.
[84] Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen, Güterabwägung: Erläuterungen (Bern 2017), S. 6; BLV, Güterabwägung (Fn. 52), S. 3; Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 280.
[85] Das 3R-Prinzip stammt von William M. S. Russell und Rex L. Burch und ist in der modernen Forschung allgemein anerkannt (Ferrari/Knight [Fn. 2], S. 383; Gerritsen, Güterabwägung [Fn. 6], S. 152). Russel und Burch gingen davon aus, dass eine möglichst humane Behandlung von Versuchstieren kein Hindernis darstelle, sondern eine Voraussetzung für erfolgreiche Tierversuche sei, wobei die 3R dies methodisch umsetzen könnten (siehe Balls Michael, The principles of humane experimental technique: timeless insights and unheeded warnings, in: ALTEX 1/2010, 144 ff., S. 145).
[86] BLV, Güterabwägung (Fn. 52), S. 3; KTVE, Wegleitung (Fn. 29), S. 31 f.
[87] BLV, Erläuterungen (Fn. 84), S. 6; KTVE, Wegleitung (Fn. 29), S. 32; Paganini (Fn. 61), S. 50.
[88] Solche sind im Sinne des biozentrischen Ansatzes zwar Träger der Würde der Kreatur i.S.v. Art. 120 Abs. 2 BV und Art. 1 TSchG (Errass [Fn. 55], Rz. 15), werden aber gemäss Art. 1 TSchV i.V.m. Art. 2 Abs. 1 TSchG nicht vom Schutzbereich der Tierschutzgesetzgebung erfasst und sind somit nicht Träger der Würde des Tieres (Schärmeli/Griffel [Fn. 54], Rz. 42).
[89] Siehe dazu die Ausführungen in Fn. 64 bezüglich des Projekts «AniMatch».
[90] KTVE, Wegleitung (Fn. 29), S. 32. Für weitere Beispiele siehe auch Gärditz (Fn. 4), S. 188 f.; Knight Andrew, The Costs and Benefits of Animal Experiments, New York 2011, S. 100 ff.
[91] Hehemann (Fn. 11), S. 252, die zu diesem Zweck die Datenbanken der EURL ECVAM und der ZEBET sowie die Datenbanken der SCNAT und SAMW nennt (siehe dazu auch Gerritsen, Güterabwägung [Fn. 6], S. 285 f.).
[92] Gärditz (Fn. 4), S. 158 mit dem Hinweis, dass jedoch wissenschaftliches Wissen erst durch Überprüfung objektiviert und gefestigt werde. Daher seien unter Umständen auch Replikations- oder Reproduktionsstudien gerechtfertigt.
[93] Gerritsen/Rüttimann (Fn. 55), S. 247 ff., die überdies darauf hinweisen, dass die Höhe der vom Bund zur Verfügung gestellten Mittel zur Erforschung von Alternativmethoden (insbesondere im Vergleich zu Unterstützungsleistungen anderer Forschungsbereiche) bei weitem nicht ausreiche, um einen nennenswerten Beitrag zum Ersatz von Tierversuchen zu leisten.
[94] BLV, Güterabwägung (Fn. 52), S. 3; KTVE, Wegleitung (Fn. 29), S. 32; Hehemann (Fn. 11), S. 253.
[95] KTVE, Wegleitung (Fn. 29), S. 32. Zur Problematik der überzähligen Versuchstiere siehe oben S. 9 f.
[96] KTVE, Wegleitung (Fn. 29), S. 32; Odermatt (Fn. 14), S. 66. Zu diesem Zweck müssen vor Versuchsbeginn geeignete belastungsmindernde Massnahmen festgelegt werden (Art. 140 Abs. 1 lit. d TSchV).
[97] KTVE, Wegleitung (Fn. 29), S. 32. Die üblichen Haltungsbedingungen von Nagetieren im Labor unterscheiden sich indes in der Praxis erheblich von ihrem natürlichen Lebensraum und lassen zentrale Merkmale desselben vermissen (Gygax Michelle et al., Rattling the cage: Behaviour and resource use of mice in laboratory and pet cages, in: Applied Animal Behaviour Science 9/2024, S. 1; Würbel Hanno, Ideal homes? Housing effects on rodent brain and behaviour, in: Trends in Neurosciences 4/2001, 207 ff., S. 207 und 209). Siehe auch unten S. 23 zum sogenannten «Environmental Enrichment».
[98] Unter Anästhesie ist allgemein die Herbeiführung eines generellen Verlusts der Sinneswahrnehmung zu verstehen (Larsen Reinhard/Annecke Thorsten/Fink Tobias, Anästhesie, 12. Aufl., München 2022, S. 4), wohingegen Analgesie nur die Schmerzausschaltung bezeichnet (Fish Richard et al., Anesthesia and Analgesia in Laboratory Animals, 2. Aufl., San Diego 2008, S. 6).
[99] BLV, Güterabwägung (Fn. 52), S. 3; KTVE, Wegleitung (Fn. 29), S. 32. So ist zum Beispiel die Kastration männlicher Ferkel nur noch unter Schmerzausschaltung erlaubt (BLV, Erläuterungen [Fn. 84], S. 6). Vgl. auch BLV, Schweregrade (Fn. 26), S. 4.
[100] KTVE, Wegleitung (Fn. 29), S. 32; Hehemann (Fn. 11), S. 253.
[101] Eine optimale Auswertung führt dazu, dass der Versuch nicht wiederholt werden muss und so die kleinstmögliche Anzahl an Versuchstieren für eine statistische Verwertbarkeit verwendet werden kann (Hehemann [Fn. 11], S. 253).
[102] Hehemann (Fn. 11), S. 253; Odermatt (Fn. 14), S. 66 f.
[103] Binder, Aktuelle Fragen (Fn. 30), S. 232; Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 413. In der Literatur werden Abbruchkriterien zum Teil auch als humane endpoints bezeichnet (Ferrari et al. [Fn. 20], S. 35).
[104] Arras Margarete, Wenn Tiere leiden – Einschätzung der Belastung bei Labormäusen, Zürich 2008, S. 14.
[105] BLV, Schweregrade (Fn. 26), S. 55, 57 und 60; Arras (Fn. 104), S. 11; Ferrari et al. (Fn. 20), S. 35; vgl. auch Art. 135 Abs. 7 TSchV.
[106] Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 413 f. mit dem Hinweis, dass Selbstmutilation oder massiver Gewichtsverlust allein auf derart hohe Belastungen hinwiesen, dass das Tier aus dem Versuch genommen werden müsse.
[107] Vgl. etwa Nuffield, Animals (Fn. 78), S. 213; Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 413.
[108] Siehe Ashall Vanessa/Millar Kate, An Opportunity to Refocus on the ‘Humane’ in Experimental Endpoints: Moving Beyond Directive 2010/63/EU, in: Alternatives to Laboratory Animals 4/2013, 307 ff., S. 308; Gärditz (Fn. 4), S. 190.
[109] Vgl. Franco Nuno H./Correia-Neves Margarida/Olsson I. Anna S., How «Humane» Is Your Endpoint? – Refining the Science-Driven Approach for Termination of Animal Studies of Chronic Infection, in: PLoS Pathogens 1/2012, S. 3; Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 413.
[110] Vgl. KTVE, Wegleitung (Fn. 29), S. 32; Hehemann (Fn. 11), S. 253; Odermatt (Fn. 14), S. 66. Es herrscht Uneinigkeit darüber, wo genau das Erfordernis von Art. 20 Abs. 2 TSchG im Aufbau der Bewilligungsvoraussetzungen zu verorten ist. Gemäss Odermatt handle es sich um einen Aspekt der Verminderung (reduce), während Hehemann die Voraussetzung im Rahmen der Vermeidung (replace) behandelt, aber argumentiert, es handle sich eigentlich um einen Aspekt der Güterabwägung. Nach hier vertretener Ansicht erfasst keines der 3R-Prinzipien den Gehalt von Art. 20 Abs. 2 TSchG exakt, weshalb die Verwendung von als evolutiv niedriger stehend eingestuften Tieren im Sinne eines möglichen milderen Mittels als separater Prüfpunkt der Erforderlichkeit zu betrachten ist (vgl. Urteil VB.2021.00276 des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 24. November 2022 E. 4.3.2, welches ebenfalls Art. 20 Abs. 2 TSchG der Erforderlichkeit, nicht jedoch spezifisch einem der 3R-Prinzipien zuordnet). Sodann ist die Hierarchiestufe bzw. sinnesphysiologische Nähe zum Menschen auch als Abwägungskriterium im Rahmen der Güterabwägung zu berücksichtigen (BGE 135 II 405 E. 4.3.4 S. 414 f.; BGE 135 II 384 E. 4.6.1 S. 402 f.). Siehe dazu unten S. 27.
[111] Urteil VB.2007.00156 des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 27. März 2008 E. 9.4.1.
[112] Moore Andrew, What to do about «higher» and «lower» organisms? Some suggestions, in: Bioessays 9/2013, 759; Odermatt (Fn. 14), S. 66; Sigg Hans, Tierversuche in der Schweiz, in: BioFokus 2011, Bd. 84, 1 ff., S. 9; Van Schaik Carel/Burkart Judith, Sind höhere Tiere mehr wert als niedere? Ein Versuch zur Exegese, in: Sigg Hans/Folkers Gerd (Hrsg.), Güterabwägung bei der Bewilligung von Tierversuchen, Die Güterabwägung interdisziplinär kritisch beleuchtet, Zürich 2011, 71 ff., S. 73. Ähnliche Kritik wird auch an Art. 8 RL 2010/63/EU (Fn. 32) geübt, der spezielle Schutzbestimmungen für nichtmenschliche Primaten vorsieht (siehe etwa Cornils Matthias, Reform des europäischen Tierversuchsrechts: zur Unions- und Verfassungsrechtmässigkeit der Richtlinie 2010/63 des Europäischen Parlaments und des Rats zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere, Berlin 2011, S. 132 ff.).
