Tierspezifische Grundrechte für die Tiere als Teil des Rechtsstaats

Eisenhart von Loeper *

Abstract

Im Jahr 2002 verlieh der Deutsche Bundestag und Bundesrat dem ethischen Tierschutz mit einer Zweidrittelmehrheit Verfassungsrang. Diese Entwicklung ist massgeblich auf den zwölf Jahre dauernden Einsatz einer hoch engagierten Bürgerbewegung zum Schutz der leidensfähigen und tagtäglich insbesondere unter artwidrigen Haltungsbedingungen leidenden Tiere zurückzuführen. Der vorliegende Kurzbeitrag fragt danach, was aus dieser Neufassung des Artikel 20a Grundgesetz (GG) geworden ist und ob er die darin gesetzten Hoffnungen, den Tieren die Befreiung von rücksichtsloser Ausbeutung zu ermöglichen, erfüllen konnte. Sich aus einer kritischen Perspektive damit zu befassen, ist umso wichtiger, weil die Tiere, der Staat und die Menschen angesichts einer Vielzahl an neuen Bedrohungen mehr denn je darauf angewiesen sind.[1]

Keywords

Tierschutz, Tierrechte, Grundgesetz, Verfassung, Verfassungsrecht der Tiere

Empfohlene Zitierweise

Von Loeper, Eisenhart (2024). Tierspezifische Grundrechte für die Tiere als Teil des Rechtsstaats. Journal of Animal Law, Ethics and One Health (LEOH), 113-121. DOI: 10.58590/leoh.2024.008

 

* Dr. iur., Rechtsanwalt, gestaltete und leitete von 1990 bis 2002 die erfolgreiche Initiative Tierschutz ins Grundgesetz, Mitautor des von Hans-Georg Kluge herausgegebenen Kommentars zum Tierschutzgesetz. 2005 wurde Eisenhart von Loeper mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet.

 

Inhaltsverzeichnis

 

I. Einleitung

Zweiundzwanzig Jahre sind seit der Verankerung des Tierschutzes im deutschen Grundgesetz vergangen. In dieser Zeit haben Tierversuche in teilweise schwerstbelastender Form zugenommen und vor allem die Massentierhaltung dauert als „faktische Straflosigkeit institutionalisierter Tierquälerei“ an.[2] Das „Staatsziel Tierschutz“ konnte mithin die Erwartungen nicht erfüllen. Es greift in der Praxis nicht für die Tiere ein, vielmehr werden sie rechtlich und von weiten Teilen der Gesellschaft immer noch ganz überwiegend abwertend behandelt. Ihre Interessen spielen in der Wahrnehmung vieler Politiker*innen kaum eine Rolle, wie beispielsweise positive Entscheide zur Bewilligung von äusserst strapaziösen Tiertransporten in Länder über die EU-Grenzen hinaus belegen (siehe dazu etwa unten, Fn. 27 f.). Und das in Art. 2 Abs. 1 GG anerkannte Sittengesetz – unser Menschsein für die Tiere –, das wie „die Rechte anderer“ die persönliche Entfaltungsfreiheit einschränkt,[3] kommt nicht zum Zuge: Warum ist dies so, welche Gründe lassen sich dafür identifizieren?

II. Aufnahme des Tierschutzes in den Schutzauftrag des Art. 20a GG

Siebzehn Jahre vergingen, bis sich der „Quantensprung der Tierrechte“ in den Kanon der menschlichen Grundrechte erstmals ereignete: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat im Jahr 2019 anlässlich der seit Jahrzehnten andauernden massenhaften Tötung männlicher Eintagsküken hinsichtlich der Rechtsentwicklung des Artikel 20a GG betont,[4] wie sehr der „Schutz der Tiere vor nicht artgemäßer Haltung, vermeidbaren Leiden“ und der Auftrag, „Tiere in ihrer Mitgeschöpflichkeit zu achten“ – amtlich begründet – zwingend zu beachten sind.

Die Aufnahme des Tierschutzes in den Schutzauftrag des Art. 20a GG sollte den einfachgesetzlich normierten Schutz der Tiere stärken, denn der ethische Tierschutz erhielt damit Verfassungsrang und wurde als grundrechtsgleich anerkannt.[5] Das Bundesverwaltungsgericht stellte fest: Es „widerspricht in fundamentaler Weise dem ethisch ausgerichteten, das Leben als solches einschließenden Tierschutz“,[6] wie er dem TierSchG zugrunde liege, jährlich 45 Mio. männlicher Küken allein zur Kostenreduktion zu töten.

Bedeutsam ist: Von der Menschenwürde und dem anthropozentrisch ausgerichteten Blickwinkel des Rechts ging eine vermutete Sperre zur Anerkennung der Subjektstellung der Tiere aus. Diese Sperrwirkung ist durch den Verfassungsrang des ethischen Tierschutzes für den Schutz des leidensfähigen Einzeltieres aufgehoben.[7] Entgegen früheren Tendenzen in der Rechtsprechung[8] wird der Einschluss von Tieren ins Grundgesetz als fundamental gesehen, als eine verfassungsrechtliche „Querschnittsklausel“, die zur Höhergewichtung des ethischen Tierschutzes veränderte Abwägungen gebietet:[9] Allerdings wirkt sich die Verfassungsänderung erst dadurch entscheidend für das Tierrecht aus, weil das Gebot des Tierschutzes bereits über das Sittengesetz zugleich als zentrales Menschenrecht Geltung erhält.