[113] Odermatt (Fn. 14), S. 66; Sigg (Fn. 112), S. 9; vgl. van Schaik/Burkart (Fn. 112), S. 73, die davon ausgehen, dass Tiere höher eingestuft werden, je ähnlicher sie in Gestalt oder Verhalten dem Menschen sind und/oder je mehr diese Merkmale positive Emotionen beim Menschen hervorrufen.
[114] KTVE, Wegleitung (Fn. 29), S. 31; vgl. van Schaik/Burkart (Fn. 112), S. 73 f., die insbesondere auch auf die Fähigkeit abstellen, Schmerzen und Leiden nicht nur selbst zu empfinden, sondern auch diese bei anderen wahrzunehmen sowie sich an eigene Belastungen zu erinnern und/oder solche zu antizipieren.
[115] Sigg (Fn. 112), S. 9, der darauf hinweist, dass etwa Hunde besser an repetitive Blutentnahmen gewöhnt werden könnten als Schweine. Ausserdem sei, so dieser Autor, bemerkenswert, dass bei Primaten eine ausgeprägte Experimentierfreudigkeit beobachtet werden könne und diese sich in einzelnen Versuchen sogar freiwillig in die Versuchsanordnung begeben hätten.
[116] BLV, Erläuterungen (Fn. 84), S. 6 f.; vgl. TIR, Güterabwägung (Fn. 55), S. 3.
[117] BLV, Erläuterungen (Fn. 84), S. 7; siehe auch Bolliger et al., Tierschutzstrafrecht (Fn. 55), S. 100 f.
[118] Bolliger et al., Tierschutzstrafrecht (Fn. 55), S. 100; Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 295.
[119] Vgl. Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 296 f. mit dem Hinweis, dass es in der Bewilligungspraxis bei Bejahung der Erforderlichkeit oft zum Fehlschluss komme, dass damit bereits die Unerlässlichkeit des Versuchs gegeben sei.
[120] Auffällig ist die negative Formulierung des Gesetzestextes. Es wird nicht festgelegt, wann ein Tierversuch zulässig ist, sondern wann er unzulässig ist. Ursache dafür sei, dass das Tierschutzgesetz als Verbotsgesetz gestaltet sei und somit die Grenzen der unzulässigen Verhaltensweisen bestimme (siehe Kley/Sigrist [Fn. 71], S. 40).
[121] BGE 135 II 384 E. 4 S. 396; KTVE, Wegleitung (Fn. 29), S. 33; Sprecher (Fn. 15), S. 119. Gleiches gilt für Deutschland und Österreich, wo ebenfalls Schaden und Nutzen eines Tierversuchs ermittelt und gegeneinander abgewogen werden müssen (Hehemann [Fn. 11], S. 254).
[122] BGE 135 II 405 E. 4.3.1 S. 410; BGE 135 II 384 E. 4.3 S. 398.
[123] Eidgenössische Kommission für Tierversuche/Eidgenössische Ethikkommission für die Biotechnologie im Ausserhumanbereich, Forschung an Primaten – eine ethische Bewertung, Bern 2006, S. 10; Ferrari Arianna/Gerritsen Vanessa, Güterabwägung, in: Ferrari Arianna/Petrus Klaus (Hrsg.), Lexikon der Mensch-Tier-Beziehung, Human-Animal Studies, Bielefeld 2015, 139 ff., S. 141; Kley/Sigrist (Fn. 71), S. 40.
[124] Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 343; Zenger Christoph Andreas, Das «unerlässliche Mass» an Tierversuchen: Ergebnisse und Grenzen der juristischen Interpretation eines «unbestimmten Rechtsbegriffs», Basel/Frankfurt am Main 1989, S. 118 f.
[125] BLV, Erläuterungen (Fn. 84), S. 4; Bolliger Gieri, Animal Dignity Protection in Swiss Law – Status Quo and Future Perspectives, Zürich/Basel/Genf 2016, S. 57. Wo möglich ist jedoch auf empirische naturwissenschaftliche Tatsachen abzustellen als Stütze für den normativen Entscheid (vgl. BLV, Erläuterungen [Fn. 84], S. 4).
[126] BLV, Erläuterungen (Fn. 84), S. 7; Hehemann (Fn. 11), S. 255.
[127] Hehemann (Fn. 11), S. 255.
[128] Siehe oben S. 5 ff. zur Schweregradeinteilung.
[129] BLV, Erläuterungen (Fn. 84), S. 9. Dieses Vorgehen ist nach hier vertretener Ansicht zu begrüssen, da die Schweregradeinteilung die für die Güterabwägung massgeblichen nicht-pathozentrischen Belastungskriterien nicht berücksichtigt (siehe dazu oben S. 7 f.). So wurde dies etwa in einem neuen Entscheid des Zürcher Verwaltungsgerichts umgesetzt (siehe Urteil VB.2021.00276 des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 24. November 2022 E. 11; vgl. aber BGE 135 II 405 E. 4.3.3 ff. S. 404 ff.; BGE 135 II 384 E. 4.5 ff. S. 401 ff.; Urteil VB.2016.00048 des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 5. April 2017 E. 10.6, in welchen keine separate Einstufung für die Güterabwägung vorgenommen wurde).
[130] Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 348; Würbel (Fn. 30), S. 99 mit dem Hinweis, dass jedoch eine grössere Anzahl an Abstufungen aufgrund aktuell mangelnder wissenschaftlicher Kenntnis über die von den Tieren tatsächlich empfundenen Belastungen zurzeit (noch) nicht sinnvoll wäre.
[131] Binder, Aktuelle Fragen (Fn. 30), S. 235. So werden etwa bei Mäusen Angst, Schmerz und Stress in unterschiedlichen Gehirnregionen verarbeitet, führen aber zu beinahe identischen Reaktionen, wie zum Beispiel erhöhter Herzfrequenz und erhöhtem Blutdruck (Arras [Fn. 104], S. 23). Wird eine solche Reaktion bei einer Maus festgestellt, lässt sich also nur schwer sagen, unter welcher Art von Belastung oder Kombination von Belastungen sie leidet.
[132] Binder, Aktuelle Fragen (Fn. 30), S. 235; Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 352; vgl. Bolliger et al., Tierschutzstrafrecht (Fn. 55), S. 87 und Würbel (Fn. 30), S. 95, die darauf hinweisen, dass Leiden als subjektive Empfindungen nur vom Individuum selbst wahrgenommen werden können und daher von aussen nicht messbar und nicht akkurat quantifizierbar sind.
[133] Aaltola Elisa, Schmerz, in: Ferrari Arianna/Petrus Klaus (Hrsg.), Lexikon der Mensch-Tier-Beziehungen, Bielefeld 2015, 312 ff., S. 313; Arras (Fn. 104), S. 22; Douglas Jamie M./Guzman David Sanchez-Migallon/Paul-Murphy Joanne R., Pain in Birds, The Anatomical and Physiological Basis, in: Veterinary Clinics of North America: Exotic Animal Practice 1/2018, 17 ff., S. 18.
[134] Aaltola, Schmerz (Fn. 133), S. 313; Arras (Fn. 104), S. 22 mit dem Hinweis, dass Mäuse Schmerzen und Beeinträchtigungen meist erst im fortgeschrittenen Stadium zeigen.
[135] Würbel (Fn. 30), S. 99; vgl. Aaltola, Schmerz (Fn. 133), S. 313; Baumans Vera et al., Pain and distress in laboratory rodents and lagomorphs, in: Laboratory Animals 2/1994, 97 ff., S. 98.
[136] Bolliger, Animal Dignity (Fn. 125), S. 58; Camenzind Samuel, Auf zu neuen Ufern: Rechtsphilosophische Überlegungen zur übermässigen Instrumentalisierung im schweizerischen Tierschutzgesetz, in: Michel Margot/Kühne Daniela/Hänni Julia (Hrsg.), Animal Law – Tier und Recht, Developments and Perspectives in the 21st Century – Entwicklungen und Perspektiven im 21. Jahrhundert, Zürich/St. Gallen 2012, 173 ff., S. 195.
[137] BLV, Erläuterungen (Fn. 84), S. 10 und 12. Dies im Gegensatz zur Schweregradeinteilung, wo eine Kumulation der Belastungen unbestrittenermassen zu einer höheren Einstufung führen kann (siehe dazu oben S. 5).
[138] Urteil VB.2016.00048 des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 5. April 2017 E. 9.4.2; TIR, Güterabwägung (Fn. 55), S. 7; Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 337.
[139] Vgl. TIR, Güterabwägung (Fn. 55), S. 7. Zu den Begriffen der Anästhesie und Analgesie siehe Fn. 98.
[140] Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 356. Aus der Güterabwägung ergibt sich zwar implizit eine Obergrenze, da die Belastungen ab einer gewissen Schwere so stark zu gewichten sind, dass kein möglicher Nutzen sie mehr überwiegen kann (Gerritsen, Güterabwägung [Fn. 6], S. 356 f.; vgl. Bolliger et al., Tierschutzstrafrecht [Fn. 55], S. 104). Vgl. aber Ach Johann S., Prinzipien der Tierversuchsethik, in: TIERethik 2/2021, 55 ff., S. 66 f., der darauf hinweist, dass eine explizite Belastungsobergrenze trotzdem sinnvoll sein kann, um der Neigung der Forschenden Rechnung zu tragen, den Nutzen zu überschätzen und die Belastungen zu unterschätzen.
[141] Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 206.
[142] Siehe RL 2010/63/EU (Fn. 32).
[143] Vgl. Peters Anne/Stucki Saskia, Tierversuchsrichtlinie 2010/63/EU: Rechtsgutachten zu ihrer Umsetzung in Deutschland, Zürich 2022, S. 81 ff.; Pröbstl (Fn. 32), S. 171 f.
[144] Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 354.
[145] Urteil VB.2021.00276 des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 24. November 2022 E. 9.3.3.3; BLV, Schweregrade (Fn. 26), S. 4.
[146] BLV, Schweregrade (Fn. 26), S. 4; Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 354.
[147] BLV, Güterabwägung (Fn. 52), S. 4 f.; siehe auch Art. 3 lit. a Satz 3 sowie Art. 17 TSchG. Dies im Gegensatz zur Schweregradeinteilung, bei welcher nur pathozentrische Belastungen berücksichtigt werden (siehe oben S. 7 f.).
[148] Camenzind, Instrumentalisierung (Fn. 136), S. 191; Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 439 mit dem Hinweis, dass es unpräzise sei, die nicht-pathozentrischen Kriterien ebenfalls als «Belastung» zu bezeichnen, da das betroffene Tier sie nicht unbedingt als solche empfinde.
[149] Arras (Fn. 104), S. 23.
[150] Bolliger et al., Tierschutzstrafrecht (Fn. 55), S. 83.
[151] Urteil VB.2016.00048 des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 5. April 2017 E. 9.4.2; Arras (Fn. 104), S. 23; Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 337 und 422; TIR, Güterabwägung (Fn. 55), S. 7; a.A. BLV, Erläuterungen (Fn. 84), S. 10 und 12. Siehe dazu auch oben S. 17.
[152] Arras (Fn. 104), S. 16; Baumans et al. (Fn. 135), S. 98; Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 358. Es ist anzumerken, dass es Fälle von Gewebeschädigungen gibt, welche keine Schmerzen hervorrufen, sowie dass gewisses Zellgewebe, wie etwa das Gehirn, gar keine Schmerzrezeptoren besitzt (von Holleben Karen et al., Report on good and adverse practices – Animal welfare concerns in relation to slaughter practices from the viewpoint of veterinary sciences, Schwarzenbek 2010, S. 4 f.).
[153] BLV, Erläuterungen (Fn. 84), S. 7; Baumans et al. (Fn. 135), S. 98; vgl. Aaltola, Schmerz (Fn. 133), S. 314.
[154] Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 358. Siehe dazu auch oben S. 16 f.
[155] Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 369 mit dem Hinweis, dass leichte bis mittelstarke Schmerzen ohne invasive Messungen kaum erkennbar seien.
[156] Aaltola, Schmerz (Fn. 133), S. 312; Baumans et al. (Fn. 135), S. 98; a.A. Lorz Albert/Metzger Ernst, Tierschutzgesetz, Kommentar, 7. Aufl., München 2019, S. 50. Die bewusste Wahrnehmung unterscheidet die Schmerzwahrnehmung von der reinen Nozizeption. Dabei handelt es sich um die Fähigkeit, schädliche Reize zu lokalisieren, wobei dies (zum Beispiel bei Pflanzen) unbewusst erfolgen kann. Die Schmerzempfindung hingegen setzt zusätzlich eine affektive Komponente voraus: Die Reize müssen bewusst wahrgenommen und subjektiv interpretiert werden, wodurch das Verhalten des Organismus beeinflusst wird (zum Ganzen Aaltola, Schmerz [Fn. 133], S. 312; Arras [Fn. 104], S. 16; Fish et al. [Fn. 98], S. 5; Poncet Pierre-André et al., Ethical Reflections on the Dignity and Welfare of Horses and other Equids, Pathways to Enhanced Protection, Bern 2022, S. 21; von Holleben et al. [Fn. 152], S. 4). Noch heute wird Tieren häufig nur die Fähigkeit zur Nozizeption, nicht jedoch zur Schmerzempfindung zugesprochen (Aaltola, Schmerz [Fn. 133], S. 312 f.; Gerritsen, Güterabwägung [Fn. 6], S. 364).
[157] Bolliger et al., Tierschutzstrafrecht (Fn. 55), S. 85. Studien zeigen, dass etwa Vögel, obwohl sie keinen abgegrenzten Neocortex (Teil der Grosshirnrinde) besitzen, sensorische Informationen ähnlich verarbeiten wie Säugetiere und wahrscheinlich Schmerzen auf vergleichbare Weise wahrnehmen wie diese (Douglas/Guzman/Paul-Murphy [Fn. 133], S. 18 und 21).
[158] Bolliger et al., Tierschutzstrafrecht (Fn. 55), S. 85 f. Es wurde nachgewiesen, dass das nozizeptive System von Fischen dem von Säugetieren ähnelt, und dass schmerzlindernde Medikamente ihre Reaktionen auf potenziell schmerzhafte Reize unterdrücken, was darauf hindeutet, dass sie trotz fehlender Grosshirnrinde Schmerz empfinden (Sneddon Lynne U., Evolution of nociception and pain: evidence from fish models, in: Philosophical Transactions of the Royal Society B: Biological Sciences 23/2019, S. 1 und 5 f.). Es ist folglich denkbar, dass bei Tieren ohne Neocortex andere Gehirnregionen die zur bewussten Schmerzempfindung erforderlichen Funktionen ausüben können (Segner Helmut, Fish, Nociception and pain, A biological perspective, Bern 2012, S. 44; Striedter Georg, Lack of neocortex does not imply fish cannot feel pain, in: Animal Sentience 2016, S. 1). A.A. Key Brian, Why fish do not feel pain, in: Animal Sentience 2016, S. 14 ff.
[159] Binder, Aktuelle Fragen (Fn. 30), S. 236; von Loeper Eisenhart, § 1 TierSchG, in: Kluge Hans-Georg (Hrsg.), Tierschutzgesetz: Kommentar, Stuttgart 2002, 87 ff., Rz. 22; vgl. Arras (Fn. 104), S. 16.
[160] Bolliger et al., Tierschutzstrafrecht (Fn. 55), S. 87; Mogil Jeffrey S., Animal models of pain: progress and challenges, in: Nature Reviews Neuroscience 4/2009, 283 ff., S. 283.
[161] Bolliger et al., Tierschutzstrafrecht (Fn. 55), S. 84.
[162] Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 361 f., welche Kopfschmerzen bei Meerschweinchen, Ratten, Mäusen und Katzen als Beispiel nennt für Schmerzen, die durch psychische Faktoren beeinflusst werden könnten. Vgl. auch Poncet et al. (Fn. 156), S. 21.
[163] BLV, Erläuterungen (Fn. 84), S. 8. Im deutschen Recht werden Leiden als alle nicht bereits vom Begriff des Schmerzes erfassten «Beeinträchtigungen im Wohlbefinden, die über ein schlichtes Unbehagen hinausgehen und eine nicht ganz unwesentliche Zeitspanne fortdauern» bezeichnet (Urteil StR 159/86 des Bundesgerichtshofs vom 18. Februar 1987 E. II.2.a Rz. 16).
[164] Baumans et al. (Fn. 135), S. 98.
[165] Aaltola Elisa, Leiden, in: Ferrari Arianna/Petrus Klaus (Hrsg.), Lexikon der Mensch-Tier-Beziehungen, Bielefeld 2015, 220 ff., S. 220. Es ist jedoch zu beachten, dass auch nicht alle Schmerzen lokalisierbar sind (Gerritsen, Güterabwägung [Fn. 6], S. 383).
[166] Binder, Aktuelle Fragen (Fn. 30), S. 237; Petrus Klaus, Schaden, in: Ferrari Arianna/Petrus Klaus (Hrsg.), Lexikon der Mensch-Tier-Beziehungen, Bielefeld 2015, 305 ff., S. 305.
[167] BLV, Erläuterungen (Fn. 84), S. 8; vgl. Arras (Fn. 104), S. 19 f. mit dem Hinweis, dass sich gewisse Verhaltensweisen von Tieren durch natürliche Selektion herausgebildet hätten und Leiden entstehen könnten, wenn die Tiere davon abgehalten würden, diese auszuführen.
[168] Binder, Aktuelle Fragen (Fn. 30), S. 237.
[169] Aaltola, Leiden (Fn. 165), S. 221.
[170] Aaltola, Leiden (Fn. 165), S. 221.
[171] Von Loeper (Fn. 159), Rz. 24.
[172] Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 384.
[173] De Waal Frans B.M./Preston Stephanie D., Mammalian empathy: behavioural manifestations and neural basis, in: Nature Reviews Neuroscience 8/2017, 498 ff., S. 507; Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 383. Beobachten lässt sich empathisches Verhalten insbesondere bei sozialen Tieren, wie etwa Delfinen, die einen ausser Gefecht gesetzten Artgenossen an die Wasseroberfläche heben, damit dieser atmen kann, oder Schimpansen, die älteren, kletterunfähigen Genossen Früchte vom Baum hinunterbringen (de Waal/Preston [Fn. 173], S. 499). Gemäss neueren Studien lässt sich empathieähnliches und prosoziales Verhalten auch bei Nagetieren beobachten (Keysers Christian et al., Emotional contagion and prosocial behavior in rodents, in: Trends in Cognitive Sciences 8/2022, 688 ff., S. 702).
[174] Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 384; van Schaik/Burkart (Fn. 112), S. 73.
[175] Aaltola, Leiden (Fn. 165), S. 222.
[176] Binder, Aktuelle Fragen (Fn. 30), S. 236; Bolliger et al., Tierschutzstrafrecht (Fn. 55), S. 90.
[177] Siehe dazu Fn. 158.
[178] Lorz/Metzger (Fn. 157), S. 48.
[179] Bolliger et al., Tierschutzstrafrecht (Fn. 55), S. 90; ausführlich Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 388 ff.
[180] Binder, Aktuelle Fragen (Fn. 30), S. 238; Bolliger et al., Tierschutzstrafrecht (Fn. 55), S. 91; Wiegand Klaus Dieter, Die Tierquälerei, Ein Beitrag zur historischen, strafrechtlichen und kriminologischen Problematik der Verstösse gegen § 17 Tierschutzgesetz, Lübeck 1979, S. 69.
[181] Bolliger et al., Tierschutzstrafrecht (Fn. 55), S. 91; Petrus (Fn. 166), S. 305; Wiegand (Fn. 180), S. 69.
[182] Binder, Aktuelle Fragen (Fn. 30), S. 238; Bolliger et al., Tierschutzstrafrecht (Fn. 55), S. 91; Wiegand (Fn. 180), S. 69.