Kein Geringerer als Immanuel Kant hat als der Pionier des Grundgesetzes die Vermeidung tierlicher Verletzungen als eine strenge vollkommene Pflicht des Menschen gegen sich selbst betont. Sie gebietet es kategorisch, wie heute auch Martha Nussbaum betont,[10] tierliche Leidensfähigkeit zu beachten. Was wir im Lichte des Sittengesetzes erst in Verbindung mit Art. 20a GG verrechtlichen, wurde gerade durch Kant um des leidensfähigen Tiers willen ethisch begründet (die besondere Nähe von Mensch und Tier, siehe Art. 20a GG, gab es zu seiner Zeit ja noch nicht). Die Erinnerung an den vor 300 Jahren geborenen Königsberger Philosophen Immanuel Kant – geboren am 22.04.1724 – gilt es gerade wegen der sittlichen Stellung des Menschen für die Tiere wach zu halten.

III. Tiere als tierspezifische Grundrechtsträger

Die Zusammengehörigkeit von Menschen- und Tierschutz setzt den Nutzungsinteressen des Menschen unüberschreitbare Grenzen. Die Anerkennung des Verfassungsrangs des ethischen Tierschutzes macht es unerlässlich, die Tiere als im Rechtsleben Unmündige und Wehrlose wirksam zu schützen – der Tiere, aber auch der Menschen wegen.[11] Weil das Tier als Mitgeschöpf kraft Verfassung geachtet und besonders vor nicht artgemäßer Haltung geschützt werden muss, ist darin der Schritt zum Tier als Subjekt der Verfassung angelegt, und das heißt als Anerkennung als tierspezifischer Grundrechtsträger, aufbauend auf dem wirksamen Schutz des subjektiven Rechts, der auch in Art. 19 Absatz 4 GG die gerichtliche Kontrolle der Justiz gebietet.[12]

Es geht um den Kontrast zwischen herkömmlichem Tierschutz, der allein gesetzlichen Regelungen unterliegt,[13] und Tierrechten, die kraft Verfassung grundrechtsgleich wirken. Das Letztere ist auch als Gewissensnorm der Gesellschaft zu lesen, die sich in Art. 20a GG ausdrückt. Sie sind nach Art. 2 Abs. 1 GG im Licht des Sittengesetzes Teil menschlicher Verhaltensnormen gegen sich selbst. Damit hat dieser Grund aus sich heraus – wie bei jeder grundrechtlichen Rechtsstellung – eine herausragende Wirkung. Die in der Menschenwürde angelegte Einbeziehung derjenigen Tiere, die sich in Menschenhand befinden, wurde im Jahre 2002 anlässlich der Verfassungsänderung ausdrücklich zur Begründung der Tierrechte anerkannt.[14] Ihr gebührt höchster Rang, weil die Tiere uns als Retter und Gefährten helfen, während wir als Treuhänder für sie nicht zulassen (dürfen), dass Menschen Tiere beliebig als seelenlose Ware behandeln und wir dadurch als sittliche Wesen (?) Schaden nehmen.[15] Wenn die Sklavenhaltung der Tiere damit grundrechtsgleich beendet ist, dann muss dies jetzt auch in der Praxis umgesetzt werden.

Bei gerichtlichen Verfahren, etwa bei der gerichtlichen Überprüfung von Primatenversuchen im qualvollen „Primatenstuhl“, ist daher das Tierrecht auf Leidensvermeidung und Achtung als Mitgeschöpf zwingend zu beachten.[16] Der grundrechtsgleiche ethische Tierschutz lässt solche Tierqual, auch des Menschen wegen, nicht zu. Genauso ist es verfassungswidrig, wenn das Land Berlin entgegen dem Urteil des BVerfG eine Verfassungsbeschwerde gleichheitswidrig zurücknimmt, denn das Verfassungsrecht für Schweine muss nicht minder durch die Nutztierhaltungsverordnung wirksam werden, und zwar weil das 1999 vom Bundesverfassungsgericht gefällte „Legehennenurteil“ auch für Schweine anwendbar ist.[17] In diesem Zusammenhang muss das mit dem Staatsziel Tierschutz implementierte Recht des Tieres auf „Schutz vor nicht artgemäßer Haltung, vermeidbaren Leiden sowie der Zerstörung ihrer Lebensräume“, und „die Tiere in ihrer Mitgeschöpflichkeit zu achten“ als Verfassungsrang und Rechtsstatus der Tiere zur Geltung kommen.[18] Die Warnung der Bauernlobby vor „verschärftem Tierschutz“ geht daher fehl.[19] Das Wesen der Schweine braucht Gerechtigkeit, „das ihnen Zustehende“. Es braucht als „Selbstzweck“ unerlässlich die „artgemäße Haltung und das Leidensverbot“.[20] Alles andere bricht die Verfassung.