[183] Binder, Aktuelle Fragen (Fn. 30), S. 238; Michel Margot, Die Würde der Kreatur und die Würde des Tieres im schweizerischen Recht, Eine Standortbestimmung anlässlich der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, in: NuR 2/2012, 102 ff., S. 103; Petrus (Fn. 166), S. 305. Es ist jedoch wiederum darauf hinzuweisen, dass die gesetzlichen Bestimmungen nur auf die vom Geltungsbereich gemäss Art. 1 und 112 TSchV erfassten Tiere anwendbar sind.
[184] Bolliger et al., Tierschutzstrafrecht (Fn. 55), S. 91; Michel, Würde (Fn. 183), S. 103; Petrus (Fn. 166), S. 305.
[185] BLV, Erläuterungen (Fn. 84), S. 8; Bolliger et al., Tierschutzstrafrecht (Fn. 55), S. 91 f.; Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 395; Petrus (Fn. 166), S. 305.
[186] Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 395.
[187] Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 394.
[188] Bolliger et al., Tierschutzstrafrecht (Fn. 55), S. 92; Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 396.
[189] BLV, Erläuterungen (Fn. 84), S. 8; Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 422; Goetschel Antoine F./Bolliger Gieri, «Angst» als Rechtsbegriff in der Tierschutzgesetzgebung des deutschen Sprachraums, Kurzgutachten, Bern/Zürich 2005, S. 2.
[190] Binder, Aktuelle Fragen (Fn. 30), S. 237.
[191] Binder, Aktuelle Fragen (Fn. 30), S. 237.
[192] Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 422.
[193] Bolliger et al., Tierschutzstrafrecht (Fn. 55), S. 94; vgl. Wiegand (Fn. 180), S. 70.
[194] Bolliger et al., Tierschutzstrafrecht (Fn. 55), S. 92 f.; Goetschel/Bolliger (Fn. 189), S. 2.
[195] Bolliger et al., Tierschutzstrafrecht (Fn. 55), S. 92 ff. mit dem Hinweis, dass umstritten sei, ob Tiere (allenfalls eine eigene Form von) Existenzangst empfinden können, aber es zumindest nicht auszuschliessen sei.
[196] Bolliger et al., Tierschutzstrafrecht (Fn. 55), S. 93; Lorz/Metzger (Fn. 157), S. 51.
[197] Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 423.
[198] Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 424. Ausserhalb des Tierversuchsbereichs nennt einzig Art. 124 Abs. 1 TSchV Störungen des Allgemeinbefindens als Kriterium für die Belastungserfassung bei Haltung, Zucht und Handel mit gentechnisch veränderten Tieren.
[199] Vgl. Bundesrat, Botschaft über ein Tierschutzgesetz vom 9. Februar 1977, BBl 1977 I 1075 ff.
[200] Vgl. BLV, Güterabwägung (Fn. 52), S. 1 ff.; BLV, Erläuterungen (Fn. 84), S. 1 ff.
[201] Amtliches Bulletin Nationalrat 1977, 1401 ff., S. 1410 mit dem Hinweis, dass das tierische Wohlbefinden nicht wie etwa Pulsschlag oder Fieber messbar, sondern unter Berücksichtigung der artspezifischen Lebensbedürfnisse anhand der genannten Indizien festzustellen sei.
[202] Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 426.
[203] Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 426. Siehe auch oben S. 18.
[204] Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 426.
[205] Arras (Fn. 104), S. 16 f.; Baumans et al. (Fn. 135), S. 98.
[206] Arras (Fn. 104), S. 16.
[207] Arras (Fn. 104), S. 16 f.; Mende Gerald, Untersuchung zur Beurteilung der Belastung von Laborratten durch einfache Manipulationen, an den Parametern Kortikosteron und Prolaktin, Berlin 1999, S. 9 f.
[208] Mende (Fn. 207), S. 5.
[209] Arras (Fn. 104), S. 17; siehe Mende (Fn. 207), S. 7 für eine ausführliche Übersicht möglicher Verhaltensänderungen und damit zusammenhängender hormoneller und systemischer Veränderungen.
[210] Baumans et al. (Fn. 135), S. 98; Mende (Fn. 207), S. 8.
[211] Baumans et al. (Fn. 135), S. 98; Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 426.
[212] Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 432 f.
[213] Herrmann Kathrin/Ratsch Heidemarie, Bessere Haltungsbedingungen für Labortiere, Überwachung von Versuchstierhaltungen – die Frage des Enrichments, in: Deutsches Tierärzteblatt 4/2010, 492 ff., S. 492.
[214] Ferrari et al. (Fn. 20), S. 33 f.; Herrmann/Ratsch (Fn. 213), S. 496.
[215] Herrmann/Ratsch (Fn. 213), S. 494.
[216] Schaber Peter, Instrumentalisierung, in: Ferrari Arianna/Petrus Klaus (Hrsg.), Lexikon der Mensch-Tier-Beziehungen, Bielefeld 2015, 165 ff., S. 165.
[217] Bolliger Gieri/Rüttimann Andreas, Rechtlicher Schutz der Tierwürde – Status quo und Zukunftsperspektiven, in: Ammann Christoph et al. (Hrsg.), Würde der Kreatur, Zürich/Basel/Genf 2015, 65 ff., S. 70; Schaber (Fn. 216), S. 167.
[218] Bolliger, Animal Dignity (Fn. 125), S. 50; Bolliger/Rüttimann (Fn. 217), S. 70; Poncet et al. (Fn. 156), S. 24; siehe auch Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 443, 447 und 449, der zufolge ein Grossteil der in Tierversuchen verwendeten Tiere einzig als biomedizinisches Messinstrument betrachtet würden, die nach Verlust ihrer Nützlichkeit getötet würden. Dies stelle zweifellos eine rechtfertigungsbedürftige übermässige Instrumentalisierung dar, weshalb ein Grossteil der Tierversuche per se mit einer übermässigen Instrumentalisierung für die Tiere einhergehe (siehe auch Gerritsen/Rüttimann [Fn. 55], S. 241).
[219] BLV, Erläuterungen (Fn. 84), S. 8.
[220] TIR, Güterabwägung (Fn. 55), S. 5; Bolliger, Animal Dignity (Fn. 125), S. 49; Bolliger et al., Tierschutzstrafrecht (Fn. 55), S. 59; Bolliger/Rüttimann (Fn. 217), S. 70; Camenzind, Instrumentalisierung (Fn. 136), S. 192; Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 447 und 554.
[221] TIR, Güterabwägung (Fn. 55), S. 5; Bolliger et al., Tierschutzstrafrecht (Fn. 55), S. 59; Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 447.
[222] TIR, Güterabwägung (Fn. 55), S. 5; Bolliger et al., Tierschutzstrafrecht (Fn. 55), S. 59; Camenzind, Instrumentalisierung (Fn. 136), S. 192; Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 447; siehe aber auch Camenzind Samuel, Das Klonen von Tieren – eine ethische Auslegeordnung, Gutachten im Auftrag der Eidgenössischen Ethikkommission für die Biotechnologie im Ausserhumanbereich EKAH, Zürich 2010, S. 36, wo der Autor eine Rechtfertigung vollständiger Instrumentalisierung im Rahmen der Güterabwägung noch für möglich erachtet, mit der Begründung, dass die Würde der Kreatur im Gegensatz zur Menschenwürde keine absolute Geltung besitze.
[223] Bolliger et al., Tierschutzstrafrecht (Fn. 55), S. 60.
[224] KTVE, Wegleitung (Fn. 29), S. 36.
[225] Vgl. Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 449 f.
[226] Bolliger, Animal Dignity (Fn. 125), S. 50; Camenzind, Instrumentalisierung (Fn. 136), S. 191; vgl. auch BLV, Erläuterungen (Fn. 84), S. 8; Bolliger et al., Tierschutzstrafrecht (Fn. 55), S. 58; Bolliger/Rüttimann (Fn. 217), S. 70; Poncet et al. (Fn. 156), S. 23.
[227] Bolliger, Animal Dignity (Fn. 125), S. 48; Bolliger et al., Tierschutzstrafrecht (Fn. 55), S. 58; Bolliger/Rüttimann (Fn. 217), S. 70.
[228] BLV, Erläuterungen (Fn. 84), S. 8. So auch Poncet et al. (Fn. 156), S. 23.
[229] Siehe zum Begriff der vollständigen Instrumentalisierung oben S. 24.
[230] Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 455.
[231] BLV, Erläuterungen (Fn. 84), S. 8; vgl. KTVE, Wegleitung (Fn. 29), S. 36, wonach die beiden Belastungskriterien zwei Aspekte desselben Phänomens darstellten. So lägen sie beide vor, wenn das Tier nicht als eigenständiges Lebewesen berücksichtigt werde oder es fremden Zwecken unterworfen werde.
[232] Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 456.
[233] Poncet et al. (Fn. 156), S. 23.
[234] Vgl. Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 455.
[235] Eidgenössische Kommission für Tierversuche, Stellungnahme zur Konkretisierung der Würde der Kreatur im Rahmen der geplanten Revision des Tierschutzgesetzes, Bern 1999, S. 2; Bolliger et al., Tierschutzstrafrecht (Fn. 55), S. 58; Bolliger/Rüttimann (Fn. 217), S. 70.
[236] Bolliger, Animal Dignity (Fn. 125), S. 49; Poncet et al. (Fn. 156), S. 23; siehe allerdings auch Bolliger et al., Tierschutzstrafrecht (Fn. 55), S. 60, wo die Mechanisierung von Tieren als Beispiel einer vollständigen Instrumentalisierung genannt wird.
[237] BLV, Erläuterungen (Fn. 84), S. 8; Poncet et al. (Fn. 156), S. 23.
[238] TIR, Güterabwägung (Fn. 55), S. 4.
[239] BLV, Erläuterungen (Fn. 84), S. 8; Bolliger, Animal Dignity (Fn. 125), S. 49; Poncet et al. (Fn. 156), S. 23.
[240] Bolliger, Animal Dignity (Fn. 125), S. 51.