IV. Umsetzung Verfassungsrecht der Tiere

Es gilt, an diesem Punkt an die Vordenker der Menschenrechte zu erinnern: Wie Jean-Jaques Rousseau, Friedrich Schiller[21] und Jeremy Bentham schon vor über 220 Jahren zum Ausdruck brachten, verlangt die Wende hin zu Menschenrechten in hohem Maße auch nach Tierrechten. So äußerte Bentham 1789: „Der Tag wird kommen, an dem auch den übrigen Geschöpfen die Rechte gewährt werden, die man ihnen nur durch Tyrannei vorenthalten konnte.“[22] Mit dem jetzt vorliegenden Verfassungsrang des Tierschutzes, braucht es im Lichte des Sittengesetzes uns Menschen für den überfälligen Schritt, die Tyrannei des Menschen über die Tiere zu beenden.[23]

Dazu gehört auch: Jedes Staatsorgan muss das Verfassungsrecht der Tiere umsetzen. Tierschutz wird abwertend und verfassungsfeindlich behandelt, wenn Landesregierungen ihren Amtseid auf die Wahrung des GG, also auch auf Art. 20a GG im Lichte des Sittengesetzes nach Art. 2 Abs. 1 GG, nicht zur Geltung bringen. Den Tieren den daraus abzuleitenden Rechtsstatus zu gewähren, darauf sollen unabhängige Landestierschutzbeauftragte appellierend hinwirken.[24]

Als weiteres Beispiel: Die Koalitionsvereinbarung von Baden-Württemberg sagt nichts über das Verfassungsrecht für Tiere. Dieses wird somit auf der Regierungsebene nicht registriert und nicht als rechtsstaatlich beachtet. Zwar ist richtig, dass erst das BVerwG mit seinem Urteil v. 13.6.2019 darauf bestanden hat, den Verfassungsrang des Tierschutzes stärker ernst zu nehmen. Vor allem muss jedoch das neuerdings[25] eingebrachte Sittengesetz als Schranke menschlicher Handlungsfreiheit gelten. Daher sollte allen Landesregierungen und der Bundesregierung klar werden, dass das Sittengesetz unser Menschsein verlangt, um die Wende zur unteilbaren Ethik umzusetzen: nicht allein der Tiere, sondern auch der Menschen wegen. Das zu ignorieren, ist nicht hinnehmbar, weil darin ein klarer Verfassungsbruch liegt.[26]

Ebenfalls als Beispiel soll die Organisation XOrga – vereint für Tierrechte dienen: Tiertransporte quer durch Europa empören die Menschen seit jeher.[27] Kälber sind die Kinder, die ihren Müttern und um ihrer selbst willen nicht ohne Schmerz und tiefes Leid zu verursachen entzogen werden können.[28] Ihr Transport quer durch Europa und sogar bis in aus tierschutzrechtlicher Sicht als Hochrisikoländer zu qualifizierende Länder verstößt gegen europäisches Recht und widerspricht dem Tierrecht, d.h. der Anerkennung des Tieres als Mitgeschöpf und seiner Interessen als Teil des Rechtsstaats.[29] Wo es letztlich um die Abwägung der Pflicht zur strikten Leidensvermeidung der Tiere gegen die freie Religionsausübung des Menschen geht, sollten nicht die Gerichte, sondern der Gesetzgeber gefordert sein. Dies gilt umso mehr, als das strikte strafrechtliche Qualverbot mit einer Elektrokurzzeitbetäubung beim rituellen Schlachten durchaus erfüllbar ist.[30] Der Gesetzgeber muss endlich tätig werden, insbesondere im Lichte des jüngsten Entscheids des EMGR.[31] Daran muss auf nationaler Ebene gearbeitet werden,[32] was jedoch die Anerkennung der Rechte der Tiere in keiner Weise hindert

V. Fazit

Wir brauchen im Hier und Heute das Menschsein zur unteilbaren Ethik für Tiere: Erst unser Sittengesetz, unser Gewissen für die Tiere, erzeugt die tierspezifischen Grundrechte. Wir müssen darauf einwirken, bis der Staat auch Tieren ihr Recht gewährt. Das heißt durch staatliche Entscheider, die den Tieren ihr von uns geschuldetes Verfassungsrecht gewähren. Das ist unerlässlich, weil es uns, als ihren Treuhändern und ihnen als zentraler Teil unseres für sie gültigen Staates zusteht.

Das ist auch der Weg, um endlich die gewaltige Last unsagbaren Leidens der Tiere zu vermindern. Wie die Emanzipation zum anerkannten Rechtsstatus von Frauen, Sklaven und Kindern sowie die Partizipation von Menschen mit Behinderungen gelingen konnte und noch umzusetzen ist, so brauchen die unserer Obhut bedürftigen Tiere und wir selbst für unser Menschsein die Befreiung der Tiere. Dafür gilt es jetzt einzustehen. Denn die uns anvertrauten Tiere und wir selbst als ihre Treuhänder und Gefährten sind für den Klimaschutz, zur weltweiten Gewaltüberwindung[33] und zu unserer seelischen Gesundheit dringend darauf angewiesen.[34]

 

[1]Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschl. des Ersten Senats v. 24.3.2021 – 1 BvR 2656/18, BVerfGE 157, 30-177 zur Teilnichtigkeit des Klimaschutzgesetzes, weil über Art. 20a GG und Art. 2 Abs. 2, S. 2 GG die „signifikante Verwundbarkeit des Menschen gegenüber dem Klimawandel“ (Rdnr. 23) die „größten Anteile in den Treibhausgasemissionen im Landwirtschaftssektor“ der Bodennutzung und Tierhaltung zuschreibt (Rdnr. 29) und weil das BVerfG die gesetzliche Pflicht zur Eindämmung klimabedingter menschlicher Gesundheitsbeeinträchtigungen hervorhebt (s. Eisenhart v. Loeper, NuR 2023, Heft 6, S. 377, 380, Fn. 27 und 383 Fn. 53 f.). Andre Krebber, Human-Animal Studies, in: Diehl/Tuider, Haben Tiere Rechte? Schriftenreihe Bd. 10450 Bundeszentrale für politische Bildung, 2019, stellt auf S. 310 fest, dass seit der Jahrtausendwende, insbesondere seit 2010 die Forschungslandschaft angesichts der Human-Animal Studies enorm an internationalem Interesse hinzugewonnen hat und die Gründe dafür in der Zuspitzung der ökologischen Bedrohungssituation liegen, die sich in den vergangenen Jahren immer mehr zu beschleunigen scheint. Zuletzt hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) mit dem Urteil v. 9.4.2024 für die Schweiz einen Entscheid mit Signalwirkung gefällt, weil die Schweiz den Klimaschutz missachtet. Nach der Deutschen Umwelthilfe (DUH), gilt dies auch für Deutschland: https://www.duh.de/
presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/europaeischer-gerichtshof-fuer-menschenrechte-faellt-wegweisendes-klimaschutz-urteil-mit-folgen-auch-fue/#:~:text=Berlin%2C%209.4.2024%3A%20Der,wenig%20f%C3%BCr%20den%20Klimaschutz%20tun.

[2] Grundlegend Jens Bülte, Zur faktischen Straflosigkeit institutionalisierter Agrarkriminalität, in: Goltdammer´s Archiv für Strafrecht, 165 (2018) 1, S. 35-56. Weitere Nachweise Davina Bruhn, Barbara Felde & Christoph Maisack, Bilanz des Staatsziels Tierschutz seit Einführung in das Grundgesetz, in: Diehl/Tuider, Haben Tiere Rechte? (Fn. 1), S. 106-108.

[3] Grundrechte sind durch „die Rechte anderer“, durch „die verfassungsmäßige Ordnung“ oder „das Sittengesetz“ eingeschränkt. Art. 20a GG ist zwar Teil der verfassungsmäßigen Ordnung, „das Sittengesetz“ greift aber ein, weil es mit Bezug auf sittliche Anforderungen die Moral, stark christliche, aber auch aus der Schaffung des GG gegen das NS-Unrecht begründete, Vorstellungen aufgriff (Kunig/Kämmerer in: von Münch/Kunig, GG-Kommentar, Bd. 1, 7. Aufl. 2021, Rn. 46 f.). Somit soll dem Einzeltier als gesellschaftliche Gewissensnorm entsprochen werden, weil die Zweidrittelmehrheiten der Parlamente das nachhaltig „als ethischen Verfassungsrang“ forderten. Dafür eignet sich das „Sittengesetz“ als speziellere Lösung. Vor allem wird es der 220-jährigen Geschichte (siehe dazu unter IV.) und der Perspektive der Rechtsentwicklung (Fn. 1) gerecht. Das „Sittengesetz“ wird ähnlich von H.-G. Kluge, in der Erna-Graff-Stiftung für Tierschutz tätig, mit weiteren Nachweisen gewürdigt: umso wichtiger seien die für „die Zeitentwicklung offenen Begriffe wie Menschenwürde oder eben das Sittengesetz“ für die „existentiellen Probleme des natürlichen Lebens von Mensch und Tier“. Vgl. ferner Luis Greco, Tiernothilfe, JZ 2019, S. 390 ff., der schon wegen des strikten strafrechtlichen Qualverbots für „eigene Tierrechte“ eintritt, siehe Fn. 13.

[4] BVerwG, Urt. v. 13.6.2019 – 3 C 28.16 – BVerwGE 166, S. 32-45, juris, NuR 2020, S. 45 bezieht sich auf BT-Drs. 14/8860, S. 1 und 3, gegen die jahrzehntelang praktizierte Tötung von 45 Mio. männlicher Eintagsküken, siehe Hirt/Maisack/Moritz/Felde, TierSchG-Kommentar, 4. Aufl. 2023, Art. 20a GG, Rdnr. 4 mit Debattenbeiträgen hierzu sowie v. Loeper, NuR 2023, Heft 3, S. 163, 165 f.