[241] Bolliger et al., Tierschutzstrafrecht (Fn. 55), S. 60; Poncet et al. (Fn. 156), S. 24; vgl. BLV, Erläuterungen (Fn. 84), S. 8.
[242] TIR, Güterabwägung (Fn. 55), S. 4; Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 453.
[243] BLV, Erläuterungen (Fn. 84), S. 8.
[244] TIR, Güterabwägung (Fn. 55), S. 4; Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 453 f.; vgl. Urteil VB.2016.00048 des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 5. April 2017 E. 9.5.7.1, welches zwar dem BLV dahingehend zustimmt, dass tiefgreifende Eingriffe in die Fähigkeiten stets mit einem Schaden zusammenfielen, jedoch ebenfalls darauf hinweist, dass der Eingriff in die Fähigkeiten trotzdem selbständig berücksichtigt werden müsse.
[245] Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 454; vgl. auch TIR, Güterabwägung (Fn. 55), S. 4.
[246] Darunter ist eine «Verbesserung» der Tiere zu verstehen, wobei etwa durch Implementierung neuer Fähigkeiten «Vorteile» für die Tiere entstehen können (ausführlich dazu Ferrari et al. [Fn. 20], S. 21 ff.). So zum Beispiel beim sogenannten «Gendoping», sprich Gentherapien zur Steigerung artspezifischer Fähigkeiten, wie etwa eine Verbesserung der Sauerstoffversorgung und Energiebereitstellung oder eine Reduktion altersbedingten Muskelschwund, was letztlich auch für menschliches «Enhancement» relevant sein könnte (Ferrari et al. [Fn. 20], S. 32 und 48 ff.). Im Bereich der Tierversuche kann sich der Begriff des «Animal Enhancements» allerdings auch auf Verbesserungen in Bezug auf das sogenannte «Tiermodell» beziehen, also auf gezielte Veränderungen von Tieren, um deren Eignung für wissenschaftliche Experimente zu optimieren und die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf den Menschen zu erhöhen (siehe Ferrari et al. [Fn. 20], S. 32).
[247] TIR, Güterabwägung (Fn. 55), S. 4; Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 454.
[248] BLV, Erläuterungen (Fn. 84), S. 8.
[249] Siehe Urteil VB.2016.00048 des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 5. April 2017 E. 9.5.7.2; TIR, Güterabwägung (Fn. 55), S. 3 f.; Bolliger et al., Tierschutzstrafrecht (Fn. 55), S. 61 f.; Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 451 f.
[250] TIR, Güterabwägung (Fn. 55), S. 3.
[251] TIR, Güterabwägung (Fn. 55), S. 3.
[252] TIR, Güterabwägung (Fn. 55), S. 4.
[253] Vgl. Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 451 f.
[254] Urteil VB.2016.00048 des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 5. April 2017 E. 9.5.7.2; Bolliger et al., Tierschutzstrafrecht (Fn. 55), S. 61; Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 452; siehe auch TIR, Güterabwägung (Fn. 55), S. 4 mit dem Hinweis, dass sich ein engerer Anwendungsbereich weder aus dem Gesetz noch aus den Materialien ableiten lasse.
[255] Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 452; Poncet et al. (Fn. 156), S. 23.
[256] EKAH, Würde (Fn. 235), S. 2; Krepper Peter, Tierwürde im Recht – am Beispiel von Tierversuchen, in: AJP 3/2010, 303 ff., S. 308.
[257] Bolliger et al., Tierschutzstrafrecht (Fn. 55), S. 61; Bolliger/Rüttimann (Fn. 217), S. 71 mit dem Hinweis, dass solche Handlungen auch vom Belastungskriterium der Erniedrigung erfasst werden könnten.
[258] Bolliger, Animal Dignity (Fn. 125), S. 53.
[259] Siehe oben S. 13.
[260] BGE 135 II 384 E. 4.6.1 S. 403 f.; Urteil VB.2016.00048 des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 5. April 2017 E. 10.4; Zenger (Fn. 124), S. 119. Kritisch dazu Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 459 f., die die Zulässigkeit eines solchen Vorgehens infrage stellt. So müsse, da die Tötung von Versuchstieren aktuell nicht als Belastung gewertet wird (siehe dazu S. 7 ff.), konsequenterweise auch die Anzahl «verbrauchter» Tiere in der Güterabwägung nicht von Relevanz sein. Dem kann jedoch entgegengehalten werden, dass eine erhöhte Anzahl Versuchstiere nicht nur dazu führt, dass nach Versuchsende mehr Tiere getötet werden, sondern auch, dass während des Versuchs mehr Tiere Leiden oder andere Belastungen erfahren. Dabei ist zu beachten, dass der Tierschutz bzw. die Würde der Kreatur im Gegensatz zum Artenschutz nach Art. 79 BV ausschliesslich das Tier als Individuum vor ungerechtfertigten Belastungen schützt (vgl. Errass [Fn. 55], Rz. 26; Schärmeli/Griffel [Fn. 54], Rz. 15). Vor diesem Hintergrund ist daher eine höhere Anzahl verwendeter Tiere nicht als grössere Gesamtbelastung für die Tiere als Gruppe zu werten, sondern bedeutet, dass mehr einzelne Tiere individuellen Belastungen ausgesetzt werden. M.E. ist folglich die Ansicht des Bundesgerichts überzeugend und steht im Einklang mit dem individuellen Würdeschutz und der Umsetzung des 3R-Prinzips nach Art. 20 Abs. 1 TSchG und Art. 137 TSchV (siehe dazu oben S. 12 ff.).
[261] Vgl. BGE 135 II 384 E. 4.6.1 S. 403 f.
[262] Siehe oben S. 14 f.
[263] BGE 135 II 405 E. 4.3.4 S. 414; BGE 135 II 384 E. 4.6.1 S. 402 f.
[264] Vgl. BGE 135 II 405 E. 4.3.4 S. 414 f.; BGE 135 II 384 E. 4.6.1 S. 402 f. Das Bundesgericht äusserte sich in den beiden Fällen erstmals zur Güterabwägung bei Tierversuchen (Kley/Sigrist [Fn. 71], S. 42). Es bestätigte die Verbote zweier im Jahr 2006 eingereichter Tierversuchsprojekte des Schweregrades 2 bzw. 3 zwecks neurologischer Grundlagenforschung mit Rhesusaffen und verhinderte damit erstmals Tierversuche auf rechtlichem Weg (Sprecher [Fn. 15], S. 110 f. und 120; «Tierleid wiegt schwerer als Nutzen», NZZ vom 4. November 2009, 18). Die ETH und Universität Zürich reagierten enttäuscht und befürchteten negative Auswirkungen auf den Forschungsplatz Zürich («Affenversuche definitiv verboten», Tages-Anzeiger vom 14. Oktober 2009, 17; vgl. Suran Melissa/Wolinsky Howard, The end of monkey research?, in: EMBO reports 10/2009, 1080 ff., S. 1080 ff.). Das Bundesgericht betonte jedoch, dass durch die neue Rechtsprechung kein absolutes Verbot von Versuchen an Primaten mit Schweregrad 2 oder 3 statuiert werde (BGE 135 II 384 E. 4.6.2 S. 404). Statistisch ist jedoch nach den Entscheiden ein klarer Einbruch in der Anzahl schwerbelastender Tierversuche mit Primaten ersichtlich: Während von 1997 bis 2006 pro Jahr durchschnittlich rund 75 Versuche mit Primaten mit Schweregrad 2 und 52 mit Schweregrad 3 bewilligt wurden, waren es von 2009 bis 2023 pro Jahr durchschnittlich nur noch rund 18 mit Schweregrad 2 und zwei mit Schweregrad 3 (Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen, Tierversuchsstatistik, abrufbar unter <https://www.tv-statistik.ch/de/erweiterte-statistik/> [besucht am 27. Januar 2025]). Ein vollständiges Verbot von Versuchen mit Primaten des Schweregrades 2 oder 3 könnte sich jedoch gemäss dem Bundesrat negativ auf die medizinische Forschung auswirken (Stellungnahme des Bundesrates vom 28. Mai 2022 zur Motion Schneider [22.3301] «Ausstieg aus belastenden Primatenversuchen» vom 17. März 2022). Jedoch seien zumindest belastende Tierversuche an grossen Menschenaffen, also Bonobos, Schimpansen, Gorillas und Orang-Utans, unter geltender Rechtslage nicht mehr zulässig (siehe auch EKTV/EKAH, Forschung an Primaten [Fn. 123], S. 5 und 9 f.).
[265] BGE 135 II 384 E. 4.4.1 S. 399.
[266] Urteil VB.2016.00048 des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 05. April 2017 E. 7.1; vgl. BLV, Güterabwägung (Fn. 52), S. 5; Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 238; Kley/Sigrist (Fn. 71), S. 39; Krepper (Fn. 256), S. 305; Odermatt (Fn. 14), S. 67 f. Die Zulässigkeit des Versuchszwecks wird in der Literatur in manchen Fällen auch als Vorfrage zur Verhältnismässigkeitsprüfung bzw. der Prüfung der Unerlässlichkeit behandelt (vgl. etwa Sprecher [Fn. 15], S. 118 f. sowie betreffend deutsches Recht Bolliger Gieri/Gerritsen Vanessa, Zum Verhältnismässigkeitsprinzip im deutschen Tierschutzgesetz, in: Evangelische Akademie Boll [Hrsg.], Belastung von Tieren, Bad Boll 2010, 14 ff., S. 16).
[267] Es handelt sich dabei um eine abschliessende Aufzählung (Gerritsen Vanessa, Der gesellschaftliche Nutzen von Tierversuchen, in: TIERethik 2024, 61 ff., S. 63).
[268] BLV, Erläuterung, S. 11; KTVE, Wegleitung (Fn. 29), S. 34; Bolliger, Animal Dignity (Fn. 125), S. 59; Gerritsen, Nutzen (Fn. 267), S. 81; Odermatt (Fn. 14), S. 67.
[269] Siehe BLV, Erläuterung, S. 11.
[270] BGE 135 II 384 E. 3.1 S. 391; Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 85 und 509.