[5] Auch die Anbindehaltung von Kühen, die von der BIO-Marke Bärenwald von Greenpeace neuerdings aufgedeckt wurde, ist als Täuschung des Verbrauchers unhaltbar, siehe dazu Greenpeace (Hrsg., 2023): https://www.greenpeace.de/publikationen/Report%20Anbindehaltung%20B%C3%A4renmarke_1.pdf; https://www.greenpeace.de/publikationen/Rechtsgutachten%20Milchkuhhaltung.pdf; zur Tierschutzwidrigkeit der Anbindehaltung auch Expertise for Animals (Hrsg. 2023): http://www.expertiseforanimals.com/blog-artikel/jetzt-online-unser-report-zum-ausstieg-aus-der-anbindehaltung.

[6] BVerwG, Urt. v. 13.6.2019 – 3 C 28.16 – BVerwGE 166, S. 32-45.

[7] Näher hierzu v. Loeper, NuR 2023, Heft 3, S. 163, 165 f., ferner v. Loeper, NuR 2023, Heft 6, S. 377-384. Günter Erbel hat in DVBl. 1986, 1249 f. die Menschenwürde bereits durch das „Sittengesetz“ nach Art. 2 Abs. 1 GG als Schranke der menschlichen Handlungsfreiheit und durch das ethische Kernverbot der Tierquälerei als manifestiert erkannt. Der Selbstentwürdigung des Menschen sei dadurch entgegenzuwirken. Das sei ein Grundgebot der artübergreifenden Humanität. Siehe dazu auch Martin Kriele, Gesetzliche Regelung von Tierversuchen und Wissenschaftsfreiheit, in: Ursula M. Händel, Tierschutz, Testfall unserer Menschlichkeit, 1984, S. 113, 118, 120, der damals noch von einer „argumentativen Krücke“ sprach, wenn versucht wurde, den Verfassungsrang des Tierschutzes aus der Menschenwürde abzuleiten. An dieser Stelle sei erwähnt: Damals hat Ursula Händel mit Ihrem Aufruf im Vorwort des eben zitierten Werks auf S. 11-21: „Grundlegendes muss geschehen, damit etwas geschieht!“, viel bewirkt. Dank ihrer Initiative wirkten interdisziplinär zusammen: Prof. Klaus Michael Meyer-Abich, Prof. Gotthard Teutsch, Prof. Franz Böckle, Prof. Erich Grässer, Prof. Robert Spaemann, Prof. Otfried Höffe, Prof. Ralf Dreier, Prof. Christian Starck, Prof. Martin Kriele, Prof. Heiner Sommer, dazu als Tierschutzjuristen Albert Lorz und Eisenhart v. Loeper, S. 144-160, das „Grundlegende“ konkretisierend in „Tierrechte und Menschenpflichten“. Das war damals ein Vorläufer der zwölfjährigen Initiative „Tierschutz ins Grundgesetz“. Näher dazu Eisenhart v. Loeper, Warum die Tierethik kraft Verfassungsrang unaufschiebbare Konsequenzen verlangt, in: Walter Neussel, Verantwortbare Landwirtschaft statt Qualzucht und Qualhaltung, 2021, S. 229-239.

[8] Siehe dazu Kluge, Staatsziel Tierschutz, ZRP 2004, S. 10 ff., damals selbst Justiz-Staatssekretär des Landes Brandenburg, kritisiert obergerichtliche Entscheidungen, die unzulässig Art. 20a GG ignorieren, ferner v Loeper, NuR 2020, S. 827, 831 f.

[9] Kloepfer, Bonner Kommentar, GG, Rdnr. 99.

[10] So treffend Baranzke/Ingensiep, Was ist gerecht im Verhältnis zwischen Mensch und Tier?, in: Diehl/Tuider, Haben Tiere Rechte? (Fn. 1) S. 24, 34 f., gestützt auf die Fundstelle von Kant in „Metaphysik der Sitten“ (1797). Das berührt sich mit dem von Martha Nussbaum, Gerechtigkeit für Tiere, 2023, insbes. auf S. 239, Kant stark aufgreifenden Fähigkeitenansatz: Das Wesen des Tieres ist als Selbstzweck zu behandeln, der sich gerade nicht im Eigentum des Menschen erschöpft, sondern ihm „das Seine“ – gerade in artgemäßer Haltung, Leidensvermeidung und Achtung als Mitgeschöpf – unerlässlich zuordnet. So schon dazu v. Loeper/Reyer, Das Tier und sein rechtlicher Status, ZRP 1984, S. 205, 207 f. Hierzu grundlegend Erbel, Rechtsschutz für Tiere – Eine Bestandsaufnahme anlässlich der Novellierung des Tierschutzgesetzes, DVBl. 1986, S. 1235-1251. Heute ferner wegweisend Corine Pelluchon, die in Ethik der Wertschätzung, 2019, auf S. 24 ff. die Verlassenheit und den Nihilismus der Menschen in Massendemokratien nennt, wo immer mehr hemmungslose Gewalt gegen verwundbare Personen und Tiere verübt wird; stattdessen wäre der Eigenwert der anderen Lebewesen und Kulturen zu wahren und für das Zeitalter der Lebendigkeit in der Praxis zu vereinen. Darauf zielt auch der hier vorgelegte Beitrag.