[271] Unzulässig sind gemäss Art 138 TSchV belastende Tierversuche für die Zulassung von Stoffen und Erzeugnissen in einem anderen Staat, wenn die Zulassungsanforderungen nicht internationalen Regelungen entsprechen oder, gemessen an jenen der Schweiz, wesentlich mehr Tierversuche oder Tiere für einen Versuch bedingen oder wenn sie Tierversuche bedingen, welche die Versuchstiere wesentlich mehr belasten (lit. a); für das Prüfen von Erzeugnissen, wenn die angestrebte Kenntnis durch Auswertung der Daten über deren Bestandteile gewonnen werden kann oder das Gefährdungspotenzial ausreichend bekannt ist (lit. b); für die Lehre an der Hochschule und die Ausbildung von Fachkräften, wenn eine andere Möglichkeit besteht, Lebensphänomene in verständlicher Weise zu erklären oder Fertigkeiten zu vermitteln, die für die Berufsausübung oder die Durchführung von Tierversuchen notwendig sind (lit. c) sowie belastende Tierversuche zu militärischen Zwecken (lit. d).
[272] Bejahend Hehemann (Fn. 11), S. 246 f.; a.A. Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 565.
[273] Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 466 und 471; Gerritsen, Nutzen (Fn. 267), S. 65; Hehemann (Fn. 11), S. 256; Sprecher (Fn. 15), S. 119; vgl. BGE 135 II 405 E. 4.3.1 ff. S. 409 ff.; BGE 135 II 384 E. 4.4.2 S. 400.
[274] BGE 135 II 405 E. 4.3.1 S. 409 f. und E. 4.3.4 S. 413.
[275] Siehe etwa Eggel Matthias/Grimm Herwig, Necessary, but Not Sufficient, The Benefit Concept in the Project Evaluation of Animal Research in the Context of Directive 2010/63/EU, in: Animals 3/2018, Art. Nr. 34, S. 11.
[276] Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 469 mit dem Hinweis, dass ansonsten praktisch jeder Tierversuch genehmigt werden müsste, da grundsätzlich jede neue Erkenntnis in irgendeiner Art und Weise zu einer späteren Anwendung beitragen könnte (vgl. auch Eggel/Grimm [Fn. 275], S. 3). Die Realisierungswahrscheinlichkeit ist nicht nur in der Schweiz Teil der Güterabwägung, sondern wird etwa auch im EU-Recht in die Güterabwägung miteinbezogen (E. 12 sowie Art. 38 Abs. 1 lit. a i.V.m. Abs. 2 lit. a und d RL 2010/63/EU [Fn. 32]). Zur Bedeutung der praktischen Anwendbarkeit bei Tierversuchen zwecks Grundlagenforschung siehe unten S. 30 ff.
[277] BLV, Güterabwägung (Fn. 52), S. 5.
[278] Urteil VB.2021.00276 des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 24. November 2022 E. 11.1; BLV, Güterabwägung (Fn. 52), S. 5; vgl. Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 474 f.
[279] Boyer Martin, Güterabwägung bei der Bewilligung von Tierversuchen: Intentionen des Gesetzgebers, in: Sigg Hans/Folkers Gerd (Hrsg.), Güterabwägung bei der Bewilligung von Tierversuchen, Die Güterabwägung interdisziplinär kritisch beleuchtet, Zürich 2011, 49 f., S. 49; Hehemann (Fn. 11), S. 258.
[280] BGE 135 II 384 E. 4.4.3 S. 401; Odermatt (Fn. 14), S. 72.
[281] BGE 135 II 384 E. 4.4.3 S. 401.
[282] Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 484; Gerritsen, Nutzen (Fn. 267), S. 80.
[283] Boyer (Fn. 279), S. 49.
[284] BGE 135 II 384 E. 4.4.2 S. 399; siehe auch BLV, Erläuterungen (Fn. 84), S. 11.
[285] BGE 135 II 405 E. 4.3.2 S. 411 f.; BGE 135 II 384 E. 4.4.2 S. 399 f.; BLV, Erläuterungen (Fn. 84), S. 11. Diese Wertung spiegelt sich in der Tierversuchsstatistik wider. So wurden im Jahr 2023 rund 91 Prozent der Tierversuche mit Schweregrad 3 zur Erforschung von Krankheiten beim Menschen durchgeführt (EDI/BLV, Bericht Tierversuchsstatistik 2023 [Fn. 8], S. 7).
[286] BLV, Erläuterungen (Fn. 84), S. 11.
[287] BLV, Erläuterungen (Fn. 84), S. 11.
[288] Vgl. Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 489.
[289] Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 489 f.
[290] Siehe oben S. 26 f.
[291] Vgl. Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 487; siehe etwa Animal Procedures Committee, Review of harm-benefit analysis in the use of animals in research (London 2017), S. 41.
[292] Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 487 f.
[293] Vgl. Grimm Herwig et al., The Road to Hell Is Paved with Good Intentions: Why Harm–Benefit Analysis and Its Emphasis on Practical Benefit Jeopardizes the Credibility of Research, in: Animals 9/2017, Art. Nr. 70, S. 3.
[294] Siehe oben S. 4 f. zum Begriff der Grundlagenforschung.
[295] Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 494 f.
[296] Ferrari et al. (Fn. 20), S. 35.
[297] Nuffield, Animals (Fn. 78), S. 89; Gärditz (Fn. 4), S. 180 f. Auch «negative» Ergebnisse von Grundlagenforschung, sprich Falsifizierungen von Hypothesen, können im medizinischen Bereich angewendet oder für weitere Forschung verwertet werden (Nobiling Rainer, Tierversuche: Abwägung in der biomedizinischen Grundlagenforschung, in: Imago Hominis 3/2015, 157 ff., S. 162). Das anvisierte, endgültige Ziel, etwa die Verbesserung einer Therapie beim Menschen, stellt das sogenannte «Fernziel» dar (vgl. Gerritsen, Güterabwägung [Fn. 6], S. 282 f.).
[298] Gärditz (Fn. 4), S. 187 f.; Nobiling (Fn. 297), S. 162.
[299] Urteil VB.2021.00276 des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 24. November 2022 E. 11.2; Kley/Sigrist (Fn. 71), S. 37.
[300] Kley/Sigrist (Fn. 71), S. 37; Odermatt (Fn. 14), S. 71; siehe auch Gärditz (Fn. 4), S. 206 mit dem Hinweis, dass die Grundlagenforschung zu ihrer Genehmigung daher auf einen «Vertrauensvorschuss» angewiesen sei. Auch in der deutschen Rechtsprechung wird darauf hingewiesen, dass sich der tatsächliche Nutzen der Grundlagenforschung vorweg nicht konkret erkennen lasse, was jedoch nicht bedeute, dass die Behauptung irgendeines abstrakten Erkenntnisgewinnes ausreiche (Urteil BVerwG 3 B 29.13 des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Januar 2014 E. II.1.c Rz. 20; siehe auch Pröbstl [Fn. 32], S. 167 f.).
[301] BGE 135 II 405 E. 4.3.1 S. 409 f.; BGE 135 II 384 E. 4.3 S. 398; Urteil VB.2021.00276 des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 24. November 2022 E. 11.
[302] BGE 135 II 405 E. 4.3.2 S. 411; BGE 135 II 384 E. 4.4.1 S. 399; siehe auch Urteil VB.2021.00276 des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 24. November 2022 E. 11.2.
[303] Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 469 mit dem Hinweis, dass dies nicht nur für Grundlagenforschung, sondern auch für angewandte Forschung gelte.
[304] Urteil VB.2021.00276 des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 24. November 2022 E. 11.2.
[305] BGE 135 II 405 E. 4.3.1 S. 410; BGE 135 II 384 E. 4.3 S. 398.
[306] Hehemann (Fn. 11), S. 257; vgl. Urteil VB.2021.00276 des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 24. November 2022 E. 11.2.
[307] BGE 135 II 384 E. 4.4.3 S. 401.
[308] BGE 135 II 405 E. 4.3.4 S. 415; BGE 135 II 384 E. 4.4.3 S. 401. Siehe dazu auch Urteil VB.2021.00276 des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 24. November 2022. Das Verwaltungsgericht musste sich mit der Bewilligung eines Tierversuchs an 136 Zebrafinken im Bereich der Grundlagenforschung auseinandersetzen (E. 3.3 ff.). Ziel des Versuchs war die Untersuchung bestimmter Neuronen bei der Planung und Vorbereitung des Gesangs der Zebrafinken (E. 3 und 6). Der geplante Versuch war Teil einer internationalen Projektreihe mit dem Ziel, die Mechanismen im Gehirn von Singvögeln zu entschlüsseln (E. 3.1). Durch ein besseres Verständnis des Singverhaltens könnten angeblich in der Folge Erkenntnisse über das menschliche Sprachverhalten und die Ursachen verschiedener Sprachstörungen erzielt werden (E. 11.4). Das Verwaltungsgericht beanstandete, dass die Vorinstanz in der Güterabwägung den Forschungsbeitrag des Gesamtprojektes miteinbezogen habe (E. 11.5.2 und 11.5.4). Da jedoch entsprechend bundesgerichtlicher Praxis nur der Erkenntnisgewinn des konkreten Versuches und nicht der einer Reihe von Tierversuchen berücksichtigt werden dürfe, erklärte es den Versuch für nicht bewilligungsfähig (E. 11.5.3 ff.). Eine Kammerminderheit und der Gerichtsschreiber vertraten hingegen die Ansicht, dass die Bedeutung von Grundlagenforschung ohne deren Kontext nicht sinnvoll gewürdigt werden könne, und die Bedeutung des Gesamtprojekts in der Güterabwägung daher nicht ausgeklammert hätte werden dürfen (Urteil VB.2021.00276 des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 24. November 2022, Abweichende Meinung einer Kammerminderheit und des Gerichtsschreibers). Der Entscheid zeigt, wie schwer es im Einzelfall sein kann, in der Grundlagenforschung den erwarteten Nutzen eines einzelnen Versuchs zu ermitteln und angemessen in Relation zur Belastung der Tiere zu setzen. Vgl. zum Ganzen auch Lüthi Nicole, Prüfungsbefugnis der Bewilligungsbehörden im Bereich Tierversuche – ein Vergleich der rechtlichen Vorgaben der EU und der Schweiz unter Berücksichtigung der jüngsten Rechtsprechung, in: LEOH 2023, 1 ff., S. 15 f.