[11] Diesen Kerngedanken aufgreifend v. Loeper, Das Recht der Tiere und das Tierschutzgesetz, in: Gefährten, Blätter der deutschen reform-jugend, Heft 2 1966, S. 2-7, gleichlautend in: Der Vegetarier, Heft 10, 1966, auf Leonhard Nelson gestützt, s. v. Loeper, NuR 2023, Heft 6, S. 377, 378 Fn. 8 mit Nachw. sowie unten Fn. 15.

[12] Siehe Happ in: Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, Rdnr. 77. Dort heißt es, maßgebend für die gerichtliche Kontrolle der Exekutive sei das gesetzliche Entscheidungsprogramm (BVerfGE 149, 407 Rdnr. 19): „Art. 19 Abs. 4 GG fordert und legitimiert es“. Weiter führt Happ a.a.O. aus: „Das Maß gerichtlicher Kontrolldichte richtet sich immer nach dem einschlägigen materiellen Recht. Die Kontrolldichte ist kein usurpatorischer Akt der Gerichte, sondern ein bloßer Spiegel des materiellen Rechts (vgl. dazu BVerfG NVwZ 2020, 435 Rdnr. 53 ff., BVerfGE 129, 1 Rdnr. 73 ff.)“. Das entspricht auch der möglichen Verletzung der Schutznorm nach § 42 Abs. 2 VwGO. Zur materiellen Rechtslage s. v. Loeper, NuR 2023, Heft 3, S. 163, 167 ff., sowie NuR 2023, Heft 6, S. 377-384; Johannes Caspar greift die Idee der treuhänderischen Verantwortung des Menschen anhand des Art. 20a GG auf und hält es für notwendig, die Mitgeschöpflichkeit für das Tier deutlich zu verbessern; siehe dazu seinen Kommentar zum TierSchG 2024, der in Kürze im Nomos-Verlag erscheinen wird.

[13] Art. 80 GG bindet rechtsstaatlich den Verordnungsgeber an die Maßgaben der Gesetzgebung, die das BVerfGE 101, S. 1, 32 ff. zur Nichtigkeit der Hennenhaltungsverordnung („Legehennenurteil“) führte. Aspekte der Kulturstaatlichkeit und des Jugendschutzes kamen schon vor der Aufnahme des Tierschutzes im GG von 2002 hinzu; bekräftigt wird dies auch durch striktes Qualverbot nach § 17 Nr. 2a) und 2b) TierSchG, vgl. dazu Luis Greco, JZ 2019, S. 390 ff., der deshalb für „eigene Tierrechte“ plädiert. Der Verfassungsrang des Art. 20a GG bringt weitergehend den Rechtsstatus der Tiere generell und in Verbindung mit dem Sittengesetz zur Geltung.

[14] MdB Norbert Geis, CDU/CSU, hat dies im Einklang mit MdB Hermann Bachmeier, SPD, hervorgehoben, siehe Hirt/Maisack/Moritz/Felde, TierSchG-Kommentar, 4. Aufl. 2023, Art. 20a GG, Rdnr. 4.

[15] Baranzke/Ingensiep (Fn. 10), die auf S. 35 ausführen, wie sehr sich Kant von den 1751 erschienen Stichen über die „Four Stages of Cruelty“ des englischen Moralisten und königlichen Hofmalers William Hogarth (1697-1764) beeindruckt zeigte. Das Verrohungsargument des Menschen war – auch dank Kant – für die Entwicklung der Tierschutzbewegung des frühen 19. Jahrhunderts wesentlich. Daraus Tiere als vernunftlos und nicht leidensfähig zu verstehen, ist ein Missverständnis, dem auch Martha Nussbaum (s.o. Fn. 10) eindeutig widerspricht. Es ist anerkannt, dass Tiere ebenso wie der Mensch hohe Fähigkeiten und Bewusstsein haben, wenngleich sich diese im Einzelnen unterscheiden mögen; siehe Nussbaum a.a.O. S. 95, mit Verweis auf Theodor Fontanes Roman Effi Briest, 1895. Das Tier gilt im Vergleich zum Menschen entgegen Kant heute nicht als „vernunftlos“; aber die Leidensfähigkeit des Tieres bleibt für Kant sein leitendes Prinzip: „In Ansehung des lebenden, obgleich vernunftlosen Teils der Geschöpfe ist die Pflicht der Enthaltung von gewaltsamer und zugleich grausamer Behandlung der Tiere der Pflicht des Menschen gegen sich selbst weit inniglicher entgegengesetzt, weil dadurch das Mitgefühl an ihrem Leiden im Menschen abgestumpft und dadurch eine der Moralität, im Verhältnisse zu anderen Menschen, sehr diensame natürliche Anlage geschwächt und nach und nach ausgetilgt wird.“ (Kant 1989, Die Metaphysik der Sitten, 1797, hrsg. v. Wilhelm Weischedel, Verlag Suhrkamp, Bd. 8, 8. Auflage, S. 578 f.)

[16] Das wird im Verfahren beim VG Sigmaringen gegen die erteilte Genehmigung eines Versuchsvorhabens eingewendet (s. näher v. Loeper, NuR 2023, Heft 6, S. 377, 382 f., die Tierversuche nach dem Verfassungsrang genauer untersuchend), die sich auf die tierexperimentelle Erkenntnisgewinnung über „Neuronale Grundlagen flexibler Handlungskontrolle“ aus Hirnforschungsexperimenten an 13 nicht-humanen Primaten bezieht.

[17] Hierzu siehe v. Loeper https://tierrechte.de/2024/03/27/27-maerz-2024-interview-die-entscheidung-des-bundesverfassungsgerichts-zur-schweinehaltung-ist-ueberfaellig/. Zum Urteil des BVerfG gegen die Nichtigkeit der VO zur Hennenhaltung, s.o. Fn. 13; es sichert das artspezifische Recht auch der Schweine, dass die Hansestadt Hamburg beim BVerfG, Az.: 2 BvF 1/19 auf „öffentlichem Interesse“ bestanden hat.

[18] Zitate aus der amtl. Begründung des GG, s. BT-Drs.14/8860, S. 3. Ein verfassungswidriges Vorhaben durch das Verhalten der Justizsenatorin der Berliner Landesregierung, Badenberg, von der CDU bestimmt und für Tierschutz zuständig, dürfte durch öffentlichen Widerstand und koalitionsintern gebannt sein, denn es spricht alles für eine Entscheidung des BVerfG zur artgemäßen Haltung der Schweine und zur Neufassung des Art. 20a GG.

[19] So ausdrücklich die Unionsfraktion CDU/CSU gegen Özdemirs Gesetzesantrag, HAZ v. 21.03.2024.

[20] So bereits Martha Nussbaum (Fn. 10), die ausdrücklich auf Kant Bezug nimmt. Vgl. ebenfalls bereits v. Loeper/Reyer, Das Tier und sein rechtlicher Status, ZRP 1984, S. 205 ff., über Eigentum hinausweisend, um jedem der Tiere in Obhut des Menschen „das Seine“ zu geben.

[21] Für Jean-Jaques Rousseau war seine Entdeckung der Kindheit zentral, die für Schopenhauers Mitleidsethik wesentlich wurde; zu Friedrich Schiller siehe nur v. Loeper, NuR 2023, Heft 3, S. 163 zitierte Fundstelle.

[22] Jeremy Bentham, zitiert nach Peter Singer, Die Befreiung der Tiere, Hamburg 1996, 35 f.

[23] Nähere Belege zur Rechtsentwicklung vgl. http://eisenhartvonloeper.de sowie v. Loeper, NuR (Fn. 1).

[24] So weist der Freistaat Bayern leider keinen Landestierschutzbeauftragten auf. Erstmals hat 1990 der Ministerpräsident des Landes Hessen Wallmann (CDU) den Landestierschutzbeauftragten eingeführt, Es beruhte auf einem Gesetzentwurf von Günter Erbel, publiziert in DÖV, 1992, 189-199, s. ferner v. Loeper, Unabhängige Landesbeauftragte für Tierschutz, Verlag der Augustinus Buchhandlung Aachen, 1993.

[25] Insbesondere v. Loeper, NuR 2023, Heft 3, S. 163 ff., beruhend auf Günter Erbel, DVBl. 1986, S. 1235-1258.

[26] Siehe dazu http://eisenhartvonloeper.de mit Schreiben an den Chef der Staatskanzlei Dr. Florian Stegmann. Diese gleiche Handhabung dürfte auch bei anderen Landesregierungen vorliegen – das sei anerkannt. Erst die außerparlamentarischen Bemühungen haben durch das Urteil des BVerwG v. 13.6. 2019 – 3 C28.16 – und Jahre später (vgl. v. Loeper, NuR 2023, Heft 3, S. 163-169 sowie in NuR, Heft 6, S. 377-384) dazu geführt, das Sittengesetz als im GG verankerte Schranke menschlicher Handlungsfreiheit deutlich aufzuarbeiten.

[27] Vgl. ARD-Sendung Kontraste: Tiertransporte ins Ausland. Gequält und eingepfercht mit amtlicher Genehmigung v. 24.5.2018, Stand 23.4.2023, siehe https://www.ardmediathek.de/sendung/kontraste/Y3JpZDovL3JiYi1vbmxpbmUuZGUva29udHJhc3RJ.

[28] Wer das Mutter-Kind-Verhältnis von Kühen und Kälbern achtet, muss Tiertransporte ablehnen, die nicht-abgesetzte Kälber einer unvorstellbaren, europarechtswidrigen Tierquälerei aussetzen. Siehe dazu näher v. Loeper, NuR 2023, Heft 6, S. 377, 381 mit Bezug auf die Rechtsprechung, Fn. 35.