[309] BGE 135 II 384 E. 4.4.3 S. 400 f.; Odermatt (Fn. 14), S. 72.
[310] Hehemann (Fn. 11), S. 257; vgl. Kley/Sigrist (Fn. 71), S. 42. Aufgrund der grundsätzlichen Gleichwertigkeit von Forschungsfreiheit und Tierwohl ist gemäss Zürcher Rechtsprechung auch die Rechtfertigung schwer belastender Tierversuche im Bereich der Grundlagenforschung nicht ausgeschlossen (Urteil VB.2021.00276 des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 24. November 2022 E. 11.5.1).
[311] Gärditz (Fn. 4), S. 176; Grimm et al. (Fn. 293), S. 1 und 3; Imboden Dieter M., Über die Grundlagenforschung und den Wert der Erkenntnis, in: Sigg Hans/Folkers Gerd (Hrsg.), Güterabwägung bei der Bewilligung von Tierversuchen, Die Güterabwägung interdisziplinär kritisch beleuchtet, Zürich 2011, 53 ff., S. 53 f.; Odermatt (Fn. 14), S. 71; Pröbstl (Fn. 32), S. 148. Der wahre Nutzen der Forschungsergebnisse offenbare sich oftmals erst viel später (Imboden [Fn. 311], S. 54; Odermatt [Fn. 14], S. 71).
[312] Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 502 ff.; vgl. Krepper (Fn. 256), S. 309, der argumentiert, dass schwer belastende Tierversuche mit höher entwickelten Wirbeltieren zwecks reiner Grundlagenforschung ohne absehbaren Nutzen (selbst im Bereich der Humanmedizin) nicht rechtfertigbar seien. Vgl. auch Sprecher (Fn. 15), S. 120.
[313] Siehe etwa Imboden (Fn. 311), S. 54.
[314] Gärditz (Fn. 4), S. 180.
[315] Vgl. Gärditz (Fn. 4), S. 176 f.; Imboden (Fn. 311), S. 54. Ein Beispiel dafür sei die seit 1980 betriebene Grundlagenforschung zur mRNA, die das Fundament gelegt habe für die Jahrzehnte später während der Corona-Pandemie entwickelten zulassungsfähigen mRNA-Impfstoffe (Gärditz [Fn. 4], S. 181 f.).
[316] Gärditz (Fn. 4), S. 177.
[317] Grimm et al. (Fn. 293), S. 3; vgl. Eggel/Grimm (Fn. 275), S. 11.
[318] Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 501 f.
[319] Vgl. Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 282 f. Zur instrumentalen Unerlässlichkeit allgemein siehe oben S. 10 ff.
[320] Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 282 f.
[321] Bundesrat, Medienmitteilung vom 20. Dezember 2024: Neue Vorgaben im Tierschutzbereich verbessern das Tierwohl, abrufbar unter <https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-103683.html> (besucht am 27. Januar 2025).
[322] Siehe etwa Schweizer Tierschutz STS, Stellungnahme zur Vernehmlassung zur Tierschutzverordnung und weiteren Verordnungen im Tierschutzbereich vom 13. März 2024, Art. 2 VE-TSchV; Swissuniversities, Avis sur la procédure de consultation de la révision de l’ordonnance sur la protection des animaux et d’autres ordonnances dans le domaine de la protection des animaux vom 29. Februar 2024, Art. 2 VE-TSchV; TIR, Stellungnahme zu Art. 2 VE-TSchV (Fn. 38).
[323] STS, Stellungnahme zu Art. 2 VE-TSchV (Fn. 322); TIR, Stellungnahme zu Art. 2 VE-TSchV (Fn. 38). Der Wortlaut des Artikels hätte demnach wie folgt lauten sollen: «Abbruchkriterien: im Voraus bestimmte Ereignisse, Symptome oder Reaktionen, bei deren Auftreten (…)». Die vorgeschlagene Ergänzung wäre zu begrüssen gewesen, da damit klargestellt wäre, dass auch nicht direkt krankheitsbezogene Leidensindikatoren der Tiere erfasst werden.
[324] Siehe zu den 3R-Kriterien oben S. 12 ff.
[325] Siehe etwa Swiss 3R Competence Centre, Stellungnahme zur Vernehmlassung zur Tierschutzverordnung und weiteren Verordnungen im Tierschutzbereich vom 6. März 2024, Art. 137 VE-TSchV; Eidgenössische Technische Hochschule Zürich, Stellungnahme zur Vernehmlassung zur Tierschutzverordnung und weiteren Verordnungen im Tierschutzbereich vom 6. März 2024, Art. 137 VE-TSchV; Kommission für Tierversuchsethik, Stellungnahme zur Vernehmlassung zur Tierschutzverordnung und weiteren Verordnungen im Tierschutzbereich vom 15. März 2024, Art. 137 VE-TSchV; Laboratory Animal Services Center der Universität Zürich, Stellungnahme zur Vernehmlassung zur Tierschutzverordnung und weiteren Verordnungen im Tierschutzbereich vom 13. März 2024, Art. 137 VE-TSchV; STS, Stellungnahme zu Art. 137 VE-TSchV (Fn. 322); Swissuniversities, Stellungnahme zu Art. 137 VE-TSchV (Fn. 322); TIR, Stellungnahme zu Art. 137 VE-TSchV (Fn. 38).
[326] Siehe ausführlich zur Pflicht des Bundes nach Art. 22 Abs. 2 TSchG Gerritsen/Rüttimann (Fn. 55), S. 243 ff.
[327] Siehe etwa LASC UZH, Stellungnahme zu Art. 137 VE-TSchV (Fn. 325); Swissuniversities, Stellungnahme zu Art. 137 VE-TSchV (Fn. 322) mit dem Hinweis, dass die Anpassung der üblichen Praxis entspreche.
[328] Siehe TIR, Stellungnahme zu Art. 137 VE-TSchV (Fn. 38), in welcher gefordert wurde, dass neben Art. 140 Abs. 1 lit. e bis i auch lit. c (zulässiger Versuchszweck) als Voraussetzung gelten solle. Siehe auch STS, Stellungnahme zu Art. 137 VE-TSchV (Fn. 322), der zufolge abgesehen von der Festlegung der Abbruchkriterien die gleichen Voraussetzungen wie für belastende Tierversuche gelten sollen. Nach hier vertretener Ansicht wäre eine Ausweitung auf lit. c zu begrüssen, jedoch würde zweitgenannter Vorschlag zu weit gehen. Eine solche Verschärfung könnte zu einer Überregulierung führen und die Forschung übermässig behindern (vgl. Hehemann [Fn. 11], S. 261, der zufolge eine vertiefte Überprüfung der bei nicht-belastenden Tierversuchen von der Gesuchstellerin durchgeführten Güterabwägung einen ungerechtfertigten Eingriff in die Forschungsfreiheit darstellen würde). Siehe zu den Voraussetzungen für nicht belastende Tierversuche oben S. 6.
[329] Siehe Schweizerischer Tierschutz STS/DemoSCOPE, Befragung zum Thema Tierversuche vom 16.11.2017, abrufbar unter <http://archiv.tierschutz.com/media/071217/pdf/06_befragung_tierversuche_demoscope.pdf> (besucht am 27. Januar 2025), S. 3 ff.; vgl. «Klare Mehrheit gegen belastende Tierversuche», Tages-Anzeiger vom 19. Februar 2018, abrufbar unter <https://www.tagesanzeiger.ch/klare-mehrheit-gegen-belastende-tierversuche-217398517014> (besucht am 27. Januar 2025).
[330] STS, Befragung Tierversuche (Fn. 329), S. 3.
[331] STS, Befragung Tierversuche (Fn. 329), S. 5 mit dem Hinweis, dass nur 35 Prozent der Befragten (nur 10 Prozent davon mit Sicherheit) davon ausgingen, dass Primaten ideale Versuchstiere seien. Vgl. demgegenüber BGE 135 II 384 E. 4.4.1 S. 399, in welchem das Bundesgericht die Nähe der Affen zum Menschen als Gesichtspunkt für den erwarteten Nutzen des Erkenntnisgewinnes positiv berücksichtigt (siehe auch oben S. 27).
[332] Eurogroup for Animals, Use of animals in research, testing and education, Headline Report for Eurogroup for Animals vom November 2022, abrufbar unter <https://savanta.com/wp-content/uploads/2023/04/
Eurogroup_Savanta_summer-2022_Headline-report_Nov22-v4-Public.docx> (besucht am 27. Januar 2025), S. 4, wobei im internationalen Kontext im Durchschnitt 71 Prozent derselben Meinung waren.
[333] Eurogroup for Animals, Animal Research Poll (Fn. 332), S. 4 f.; siehe indes Gerritsen/Rüttimann (Fn. 55), S. 250, denen zufolge das geltende Recht den Bund durch Art. 22 Abs. 2 TSchG i.V.m. Art. 120 Abs. 2 und Art. 80 BV bereits verpflichte, im Rahmen seiner Möglichkeiten darauf hinzuwirken, Tierversuche weitestgehend vollständig durch alternative Forschungsmethoden zu ersetzen. Jedoch vernachlässige es der Staat, dieser Pflicht tatsächlich nachzukommen.
[334] Odermatt (Fn. 14), S. 76; vgl. Tages-Anzeiger vom 19. Februar 2018 (Fn. 329).