[29] Dennoch fertigen manche Bundesländer solche Transporte nach wie vor ab, z.B. Baden-Württemberg.

[30] BVerwG, Urteil v. 23.11.2006, Az. 3 C 30/05, lässt die behördliche Ausnahmegenehmigung nach § 4a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG noch zu, so dass der Gesetzgeber gefordert ist; BVerfG, 1 BvR 1702/09, Beschluss v. 28.09.2009.

[31] Das flämische Verbot des betäubungslosen Schächtens wurde anerkannt, so EuGH, Urt. v. 17.12.2020 – Rechtssache C336/19 und jüngst bestätigt vom EGMR, der am 13.2.2024 entschieden hat, dass das Verbot auch nicht gegen jene die Religionsfreiheit gewährenden Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskommission (EMRK) verstößt und auch keine Diskriminierung darstellt.

[32] Bei der Verbändeanhörung zum Referenten-Entwurf des BMEL vom Februar 2024 wird vom Politischen Arbeitskreis für Tierrechte in Europa (PAKT) e.V. die Streichung der Ausnahmegenehmigung des § 4a Abs. 2 Nr. 2 geltend gemacht mit Verweis auf das Tierschutznetzwerk Kräfte bündeln: https://www.tierschutznetzwerk-kraefte-buendeln.de/files/ugd/d8e3c6 78fc2f8567a94d66bcc3f5f38aea2a5d.pdf, S. 31. Für enge Ausnahmefälle soll eine Elektrokurzzeitbetäubung vorgesehen werden. Bei Rindern sollen auch rituelle Schlachtungen nur mit einem Bolzenschussgerät nach genauen Regeln zulässig sein.

[33] Anne Peters, Die Rechtsstellung von Tieren, in: Diehl/Tuider, Haben Tiere Rechte? (Fn. 1), S. 122, 130 stellt treffend fest: „Die Idee der Rechte verwandelt also eine Kultur der Autorität in eine Kultur der Rechtfertigung, wie im Kontext der Bekämpfung des Apartheidregimes in Südafrika gesagt wurde.“ Sehr weitgehend auch ihre Darstellung der kritischen Tierrechtswissenschaften (Legal Animal Studies) „nicht nur gegen missbräuchliches Tierverhalten, etwa Tierquälerei einzelner Sadist*innen, sondern das Recht verstetigt auch institutionalisierte Gewalt gegen Tiere“ (s. o. Fn. 2, Bülte). Und sie betont a.a.O., S. 129, die Tiere hätten es nötiger als die meisten Menschen, wenn es auf die Schutzwürdigkeit ankäme. Nur spricht sie a.a.O. S. 125 von „noch utopischer Forderung nach Tierrechten“, die zur deutlichen Entlastung für die Tiere und für Menschen unerlässlich sind. Der Hebel des „Sittengesetzes“ ist hier noch nicht einbezogen. Das gilt auch für Bernd Ladwig, Haben Tiere Rechte?, in: Diehl/Tuider (Fn. 1). So betont er auf S. 17 f. ein gleiches Recht für Schweine, die ähnlich intelligent wie Hunde seien, so dass die Misshandlung der Schweine ausgeschlossen sein müsste, wenn Tiere „echte subjektive Rechte im juristischen Sinne besäßen“. Genau darum muss es gehen. Und Mieke Roscher, Geschichte des Tierschutzes, in: Diehl/Tuider (Fn. 1), bekräftigt auf S. 39, 51: Es sei „eindeutig als Leistung der Bewegung des organisierten Tierschutzes“ zu werten, dass sie „Diskurse über das Mensch-Tier-Verhältnis angestoßen hat, die im Kontext von bioethischen Debatten Eingang in wissenschaftliche Reflexionen erfahren haben, wie sich unter anderem bei der wissenschaftlichen Anerkennung der Human-Animal-Studies zeigt“. Das mag zutreffen, leider lässt das „Staatsziel Tierschutz“ aus dem Jahre 2002 das Tier ohne den Bezug auf unser Menschsein meist verkümmern. Erst die über 220-jährige Vorgeschichte, die über Kant, Rousseau, Schiller, Bentham und andere die Befreiung von Tyrannei und gemäß Kant den „Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“ vollzieht, lässt unsere Gewissensnorm und unser Wissen mehr denn je für die Tiere als Teil des Rechtsstaates eingreifen.

[34] „Eine potentielle Gefährdung der psychischen Gesundheit bzw. eine psychische Belastung, die auch zu psychosomatischen Beschwerden führen kann, entsteht durch die Konfrontation mit leidenden Tieren im öffentlichen und privaten Bereich. Tierquälerei und psychische Gesundheit von Seiten der Täter aber auch der unfreiwilligen Zeugen stehen nachweislich in einem engen Zusammenhang“, so die Autor*innengruppe des Merkblattes „Tierleid und psychische Gesundheit“, eine Zusammenfassung eines Meetings mit der DG SANCO Abtl. Public Health v. 12.05.2014 mit Verweis auf die „National Link Coalition – Working together to stop violence against people and animals”.