[335] Bundesrat, Bundesratsbeschluss über das Ergebnis der Volksabstimmung vom 13. Februar 2022, BBl 2022 895 ff., S. 895. Die Initiative ging sehr weit und forderte ein absolutes Verbot von Tierversuchen in der Schweiz (Bundesrat, Botschaft zur Volksinitiative «Ja zum Tier- und Menschenversuchsverbot – Ja zu Forschungswegen mit Impulsen für Sicherheit und Fortschritt» vom 13. Dezember 2019, BBl 2020 541 ff., S. 542 f. und 545). Sie wurde daher nicht nur von Seiten der Forschung, sondern auch von Seiten des Tierschutzes als zu radikal kritisiert (Botschaft Volksinitiative Tier- und Menschenversuchsverbot [Fn. 335], S. 542 f. und 551). Die Bundeskanzlei gab kürzlich bekannt, dass die nahverwandte Volksinitiative «Ja zur tierversuchsfreien Zukunft» formell zustande gekommen ist (Bundeskanzlei, Medienmitteilung vom 14. Januar 2025: Volksinitiative «Ja zur tierversuchsfreien Zukunft» ist formell zustande gekommen, abrufbar unter <https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumenta
tion/medienmitteilungen.msg-id-103798.html> [besucht am 27. Januar 2025]). Die Initiative sieht wiederum ein absolutes Verbot von Tierversuchen vor: Tierversuche mit Schweregrad 3 und Tierversuche für Grundlagenforschung sowie Bildung und Ausbildung wären per sofort verboten, während alle übrigen Tierversuche spätestens nach sieben Jahren seit Annahme der Initiative verboten wären (siehe Schweizerische Bundeskanzlei, Eidgenössische Volksinitiative «Ja zur tierversuchsfreien Zukunft», Vorprüfung, BBl 2023 1151 ff., S. 1153). Hauptunterschied ist, dass die Initianten in der neuen Fassung Menschenversuche aussen vor lassen («Trotz Abstimmungsschlappe: Komitee lanciert erneut eine Initiative für das Verbot von Tierversuchen», Aargauer Zeitung vom 22. November 2022, abrufbar unter: <https://www.aargauerzeitung.ch/schweiz/tierversuche-trotz-abstim
mungsschlappe-komitee-lanciert-erneut-eine-initiative-fuer-das-verbot-von-tierversuchen-ld.2376025> [besucht am 27. Januar 2025]).
[336] Gerritsen/Rüttimann (Fn. 55), S. 242; Müller Nico D., Von der Schaden-Nutzen-Abwägung zur Ausstiegsplanung aus Tierversuchen, in: TIERethik 2024, 9 ff., S. 21.
[337] Bundesrat, Bundesratsbeschluss über das Ergebnis der Volksabstimmung vom 1. Dezember 1985 (Initiative gegen Vivisektion) vom 26. Februar 1986, BBl 1968 I 685 ff., S. 685.
[338] Bundesrat, Bundesratsbeschluss über das Ergebnis der Volksabstimmung vom 16. Februar 1992 (Krankenversicherung; Tierversuche) vom 20. Mai 1992, BBl 1992 III 723 ff., S. 723.
[339] Bundesrat, Bundesratsbeschluss über das Ergebnis der Volksabstimmung vom 7. März 1993 (Erhöhung des Treibstoffzolls; Aufhebung des Spielbankenverbots; Initiative gegen Tierversuche) vom 27. April 1993, BBl 1993 I 1587 ff., S. 1587.
[340] «Klares Nein zur Primaten-Initiative: Drei von vier lehnen Grundrechte für Affen ab», Zeitung für die Region Basel vom 13. Februar 2022, abrufbar unter <https://www.bzbasel.ch/basel/tierschutz-klares-nein-zur-
primaten-initiative-drei-von-vier-lehnen-grundrechte-fuer-affen-ab-ld.2250561> (besucht am 27. Januar 2025). Die verlangte Aufnahme eines Rechts auf Leben sowie körperliche und geistige Gesundheit für nichtmenschliche Primaten in die Kantonsverfassung hätte Tierversuche an diesen zu einem grossen Teil verboten (Louis-Maerten Edwin et al., Tierversuchsgüterabwägung mit empirischer Ethik: der Fall der Schweiz, in: TIERethik 2024, 32 ff., S. 38).
[341] République et canton de Genève, Votation Cantonale du 24 novembre 2019, Résultats cantonaux, abrufbar unter <https://www.ge.ch/votations/20191124/cantonal/> (besucht am 27. Januar 2025).
[342] Siehe Europäische Bürgerinitiative «Stop vivisection» vom 3. März 2015, abrufbar unter: <https://citizens-initiative.europa.eu/initiatives/details/2012/000007_de> (besucht am 27. Januar 2025). Die Europäische Kommission teilte in ihrer Antwort mit, dass sie die Überzeugung der Initiative teile, dass Tierversuche abgeschafft werden sollten. Jedoch seien in gewissen Bereichen vorhandene Alternativen noch nicht aussagekräftig genug, um Tierversuche zu ersetzen (Europäische Kommission, Mitteilung der Kommission über die Europäische Bürgerinitiative «Stop Vivisection» vom 3. Juni 2015, S. 8). Einen Legislativvorschlag legte die Kommission nicht vor (Lüthi [Fn. 308], S. 3), jedoch reagierte sie mit einer Reihe von Massnahmen, die umgesetzt wurden (siehe Europäische Kommission, Mitteilung der Kommission zur Europäischen Bürgerinitiative (EBI) «Für den Schutz kosmetischer Mittel ohne Tierquälerei und ein Europa ohne Tierversuche» vom 25. Juli 2023, S. 13).
[343] Siehe Europäische Bürgerinitiative «Save Cruelty Free Cosmetics – Commit to a Europe Without Animal Testing» vom 25. Januar 2023, abrufbar unter: <https://citizens-initiative.europa.eu/initiatives/details/2021/
000006_de> (besucht am 27. Januar 2025). Die Europäische Kommission führte in ihrer Antwort aus, dass ein Teil der Anliegen bereits durch die Kosmetikverordnung umgesetzt sei, verpflichtete sich jedoch zur Vornahme verschiedener Massnahmen (siehe Europäische Kommission, Mitteilung zur Initiative Save Cruelty Free Cosmetics [Fn. 342], S. 14 ff.). Siehe dazu auch Müller (Fn. 336), S. 20.
[344] Siehe Interpellation Chevalley (19.4017) «Tierversuche. Für eine bessere Koordination auf nationaler Ebene und eine effizientere Verwendung der öffentlichen Gelder» vom 12. September 2019; Interpellation Munz (21.3364) «Impfstoffentwicklung mit neuen Methoden ohne Tierversuche» vom 18. März 2021; Interpellation Schneider, Tierversuchsstatistik (Fn. 64); Interpellation Schneider (20.3345) «Förderung tierfreier Verfahren beim Nationalen Forschungsprogramm zu Covid-19» vom 6. Mai 2020; Motion Munz, Gemeinsame Bewilligungsbehörde (Fn. 28); Motion Schneider, Primatenversuche (Fn. 264); Motion Schneider (22.3300) «3R-Kompetenz der kantonalen Tierversuchskommissionen stärken» vom 17. März 2022; Motion Schneider (21.3405) «Tierschutzkonforme Haltungsbedingungen für Labor- und Versuchstiere» vom 19. März 2021; Parlamentarische Initiative Christ (21.426) «Mehr Ressourcen und Anreize für die 3R-Forschung, um Alternativen zu den Tierversuchen rascher voranzutreiben» vom 18. März 2021; Parlamentarische Initiative Graf (24.436) «Zukunftsfähige Forschung mit einem Plan für den Ausstieg aus belastenden Tierversuchen fördern» vom 14. Juni 2024; Parlamentarische Initiative Graf (18.491) «Verbot von schwerbelastenden Tierversuchen. Ergänzung des Tierschutzgesetzes» vom 14. Dezember 2018; Postulat Graf, Tierleid Labortiere (Fn. 60).
[345] Siehe Pa. Iv. Graf, Verbot schwerbelastender Tierversuche (Fn. 344); vgl. auch Bolliger/Rüttimann (Fn. 217), S. 87 f., welche argumentieren, Tierversuche mit Schweregrad 3 würden per se den Kerngehalt der in Art. 120 Abs. 2 BV statuierten Tierwürde verletzen und seien daher vom Tierschutzgesetz generell zu verbieten. Zur Einordnung: Im Jahr 2023 wurden rund 5 Prozent der Versuchstiere in Versuchen mit Schweregrad 3 eingesetzt, wobei es sich bei rund 89 Prozent davon um Mäuse handelte (EDI/BLV, Bericht Tierversuchsstatistik 2023 [Fn. 8], S. 5 und 7).
[346] Amtliches Bulletin Nationalrat 2019, 1872 ff., S. 1873 f. Die Kommission kam zum Schluss, dass nach aktuellem Recht bereits genügend restriktive Kriterien für Tierversuche mit Schweregrad 3 gälten und das verlangte Verbot die Forschung zu stark beeinträchtigen würde (Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates, Bericht vom 24. Mai 2019 zur Parlamentarischen Initiative Graf Maya «Verbot von schwerbelastenden Tierversuchen. Ergänzung des Tierschutzgesetzes», S. 1 und 3).
[347] Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 551; Kley/Sigrist (Fn. 71), S. 43 f., die die Güterabwägung als gesetzgeberischen «Nicht-Entscheid» bezeichnen.
[348] Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 550.
[349] Ausführlich Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 611 ff.
[350] Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 550, 552 und 660 f. Dass die Beurteilung der Bewilligungsgesuche unverhältnismässig oft zugunsten des Forschungsvorhabens ausfällt, spiegelt sich in der offiziellen Statistik wider: Von etwa 3'300 Bewilligungsgesuchen im Jahr 2023, rund 170 davon für Tierversuche mit Schweregrad 3, wurden insgesamt nur vier durch die zuständigen kantonalen Behörden abgelehnt (BLV, Bewilligungen 2023 [Fn. 10]).
[351] Vgl. Gerritsen, Güterabwägung (Fn. 6), S. 550 und 660 f., der zufolge eine gesetzgeberische Intervention notwendig sei, um die Vollzugsmängel zu beheben.
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